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Organische Chemie für Biologen - Vom Methan zu Biomolekülen
07 – Aromaten und Heteroaromaten
Empfehlung: Kapitel 15+ 16+25, Vollhardt/Schore, WILEY-VCH, 2005.
Priv.-Doz. Dr. Stefan Immel Universität Leipzig, Wintersemester 2007/2008.
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Aromaten
Benzol
Erstmals 1825 von M. Faraday isoliert, erwies sich die chemische Struktur von Benzol (C 6 H 6 ) als nicht-triviales Problem. Insbesondere die hohe Stabilität und Reaktiontsträgheit von Benzol fielen auf, und mehrere für Benzol vorgeschlagene Konstitutions-Formeln (Dewar-Benzol, Claus-Benzol, Ladenburg-Prisman und Benzvalen)* erwiesen sich als falsch. Erst 1865 fand Kekulé (und Loschmidt) eine Formel, die unter der Annahme der schnellen „Oszillation“ der Doppelbindungen den experimentellen Ergebnissen entsprach:
Kekulé:
Dewar- Benzol
Claus- Benzol
Benzvalen
schnelle "Oszillation" eines Cyclohexatriens
es gibt nur ein 1,2-Dibrombenzol
Michael Faraday (1791-1867) F. August Kekulé (1829-1896) J. Josef Loschmidt (1821-1895)
* Dewar-Benzol, Claus-Benzol und Benzvalen wurden synthetisiert, aber alle sind sehr energiereiche und instabile Kohlenwasserstoffe.
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Benzol
"Kreis" ? 6 p-Elektronen
6p H H
aromatisch
Heute ist klar, dass es sich nicht um oszillierende Strukturen, sondern um zwei equivalente, mesomere Formeln für ein und dasselbe Molekül handelt – die Realität liegt exakt zwischen beiden Beschreibungen (und schwingt nicht dazwischen hin und her – der Begriff der Resonanzformel ist daher wieder einmal irreführend). Obwohl die unten angegebene „Kreisformel“ die elektronische Struktur von Benzol besser beschreibt, als die „Kekulé-Formeln“ mit ausgeschriebenen Doppelbindungen, so haben sich letztere bis heute erhalten, da sie sich als sehr „praktisch“ für mechanistische Formulierungen chemischer Reaktionen des Benzols erwiesen haben:
Cyclische konjugierte p-Systeme dieser Art werden als „aromatische Systeme“ bezeichnet, wobei das Benzol der Namensgeber einer neuen Stoffklasse, der „benzoiden Aromaten“, ist. Ursprünglich stammt der Ausdruck „aromatisch“ von der Beobachtung ab, dass sich viele Vertreter dieser Stoffklasse durch einen teilweise sehr angenehmen, aromatischen „Geruch“ auszeichnen.
? zwei exakt equivalente Mesomerie-Formeln ? planare Geometrie, alle C-Atome sind sp 2-hybridisiert ? alle C-C-Bindungslängen (139pm) sind identisch; Vergleich: C-C-Einfach- (154pm) und C=C-Doppelbindungen (133pm) ? ideale Bindungswinkel von 120° (C-C-H) für alle sp 2-Zentren ? 6 p-Elektronen cyclisch delokalisiert über 6 Atomzentren ? Elektronendichte über und unterhalb des Ringsystems ? Knotenebene in der Ringebene
Orbitalmodell des Benzols*
* Siehe auch die exakten (MO) Orbitaldarstellungen unter: http://sugar.oc.chemie.tu-darmstadt.de/ak/immel/tutorials/orbitals/molecular/benzene.html
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Nomenklatur
Benzoide Aromaten
Die IUPAC Namen der Verbindungen dieser Stoffklasse leiten sich jeweils von der Stammverbindung Benzol ab, indem die Namen und Positionen vorhandener Substituenten wie üblich dem Stammnamen vorangestellt werden. Zur Unterscheidung von Stellungsisomeren (Konstitutions-Isomeren) sind neben den Positionsangaben auch die Präfixe „ortho“ (1,2-Substitution), „meta“ (1,3-Substitution) und „para“ (1,4-Substitution) gebräuchlich, nach den strengen IUPAC Regeln aber eigentlich „nicht empfohlen“.
NO 2
Nitrobenzol
Chlorbenzol
Br Br Br 1 Br 1 1
Konstitutions-Isomere:
1,2-Dibrombenzol 1,3-Dibrombenzol 1,4-Dibrombenzol
? ? ?
ortho-Dibrombenzol meta-Dibrombenzol para-Dibrombenzol
Allgemein werden diese Verbindungen unter der Stoffklasse der Aromaten zusammengefasst – im Unterschied zu den Aliphaten (Alkane, Alkene und Alkine), die keine cyclisch konjugierten p-Systeme enthalten. Tritt der „Benzol“-Rest selbst als Substituent auf, so wird er als Phenyl-Rest bezeichnet, oder allgemein als Aryl-Rest (Bindung über ein sp2- hybridisiertes Zentrum mit möglicher Konjugation) – im Gegensatz zu Alkyl-Resten, die wiederum nur aliphatische Strukturelement beinhalten, oder nur über sp3-hybridisierte Zentren gebunden sind (zu einem Alkyl-Rest ist keine Konjugation möglich). Die Chemie der Aromaten (und besonders der daraus abgeleiteten Heterocyclen) ist sehr reich an Trivialnamen, die sich aus historischen Gesichtspunkten ableiten. Eine knappe Zusammenstellung der wichtigsten und häufig gebrauchten Trivialnamen findet sich in Anhang B* – darunter auch viele in der Biochemie sehr häufig verwendete Namen (DNA: Purin und Pyrimidin-Basen, das Indol-System der Aminosäure Tryptophan, u.v.m.).
Toluol
* Diese Trivialnamen sollen nicht „auswendig“ gelernt werden ohne das Wissen über die jeweiligen Stoffklassen, Trivialnamen vereinfachen allerdings jede chemische Kommunikation.
Phenol
Trivialnamen
NH 2
Anilin
Phenyl-Rest allgemein: Aryl-Rest
R,H R,H
sp 2
sp 3
allgemein: Alkyl-Rest
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Benzol
Stabilität und Reaktivität
Energie
Vergleicht man die Reaktivität von Benzol mit Alkenen, so stellt man fest, dass Benzol keine der „normalen“, gegenüber der für Alkene typischen Reaktionen eingeht. Mit elementarem Brom in inerten Lösungsmitteln (? Halogenierung) findet ebenso wenig eine Reaktion statt, wie mit HBr (? Hydrobromierung) oder KMnO 4 (? Hydroxylierung). Benzol ist inert in elektrophilen Additionen. Vergleicht man die Hydrierwärmen von Cyclohexen, Cyclohexadien, und Benzol (= „Cyclohexatrien“), so findet man, dass Benzol ca. 124 kJ/mol stabiler ist als erwartet. Diese Stabilisierungsenergie (oder Resonanzstabilisierung)* ist auf die cyclische Konjugation, und die besonderen elektronischen Eigenschaften cyclisch konjugierter Systeme im Allgemeinen zurückzuführen. Diese Eigenschaften werden unter dem Stichwort „Aromatizität“ zusammengefasst und beschrieben.
Cyclohexen Cyclohexadien "Cyclohexatrien" (Benzol)
Hydrierwärmen: ? Stabilisierungsenergie von Cyclohexadien 2 x 120(C=C) - 230 = 10 kJ/mol pro Konjugation ? Berechnete Stabilisierungsenergie von Cyclohexatrien 3 x 120(C=C) - 3 * 10 kJ/Konjugation = 330 kJ/mol
Differenz ??H zum Erwartungswert ?H ~ 124 kJ/mol
+ H2 -120 kJ/mol + 2 H2 -230 kJ/mol + 3 H2 -206 kJ/mol Hydrierwärme (Enthalpie) ?H
experimentell ermittelte Hydrierungswärmen
erwartet: ?H ~ 330 kJ/mol
gefunden: ?H ~ 206 kJ/mol
Benzol ist 124 kJ/mol stabiler als das hypothetische Cyclohexatrien ? sehr hohe "Resonanzenergie"! *
Referenzpunkt Cyclohexan
* Siehe vorne für einem Kommentar zum Begriff „Resonanzformel“.
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Aromatizität
Hückel-Regel
Eine Aussage, welche cyclisch konjugierten Systeme eine besondere Stabilisierung (oder auch Destabilisierung) erfahren, ist mit Hilfe der Hückel-Regel möglich. Hückel-Aromatizität oder Anti-Aromatizität liegt vor, wenn folgende Grundvoraussetzungen erfüllt sind:
Aromatizität
? (mono)cyclische*, planare Systeme ? vollständige cyclische Konjugation ? 4n + 2 Elektronen
? 6p-Elektronen (n = 1) ? aromatisch
Anti-Aromatizität
? (mono)cyclische*, planare Systeme ? vollständige cyclische Konjugation ? 4n Elektronen
? 4p-Elektronen (n = 1) ? anti-aromatisch
wobei: ? n jeweils eine beliebige, ganze Zahl mit n = 0, 1, 2, ... bezeichnet. Die Zahl nkann, muss aber nicht der Anzahl der Ringe (hier zufälligerweise n = 1) entsprechen. ? Die Anzahl der p-Elektronen kann, muss aber nicht der Anzahl der Atome im Ring (d.h. der Ringgröße) entsprechen. Einzelne Atome können zwei Elektronen zur Delokalisierung beitragen (z.B. freie Elektronenpaare), Ladungen können im p-System enthalten sein (Kationen und Anionen – nicht aber Radikale, da eine ungerade Anzahl von Elektronen weder der 4n+2 noch der 4n-Regel entsprechen kann). ? In beiden Fällen muss das Molekülgerüst planar und das p-System vollständig cyclisch konjugiert sein. Unterbrechungen der Planarität führen dazu, das sich die p-Systeme wie „normale“ Alkene verhalten deren erwartete Reaktivität zeigen (nicht-aromatische oder olefinische Verbindungen). ? Aromatische p-Systeme sind energetisch günstig (stabilisiert). ? Anti-Aromatische p-Systeme sind energetisch ungünstig (destabilisiert). ? Die Hückel-Regel kann auf normale Moleküle, Zwischenstufen (Intermediate) und Übergangszustände angewendet werden, solange diese den Voraussetzungen oben genügen.
* Der Ausdruck „monocyclisch“ beschreibt Systeme, die nur aus einem Ring aufgebaut sind, im Unterschied zu bicyclischen, tricyclischen, usw. oder polycyclischen Molekülgerüsten
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Aromatizität – Benzol und Pyridin
Aromatische Verbindungen
Bei weitem am häufigsten ist der Fall von Aromatizität für 6p-Elektronensysteme zu finden:
6p = H H 6p
Benzol
Eigenschaften von Pyridin:
S N 2
Pyridin als Base:
6p-Elektronen in 6 p-Orbitalen über- und unterhalb des Rings
sp 2-C-Atome
planares Molekülgerüst
cyclisch konjugiert, nur sp 2 6p-Elektronen (Hückel n = 1)
+ HCl
Pyridin als Nucleophil:
aromatisch
Pyridiniumhydrochlorid (salzartige Verbindung)
Methyl-pyridiniumsalz
Pyridin
6p-Elektronen in 6 p-Orbitalen über- und unterhalb des Rings
sp2-C-Atome sp2-N-Atom planares Molekülgerüst
cyclisch konjugiert, nur sp 2 6p-Elektronen (Hückel n = 1)
aromatisch
Das freie Elektronenpaar am Stickstoff: ? ist in einem sp 2-Orbital lokalisiert (nicht in einem p-Orbital!) ? liegt in der Ringebene des Moleküls und ist daher NICHT an dem p-System beteiligt (keine 8p-Elektronen)! ? steht Elektrophilen (z.B. Protonen H + ) zur "Verfügung", Pyridin ist daher basisch! ? kann nucleophile Substitutionen eingehen, Pyridin ist nucleophil!
? Das Elektronenpaar wird zur Verdeutlichung dieser Eigenschaften außerhalb des Rings geschrieben!
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Aromatizität – Benzol und Pyridin
Pyridiniumsalze
Pyridin Pyridiniumhydrochlorid
+ HCl
Dieses p-Orbital ist "quasi" einfach besetzt:
Dieses p-Orbital ist "quasi" doppelt besetzt:
Dieses p-Orbital ist "quasi" leer
Warum ist Pyridin relativ stark basisch? Und warum wird die Ladung jetzt in den Ring hinein geschrieben? Weil im Ring die p-Elektronen frei verschiebbar sind, und weil das Pyridinium-Kation stark Mesomerie-stabilisiert ist!
Beachten Sie, dass die Ladung im Ring nur im Einklang mit den Lewis-Strich-Formeln verschoben werden darf (klassische Mesomerie-Schreibweise). Glücklicherweise funktioniert diese Darstellung für reale Moleküle überraschend sehr gut. Die Ladung kann nur über die gezeigten Positionen verschoben werden – diese Tatsache wird im folgenden noch sehr wichtig! Zu beachten ist auch: Für Pyridin steht das freie Elektronenpaar außen am Ring, da es sich nicht an der Mesomerie beteiligen kann. Für das Pyridiniumsalz wird die Ladung in den Ring hinein geschrieben, da sie über Mesomerie verschiebbar ist. Das gleiche gilt für das Elektronenpaar am Stickstoff im Pyridiniumsalz: es ist in die Mesomerie eingebunden und kann „verschoben“ werden (im p-System des Rings ist es dann nicht mehr wirklich ein „freies“ Elektronenpaar!).
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Aromatizität – Furan, Pyrrol und Imidazol
Fünf-Ring Heteroaromaten
Bei Furan, Pyrrol und Imidazol handelt es sich um Fünf-Ring Systeme, die Heteroatome (N, O) enthalten. Alle stellen stabile, aromatische 6p-Elektronensysteme dar, die zudem auch in biologischen Stoffwechselcyclen eine große Rolle spielen – der Imidazol-Ring ist außerdem Bestandteil der Aminosäure Histidin:
je 1 e - -Paar: p-Orbital sp 2-Orbital
sp 2-O
Furan
nicht:
planares Molekülgerüst
aromatisch
cyclisch konjugiert, nur sp 2 (incl. O)
6p-Elektronen (Hückel n = 1)
Die Elektronenpaare sind nicht equivalent!
1 e - -Paar: p-Orbital
sp 2-N
Pyrrol
planares Molekülgerüst cyclisch konjugiert, nur sp2 (incl. N) 6p-Elektronen (Hückel n = 1)
aromatisch
Das e - -Paar im p-System ist nicht basisch/nucleophil
Das e - -Paar im sp 2-Orbital ist basisch und nucleophil
1 e - -Paar: sp 2-Orbital
sp 2-N
Imidazol
planares Molekülgerüst
cyclisch konjugiert, nur sp 2 (incl. 2 N)
6p-Elektronen (Hückel n = 1)
aromatisch
1 e - -Paar: p-Orbital
sp 2-N
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Biologische Bedeutung von Imidazol
Die Aminosäure Histidin
Der Aminosäure Histidin kommt in vielen katalytischen Mechanismen innerhalb der aktiven Bindungstasche von Enzymen eine besondere Bedeutung zu, da sie in der Lage ist, sowohl Protonen aufzunehmen (als Base), wie auch Protonen abzugeben (als Säure). Mit dieser amphoteren Eigenschaft, in Verbindung mit dem aromatischen konjugierten p-System des Imidazol-Restes, ist Histidin in der Lage, Protonen innerhalb von Enzymen „weiterzuleiten“, ohne (in der Summe) selbst chemisch verändert zu werden.*
Elektrophiles Proton
nucleophiles Elektronenpaar
sp 2-N
Imidazol
sp 2-N
Mesomerie:
Aminosäure Histidin (His)
ein "anderes" Proton
* In Serin-Proteasen (siehe ein Biochemie-Buch) ist Histidin aktiver Bestandteil einer katalytischen Triade, die die Aminosäuren Serin-Histidin-Glutamat umfasst, mit der Aufgabe H + „weiterzureichen“.
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Aromatizität
Chemische Auswirkungen der Aromatizität
Cyclopentadien
+ KOH, - H 2O
Die Ausbildung stabiler, aromatischer p-Elektronensysteme stellt in vielen chemischen Prozessen einen großen Beitrag zur Triebkraft von Reaktionen. Dies äußert sich z.B. auch in der Tatsache, dass sich Cyclopentadien schon mit Kalilauge (KOH) deprotonieren lässt (? aromatisches 5-Ring-Anion), während andere C-H-Bindungen – deren Deprotonierung nicht zur Ausbildung aromatischer Elektronensysteme führt – um mehr als 24 Zehnerpotenzen (!) weniger acide sind:
Cyclopentan
pK S-Wert = 16
Mesomerie-stabilisiertes planares, aromatisches 6p-Elektronensystem Cyclopentadienyl-Anion H H
Tropon
aromatisches 6p-Elektronensystem
Auch die Chemie und die Eigenschaften von Tropon (Strukturfragment des hoch-toxischen Alkaloids Colchicin der „Herbstzeitlose“ aus der Gattung Colchicum) werden maßgeblich von einer Resonanzstruktur bestimmt, die auf der einen Seite zwar durch eine Ladungstrennung auffällt, aber auf der anderen Seite ein besonders stabilisiertes, aromatisches 7-Ring-Kation darstellt.
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Aromatizität
Weitere aromatische Systeme
Planare, aromatische 10p-Elektronensysteme (n = 2)
Naphthalin
Größere, aromatische p-Systeme
Anthracen (14p; n = 3)
Chinolin Indol
[18]-Annulen (18p; n = 4)
Aromatizität von Übergangszuständen p
p Dien (4p)
Dienophil (2p)
Übergangszustand (6p-Elektronen)
Diels-Alder- Produkt
NH 2
NH 3
Cytosin (? DNA)
Azulen
NH 2
Hier ein paar weitere Beispiele für weitere aromatische Verbindungen, die sich durch erhöhte Stabilität auszeichnen:
Diels-Alder-Reaktion
p 6p = 6p p
Claisen-Umlagerung
* Ich weiß, es ist nicht einfach die Claisen-Umlagerung in der Biosynthese der Aminosäure Phenylalanin zu erkennen. Aber wenn man es verstanden hat, ist der Shikimisäure-Weg einfach!
NH 2
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Anti-Aromatizität
Destabilisierte p-Systeme
Planares, anti-aromatisches 4p-Elektronensystem (n = 1)
Anti-Aromaten (cyclisch konjugierte Systeme mit 4n p-Elektronen) sind energiereicher als entsprechende olefinsche Verbindungen. Bekanntestes Beispiel ist Cyclobutadien, das keine quadratische und cyclisch delokalisierte, sondern eine verzerrt rechteckige Struktur aufweist. Durch die Verzerrung versucht Cyclobutadien, dem energiereichen, antiaromatischen Zustand etwas auszuweichen, soweit dies in der „Zwangsjacke“ des kleinen Rings möglich ist.
Olefinische p-Systeme
Kann ein Molekül aus sterischen Gründen (zu hohe Spannungsenergie) kein planares p-System ausbilden, oder ist die cyclische Konjugation in irgendeiner Art unterbrochen, so zu wird es weder zu aromatischen noch anti-aromatischen Verbindungen gerechnet. Verbindungen dieses Typus sind einfach nur nicht-aromatisch oder olefinisch. Es zeigt sich dann die normale Reaktivität der Alkene.
Cyclopentadien: 4p-Elektronen
Unterbrechung der cyclischen Konjugation durch ein sp 3-C-Atom
Cycloheptatrien: 6p-Elektronen
Dianion 10p-Elektronen planarer Aromat!
Cyclooctatetraen: olefinisch, gefalteter (nicht planarer) Ring
2 Na
ABER:
+ 2 Na (metallisch)
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Aromatizität und Reaktivität
Addition versus Substitution
Sowohl Alkene, wie auch Aromaten besitzen elektronenreiche p-Systeme, die bevorzugt von Elektrohilen angegriffen werden. Im Fall der Alkene kommt es hierbei zu einer elektrophilen Addition (siehe Kapitel 5), wobei die Triebkraft der Reaktion in diesem Fall die Bildung neuer s-Bindungen ist. Im Fall von Aromaten ist allerdings die Rückbildung des aromatischen p-Systems energetisch so vorteilhaft, dass es schließlich zur elektrophilen Substitution kommt:
Alkene
Aromaten
sp 3-C-Atom
Mesomerie- Stabilisierung der Zwischenstufe:
Elektrophil
elektrophiler Angriff
Elektrophil
elektrophiler Angriff
El H
Nucleophil
El H
Nucleophil
El H
El H
Rearomatisierung (b)
Nu H
El H
El El
* Beachten Sie die Positionen der Ladung in der Kurzschreibweise für die Zwischenstufe der aromatischen elektrophilen Substitution!
El H
El H
El H
Elektrophile Addition ? Bildung von zwei neuen s-Bindungen ist thermodynamisch begünstigt gegenüber der Substitution
keine Substitution
keine Addition ? Verlust der Aromatizität
Elektrophile Substitution ? Rearomatisierung ist thermodynamisch günstiger als die Addition
= s-Komplex
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Elektrophile aromatische Substitution
Energieprofil
Energie
? langsamer elektrophiler Angriff
Zwischenstufe (s-Komplex)
Geschwindigkeitsbestimmender ÜZ
2. ÜZ
Edukte Produkte Reaktionskoordinate
? schnelle Rearomatisierung
Die elektrophile aromatische Substitution verläuft prinzipiell immer nach dem gleichen Reaktionsmechanismus, unter Ausbildung einer Mesomerie-stabilisierten Zwischenstufe (s-Komplex, lokales Energieminimum entlang des Energieprofils der Reaktion).
Elektrophile Aromatische Substitution ? Zwischenstufe ist ein Mesomerie-stabilisiertes Carbeniumion (s-Komplex) ? Reaktion ist prinzipiell reversibel, aber normalerweise exotherm in Richtung der Produkte (Rückreaktion wäre endotherm)
Verschiedene Reaktionsmöglichkeiten ergeben sich im wesentlichen aus der chemischen Natur der verschiedenen angreifenden Elektrophile. Die im folgenden beschriebenen Varianten der elektrophilen aromatischen Substitution (Halogenierung, Nitrierung, Sulfonierung, Alkylierung, Acylierung) unterscheiden sich nur in der Art und Weise, welches Elektrophil den Aromaten angreift, und wie dieses Elektrophil generiert wird.
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Elektrophile aromatische Substitution – Halogenierung
Chlorierung und Bromierung von Aromaten
Generierung des Elektrophils: Br Br + FeBr 3 Br Br Fe III Br 3
Aromaten
elektrophiler Angriff
(kat. FeBr3) + Br2 - HBr (Gesamtreaktion) Br Br
Brom-Aromaten
Halogen
Rearomatisierung
"Fe 3 + 3 Br " (Eisen-III-bromid)
Halogen-Lewis-Säure Komplex
Die Reaktionsträgheit von Aromaten bedingt, dass diese – anders als die Alkene (? Additionsreaktionen) – in der Regel mit den elementaren Halogenen Chlor und Brom keine Reaktion zeigen. Wird allerdings die Halogen-Halogen-Bindung durch Zugabe einer elektronenziehenden Lewis-Säure als Katalysator aktiviert, so kommt es primär zur Ausbildung einer aktivierten Halogenium-Spezies (ein Halogen-Kation), das durch seine positive Ladung und gesteigerte Reaktivität in der Lage ist, Aromaten elektrophil unter Substitution anzugreifen – hier am Beispiel der Bromierung:
Br FeIII + Br Br3 Elektrophil (Bromoniumion)
Mesomerie-stabilisierte Carbeniumionen Zwischenstufe (s-Komplex)
= FeBr 4
Verwendete Lewis-Säuren: z.B. AlBr 3, FeBr 3, ZnBr 2, etc. (für die Chlorierung werden die entsprechenden Chloride eingesetzt, z.B. Cl 2 + FeCl 3 etc.)
Die Chlorierung ist nach dem analogen Mechanismus (Reagenzien z.B. Cl 2 + FeCl 3 ) möglich, nicht aber die Iodierung (endotherme Reaktion des sehr wenig reaktiven Iods I 2 ) oder Fluorierung (explosive Zersetzung durch das extrem reaktive Fluor F 2 ).
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Elektrophile aromatische Substitution – Nitrierung
Nitrierung von Aromaten
Generierung des Elektrophils:
Aromaten
Salpetersäure
elektrophiler Angriff
(konz. H 2SO 4)
- H 2O
(Wasser-entziehende Wirkung von konz. H 2SO 4)
Der Mechanismus der Nitrierung von Aromaten folgt exakt dem der Halogenierung, wobei das angreifende Elektrophil jetzt das Nitrosyl-Kation NO 2 + ist. Es wird „in situ“ (d.h. in der Reaktionslösung) in einem Gemisch aus konzentrierter Salpetersäure HNO 3 und konzentrierter Schwefelsäure (H 2 SO 4 ) generiert (Nitriersäure). Konzentrierte Schwefelsäure ist so stark sauer, das selbst Salpetersäure protoniert werden kann, die gleichzeitig Wasser-entziehende Wirkung führt dann zur Abspaltung von H 2 O und Generierung des Elektrophils der Nitrierung:
+ HNO3 (konz. H2SO4) (Gesamtreaktion) - H2O NO 2
Nitro-Aromaten
NO 2
Rearomatisierung
Mesomerie-stabilisierte Carbeniumionen-Zwischenstufe (s-Komplex)
Elektrophil NO 2 (Nitrosyl-Kation)
Als Reagenz wird ein Gemisch von konz. Salpetersäure (HNO 3) und konz. Schwefelsäure (H 2SO 4) verwendet (= "Nitriersäure")
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Elektrophile aromatische Substitution – Sulfonierung
Sulfonierung von Aromaten
Schwefeltrioxid als Elektrophil:
Aromaten
Sulfonsäuren
(konz. H2SO4) + SO3 (Gesamtreaktion)
Rearomatisierung
Reprotonierung
Analog dem Mechanismus der Halogenierung oder Nitrierung gelingt die Sulfonierung von Aromaten – wenn auch unter recht drastischen Bedingungen: in rauchender Schwefelsäure (einer Lösung von überschüssigem Schwefeltrioxid in Schwefelsäure = „Oleum“) ist der Schwefel in SO 3 elektrophil genug, um Benzol direkt anzugreifen, wobei aromatische Sulfonsäuren als Produkte entstehen:
Elektrophil SO 3 (Schwefeltrioxid)
Mesomerie-stabilisierte Carbeniumionen-Zwischenstufe (s-Komplex)
Als Reagenz wird "rauchende Schwefelsäure" (Lösung von SO 3 in konzentrierter H 2SO 4) verwendet.
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Elektrophile aromatische Substitution – Sulfonierung
Aromatische Sulfonsäuren
Als Besonderheit der Sulfonierung ist zu erwähnen, dass sie im Gegensatz zu anderen elektrophilen aromatischen Substitutionen reversibel ist, und dass das Erhitzen der Benzolsulfonsäuren in wässriger, verdünnter Schwefelsäure zur Abspaltung von SO3 führt (hier nicht gezeigt). Sulfonsäuren sind als Derivate der Schwefelsäure sehr sauer, finden aber in Form ihrer Natriumsalze vielfältige Anwendungen, insbesondere dienen die amphiphilen (gleichzeitig hydrophobe und hydrophile Moleküleigenschaften) Alkyl-substituierten Benzolsulfonsäuren als anionische Tenside. In Form der Sulfonsäureester oder vor allem der Sulfonamide besitzen die Derivate der Sulfonsäuren auch pharmakologisches Interesse: O O O O O O O O O O O O S H SO3H S H S + H S Na
Schwefelsäure
Benzolsulfonsäure (pK s ~ -1.9)
+ NaOH - H2O Natrium Benzolsulfonat
Sulfalen (Antiparasitikum)
hydrophob
hydrophil
Sulfadiazin (Anti-Malaria Mittel)
Sulfonsäureester
Sulfonamid
Sulfamethoxazol (Bakteriostatikum)
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Elektrophile aromatische Substitution – Alkylierung
Friedel-Crafts-Alkylierungen
R d C d X + AlX3 R R (katalytisch)
X = Br, Cl, (I, F) R = H oder Alkyl
S N2-analog S N1-analog
R X Al C H H C R R III d R d X3 Al C H R R III X X3 R R = AlX R 4
oder
Auch die Kohlenstoff-Halogen-Bindung von Halogenalkanen kann durch katalytische Mengen einer Lewis-Säure (z.B. AlCl3 , FeCl3 , SbCl5 , etc.) soweit aktiviert werden, dass ein elektrophiler Angriff an Aromaten möglich wird.* Die so zugänglichen Alkylierungsprodukte sind aber in vielen Fällen elektronenreichere (reaktivere) Aromaten (+I-Effekt der Alkyl-Substituenten, siehe unten), so dass bei Friedel-Crafts-Alkylierungen häufig Mehrfach-Substitutionsprodukte erhalten werden.
Alkylhalogenide Regeneration des Lewis-Säure-Katalysators - HX, - AlX3 Alkylierungsprodukt
2-Chlorpropan
Beispiele:
+ AlCl 3
intramolekulare Reaktions-Variante (? Ringschluss)
d Cl
AlCl 3
+ AlCl 3 (katalytisch)
elektrophiler Angriff
AlCl 4
- HCl, - AlCl 3
AlCl 4
- HCl, - AlCl 3
AlX 4
= Cumol (Trivialname)
Alkylierungsprodukte
= Tetralin
* Aus Sicht des Halogenalkans als ist diese Reaktion eine nucleophile Substitution (S N ) an der C-Hal-Bindung, aus Sicht des Aromaten ist es eine aromatische elektrophile Substitution!
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Elektrophile aromatische Substitution – Acylierung
Friedel-Crafts-Acylierungen
R d O C d d X + AlX3 (stöchiometrisch) X = Br, Cl R = Alkyl oder Aryl
oder
elektrophiler Angriff
Die Aktivierung von C-Halogen-Bindungen durch Lewis-Säuren ist nicht nur auf Alkylhalogenide (= Halogenalkane, ? Alkylierungen, siehe vorangegangene Diskussion), sondern ganz analog auch auf Acylhalogenide (= Carbonsäurehalogenide, siehe Kapitel Carbonsäure-Derivate, ? Acylierungen) anwendbar. Hier sind normalerweise keine Mehrfach-Substitutionsprodukte zu erwarten (deaktivierender –M-Effekt des Acyl-Substituenten, siehe unten), allerdings kann die Lewis-Säure nicht katalytisch, sondern muss stöchiometrisch (d.h. in equimolaren Mengen = 1:1) eingesetzt werden, da sie als Komplex am Produkt bis zur Aufarbeitung verbleibt:
Abspaltung erst bei Aufarbeitung der Reaktion
Acylhalogenide keine Regeneration des Lewis-Säure-Katalysators - HX Acylierungsprodukt
Synthetisch von großem Nutzen ist die Friedel-Crafts-Acylierung, weil die Carbonylgruppe (C=O-Doppelbindung) eine Vielzahl weiterer Reaktions- und Umwandlungs-Möglichkeiten eröffnet, die (ansatzweise) in den Kapiteln Aldehyde, Ketone, und Carbonsäuren diskutiert werden.
Al III X 3
Al III X 3
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Elektrophile aromatische Substitution – Diazoniumsalze
Diazotierung und Phenol-Verkochung
NO 2
Nitrobenzol
katalytische Hydrierung (Reduktion)
- 2 H 2O
NH 2
Aminobenzol (= Anilin)
Diazotierung
NaNO 2 / HCl / 0°C
- NaCl, - 2 H 2O
Benzoldiazoniumchlorid Erwärmen
- N 2
"Phenol-Verkochung"
Phenyl-Kation (nicht Mesomeriestabilisiert!) + H 2O
Aromatische Amine – die durch katalytische Hydrierung (Reduktion) von aromatischen Nitroverbindungen zugänglich sind – lassen sich in schwach salzsaurer Lösung mittels Natriumnitrit (NaNO 2 ) in die aromatischen Diazoniumsalze umwandeln (Mechanismus: siehe Ergänzung auf der übernächsten Seite), Diese sind bis ca. +5°C stabil, zerfallen aber rasch beim Erhitzen unter Abspaltung von (sehr stabilem) molekularem Stickstoff N 2 und Ausbildung extrem reaktiver Phenyl-Kationen (diese sind nicht Mesomerie-stabilisiert – vergleiche hierzu die Kommentare und Orbitalmodelle in Kapitel 6 – „Delokalisierte p-Systeme“!). In wässriger Lösung addieren diese starken Nucleophile sofort Wasser unter Bildung der entsprechenden Phenole:
Hydroxybenzol (= Phenol)
Die Diazo-Gruppe der Diazoniumsalze ist aufgrund ihrer positiven Ladung elektrophil, wenn auch diese Elektrophilie nicht besonders ausgeprägt ist. Aktivierte, elektronenreiche Aromaten (siehe unten für den Substituenten-Einfluss auf die Reaktivität aromatischer Ringe) können allerdings nach dem allgemeinen Mechanismus der elektrophilen aromatischen Substitution angegriffen werden (? Diazo-Kupplung, siehe nächste Seite). Die hieraus resultierenden Azo-Verbindungen sind brillant gefärbte Substanzen, die vor allem in der Textilindustrie immer noch weite Verbreitung besitzen, obwohl gewisse Befürchtungen hinsichtlich der carcinogenen Wirkung dieser Azo-Farbstoffe (Abbaureaktionen zu aromatischen Aminen) bestehen.
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Elektrophile aromatische Substitution – Diazo-Kupplung
Diazo-Kupplung und Azo-Farbstoffe
Die schwach elektrophilen Diazonium-Verbindungen „kuppeln“ in schwach saurer oder alkalischer Lösung mit einer breiten Vielfalt elektronenreicher Aromaten zu stark gefärbten Azo-Verbindungen:
"Diazo- Komponente"
"Kupplungs- Komponente"
= -OH, -NR2, etc. (aktivierende +M- Substituenten)
Azo-Farbstoffe
elektrophiler Angriff
- Cl
H3C N SO3 Na
Methylorange (pH < 3.1: rot, pH > 4.5: gelb)
NH 2
Kongo-Rot (pH < 3.1: blau-violett, pH > 5: rot)
Azobenzol "Kupplungsprodukt"
SO 3
Seite 07-24
Ergänzung – Mechanismus der Diazotierung
Exkurs: Diazotierung von Aminen
Ergänzung: Mechanismus der Diazotierung
NaNO 2 = Na
Natriumnitrit Nitrit (NO 2 - )
+ HCl
- NaCl
Salpetrigesäure (HNO 2)
(HCl !)
sehr elektrophiles Kation
- H 2O
nucleophiles Elektronenpaar
Aromatisches Amin
R NH 2
Die Diazotierung von Aminen mit Natriumnitrit in salzsaurer Lösung führt über die entsprechenden N- Nitrosoverbindungen (Nitrosamine) zu den Diazoniumsalzen. Alkyl-Diazoniumsalze sind sehr instabil und zersetzen sich z.T. spontan unter Explosion, Aryl-Diazoniumsalze sind in Lösung bei Kühlung einigermaßen stabil und handhabbar.
(= Pökelsalz)
Diazoniumsalz
R N N
- H 2O
(HCl !)
Tautomerie
Nitrosyl-Kation (NO + )
Nitrosamin (R-NHNO)
* Natriumnitrit ist Speise-Pökelsalz – und Salzsäure ist im Magen vorhanden (pH ~ 2.0) – da nun Nitrosamine stark carcinogene Wirkung zeigen, stellt sich doch eine Frage …
Seite Elektrophil
07-25
Übersicht der elektrophilen aromatischen Substitutionen*
+ Br 2
kat. FeBr 3
- FeBr 4
Bromoniumion Bromierung (allg. Halogenierung)
konz. HNO 3
konz. H 2SO 4
NO 2
Nitrierung
Nitrosyl- Kation
SO 3
konz. H 2SO 4
SO 3H
Sulfonierung
Schwefeltrioxid R-Hal
AlHal 3
Alkyl- oder Acyl-Kation
Friedel-Crafts- Alkylierung oder Acylierung
Ar-NH 2
NaNO 2/HCl
- H - H - H - H
Diazoniumsalze Ar H N N
Diazo-Kupplung
* Die kleine Auswahl soll die Gemeinsamkeiten des zugrunde liegenden Mechanismus zeigen.
Seite 07-26
Elektrophile aromatische Zweit-Substitution
Substituenten-Einflüsse auf die Zweit-Substitution
1,3- R R R R R Subst.
1,4- R R R R R Subst.
El H El H El H
"meta"
"para"
Eventuell schon vorhandene „Erst-Substituenten“ beeinflussen den Ort (Regioselektivität) und die Kinetik einer Zweit-Substitution am Aromaten:* 1,2- R R R R R Subst. H H H H El El "ortho" El = El El El 1 2
Elektronenliefernde Reste R ? Stabilisierung der eingerahmten Formen ? R dirigiert Zweit-Substitution in die ortho- und para-Position Elektronenziehende Reste R ? Destabilisierung der eingerahmten Formen ? R dirigiert Zweit-Substitution in die meta-Position
* Dieses Formelschema bildet die Grundlage für die Diskussion aller Substituenten-Einflüsse an aromatischen p-Systemen (siehe nachfolgende Seiten).
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Substituenten-Einflüsse – Der induktive-Effekt
Induktiver-Effekt (+I- und -I-Effekt)
+I-Effekt
? schwache Polarität der C-H-Bindung EN(C) > EN(H) ? schwach elektronenliefernder Donor-Effekt (+I-Effekt)
CF 3
F d F d C F
? starke Polarität der C-F-Bindung EN(F) >> EN(C) ? stark elektronenziehender Akzeptor-Effekt (-I-Effekt)
? ortho-Angriff ? para-Angriff
CF 3
CF 3
Substituenten R (Schema vorherige Seite), die über ein sp 3 -Atomzentrum an den Benzol-Ring gebunden sind, können nur über den induktiven Effekt das aromatische p-System beeinflussen, wobei man zwischen zwei Fällen unterscheiden muss: Substituenten, die Elektronen „liefern“ (Elektronendonor, +I-Effekt, lies: „plus-I-Effekt“), und Substituenten, die Elektronen „abziehen“ (Elektronenakzeptor, -I-Effekt, lies: „minus-I-Effekt“). Welchen Effekt ein Substituent nun ausübt, richtet sich nach den Elektronegativitäten der beteiligten Atome. In dem oben vorgestellten Schema wird sich der Einfluss dieses Substituenten am stärksten auf die mesomeren Formen auswirken, in denen die positive Ladung direkt benachbart zu R ist (vergleiche die eingerahmten Strukturen oben):
-I-Effekt
sp 3-C-Atom
sp 3-C-Atom
? ortho-Angriff ? para-Angriff
? Diese mesomeren Formen der Zwischenstufe zum ortho- bzw. para- Produkt werden durch den
+I-Effekt leicht stabilisiert ? Der +I-Effekt dirigiert einen Zweit- Substituenten nach ortho- bzw. para.
? Diese mesomeren Formen der Zwischenstufe zum ortho- bzw. para- Produkt werden durch den
-I-Effekt stark destabilisiert ? Der -I-Effekt dirigiert einen Zweit- Substituenten nach meta.
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Substituenten-Einflüsse – Der induktive-Effekt
Induktiver-Effekt (+I- und -I-Effekt)
+ Br 2, - HBr
(kat. FeBr 3)
Produktverteilung:
ortho (35%)
meta (< 5%)
para (60%)
CF 3
+ Br 2, - HBr
(kat. FeBr 3)
Der induktive-Effekt hat nicht nur einen Einfluss auf die zu erwartende Selektivität (Produktverteilung) der Zweit- Substitution – hier am Beispiel der Bromierung – sondern beeinflusst auch die Reaktivität nachhaltig. Der +I-Effekt führt zu einer erhöhten Elektronendichte im aromatischen Ring, und damit zu einer Erleichterung des elektrophilen Angriffs (Elektrophile suchen den Ort „höchster“ Elektronendichte) – die Reaktion verläuft im Fall von Aromaten, die durch +I- Substituenten „aktiviert“ sind, schneller als im Vergleich zur elektrophilen Substitution von Benzol. Umgekehrt verhält es sich mit -I-Substituenten: der Elektronenzug und die verringerte Elektronendichte im aromatischen Ring führt zu „deaktivierten“ Aromaten mit langsamerer Substitutionsgeschwindigkeit (Kinetik):
Substituenten-Effekt der Methyl-Gruppe: Substituenten-Effekt der Trifluormethyl-Gruppe:
? +I-Effekt ? -I-Effekt
? elektronenreicher als Benzol (+I-Donor-Substitutent) ? schnellere Reaktion im Vergleich zu Benzol ? "aktivierter" Aromat
CF 3
meta (> 95%)
? elektronenärmer als Benzol (-I-Akzeptor) ? langsamere Reaktion im Vergleich zu Benzol ? "deaktivierter" Aromat
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Substituenten-Einflüsse – Der mesomere-Effekt
Mesomerer-Effekt (+M- und -M-Effekt)
Bei Substituenten, die an der direkt am aromatischen Ring gebundenen Position ein freies Elektronenpaar oder ein sp 2 - bzw. sp-hybridisiertes Atomzentrum besitzen, kommt ein weiterer Effekt hinzu: die Stabilisierung (Elektronendonor, +M-Effekt) oder Destabilisierung (Elektronenakzeptor, -M-Effekt) der Zwischenstufen der Zweit-Substitution durch direkte Mesomerie-Beteiligung des Substituenten:*
Freies Elektronenpaar in der Position am Ring
sp 2-C-Atom in der Position am Ring
+M-Effekt
? ortho-Angriff ? para-Angriff
? Starke Stabilisierung durch den +M-Effekt ? Zweit-Substitution in ortho- bzw. para-Position
-M-Effekt
? ortho-Angriff ? para-Angriff
? Starke Destabilisierung durch den -M-Effekt ? Zweit-Substitution in meta Position
+M-Effekt
-M-Effekt
* Im Falle des meta-Angriffs ist die Formulierung entsprechender mesomerer Formen nicht möglich: OH-Beteiligung an der Mesomerie (+M), bzw. zwei benachbarte positive Ladungen (-M)!
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Substituenten-Einflüsse – Der mesomere-Effekt
Mesomerer-Effekt (+M- und -M-Effekt)
? +M-Effekt (Donor-Substituent) ? Negative Partialladung in ortho- und para-Position zum Erst-Substituenten ? Elektrophile Zweit-Substitution bevorzugt in ortho- bzw. para-Position ? Elektronenreicher, "aktivierter" Aromat
+M-Effekt
ortho
para
-M-Effekt
meta
Bisher wurden die Subsituenten-Effekte (Stabilisierung oder Destabilisierung) anhand der Zwischenstufen der Zweit- Substitution diskutiert – für den M-Effekt man kann das Pferd auch anders herum aufzäumen, mit dem gleichen Ergebnis: hierzu formuliert man alle mesomeren Grenzstrukturen für den monosubstituierten Aromaten unter Beteiligung des Substituenten, dann ergeben sich in der Summe die folgenden Eigenschaften:*
? -M-Effekt (Akzeptor-Substituent) ? Positive Partialladung in ortho- und para-Position zum Erst-Substituenten ? Elektrophile Zweit-Substitution bevorzugt in meta-Position (am wenigsten destabilisiert) ? Elektronenarmer, "deaktivierter" Aromat
* Erinnerung: ein positiv geladenes oder polarisiertes Elektrophil sucht bevorzugt Elektronen oder negative Ladungen!
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UNIVERSITÄT Substituenten-Einflüsse – Induktiver und mesomerer-Effekt LEIPZIG
Induktiver versus mesomerer-Effekt (+M- und -M-Effekt)
Der I- und M-Effekt können – müssen aber nicht – in die gleiche Richtung wirken: Welcher Effekt „gewinnt“ für elektronegative Substituenten (-I-Effekt ? meta-dirigierend) wie z.B. OH-Gruppen, die aber auch gleichzeitig aufgrund der freien Elektronenpaare den +M-Effekt (? ortho- und para-dirigierend) zeigen? Die Zwischenstufen der Zweit- Substitution zeigen, dass der starke mesomere Effekt im Allgemeinen entscheidender wirkt, als der schwächere induktive Effekt. Die Formulierung der Carbeniumionen zeigen ein Elektronensextett am C-Atom, während in der Schreibweise des Oxoniumions alle Atome ein stabileres Elektronenoktett aufweisen – wenn auch zum (geringeren) Preis der positiven Ladung am elektronegativen O-Atom (siehe Kapitel 1 – Chemische Bindung und Relevanz von Resonanzstrukturen):
Elektronen- Sextett
Carbeniumion
+M-Effekt
Elektronen- Octett
Oxoniumion
Positive Ladung am O
? ortho-Angriff ? para-Angriff ? meta-Angriff
analog: NICHT aber für:
Hydroxylgruppen (-OH) weisen allgemein einen starken +M-Effekt auf – die dazugehörenden Hydroxy-substituierten Aromaten (Phenole) sind sehr elektronenreich und damit in elektrophilen aromatischen Substitutionen immer wesentlich reaktiver als Benzol selbst. Die analoge Beschreibung gilt auch für Alkoxy- (-OR) und Amino- (-NH2 , Aniline) substituierte Aromaten. Phenole und Aniline gehören damit in die Gruppe der „aktivierten“ Aromaten, und insbesondere Phenole reagieren mit Brom schon ohne Lewis-Säure-Katalysator (siehe unten).
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UNIVERSITÄT Substituenten-Einflüsse – Induktiver und mesomerer-Effekt LEIPZIG
Halogen-Substituenten
Halogen-Atome stellen insofern eine besondere Gruppe aromatischer Substituenten dar, als dass sie sowohl über einen starken –I-Effekt (stark elektronegative Halogene), wie auch über einen +M-Effekt (freie Elektronenpaare der Halogene) auf das p-System des Aromaten wirken. Der +M-Effekt steuert im wesentlichen die Regioselektivität (Positionsselektivität) weiterer Substitutionsreaktionen an Halogenaromaten, die Zweit-Substitution wird in die orthound para-Position dirigiert. Umgekehrt ist der –I-Effekt dafür verantwortlich, dass Halogenbenzole weniger reaktiv (deaktiviert) im Vergleich zur Stammverbindung Benzol sind (der deaktivierende Effekt ist stärker für das elektronegativere Chlor als für Brom; beachten Sie den Unterschied zwischen Reaktivität und Selektivität):
? -I-Effekt ? +M-Effekt
+ Br 2, - HBr
(kat. FeBr 3)
+M-Effekt ? Selektivität:
ortho (13%)
meta (2%)
para (85%)
-I-Effekt ? Reaktivität: <
Häufig zu beobachten ist, dass die para-Substitution zudem bevorzugt gegenüber dem ortho-Angriff ist – dies hat überwiegend sterische Gründe, die in ihrer absoluten Größe schwer abzuschätzen sind. Leicht einsichtig ist die folgende Faustregel: je größer (sterisch anspruchsvoller) ein schon vorhandener Substituent ist, umso unwahrscheinlicher wird der Angriff in der benachbarten ortho-Position, und umso größer wird der Anteil des para- Produkts.
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Substituenten-Einflüsse – Zusammenfassung
Dirigierende Wirkung von Substituenten
ortho- und para-dirigierende Substituenten
Hydroxy (Phenole)
Methoxy
Alkoxy (allgemein)
Zusammenfassen lässt sich die dirigierende Wirkung von Substituenten am Aromaten bei der elektrophilen aromatischen Substitution folgendermaßen:
stark aktivierend stark deaktivierend R
primäre
Hydroxylat (Phenolate)
sekundäre Amine (Aniline)
tertiäre
Amide (N-Acyl-Aniline)
schwach aktivierend schwach deaktivierend
Alkyl
Aryl (Phenyl) (Biphenyle)
Halogenaromaten (Hal = F, Cl, Br, I)
Nitro (Nitroaromaten)
meta-dirigierende Substituenten
Carboxyl (Benzoesäuren)
Ester Carbonyl (Aldehyde, Ketone)
quartäre Amine (Ammoniumsalze)
Sulfonsäure
Nitril
Trifluormethyl
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Substituenten-Einflüsse – Beispiele
Reihenfolge der Substitution
Bei der aromatischen Substitution kann die Abfolge der Reaktionsschritte (Reihenfolge der Synthesestufen) entscheidend von Bedeutung sein – eine Änderung führt zu unterschiedlichen Produkten:
+ Cl 2, - HCl
(kat. FeCl 3)
Dritt-Substitution
alle 4 freien Positionen sind equivalent
Cl Cl
rauch. H 2SO 4
Hauptprodukt (para-Substitution)
? ortho (para ist blockiert)
stärkerer +M-Effekt dominiert
SO 3H
? ortho (para ist blockiert)
NO 2
rauch. H 2SO 4
Liegen bereits zwei oder mehr Ringsubstituenten vor (? Dritt-Substitution usw.) so „addieren“ sich die Effekte der vorhandenen Reste, häufig entstehen aber auch Produktgemische.
? ortho (para ist blockiert)
beide Effekte führen zur Bevorzugung der gleichen Position
? meta
SO 3H SO 3H
+ Cl 2, - HCl
(kat. FeCl 3)
? ortho, para
Substitution parazur sterisch sehr großen tert-Butyl-Gruppe
HO O C -M
Hauptprodukt (meta-Substitution)
? ortho, para
? meta
beide Effekte führen zur Bevorzugung der gleichen Position
NO 2
? meta
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Substituenten-Einflüsse – Beispiele
Probleme der Friedel-Crafts-Alkylierung
Benzol
konz. HNO 3
konz. H 2SO 4
NO2 NO2 keine Weiter- NO2 konz. HNO3 Reaktion
konz. H 2SO 4
NO 2
Nitrobenzol 1,3-Dinitrobenzol 1,3,5-Trinitrobenzol
NO 2
NO 2
2,4,6-Trinitrotoluol (TNT)
Die oben beschriebene Friedel-Crafts-Alkylierung von Benzol mit Halogenalkanen wird häufig von der Nebenreaktion der Mehrfach-Substitution begleitet: der erste eingeführte Alkyl-Substituent wirkt auf den Aromaten schwach aktivierend (+I-Effekt der Alkyl-Gruppe). Die Zweit-Substitution wird dann häufig schneller als der erste Reaktionsschritt, und es kommt zur Ausbildung von mehrfach-alkylierten Produkten:
Benzol
Benzol
Mehrfache Nitrierung
- HBr
(kat. FeBr 3)
Isopropylbenzol
+I-Effekt
schnellere Zweit-Substitution
1,4-Diisopropylbenzol
Die mehrfache Nitrierung von Aromaten gestaltet sich oft schwierig, da die Nitro-Gruppe (starker –M-Effekt) stark deaktivierend auf das p-System wirkt. Auch unter „verschärften“ Bedingungen (erhitzen, längere Reaktionszeit, etc.) gelingt die dreifache Nitrierung nicht, sondern bleibt auf der Dinitro-Stufe stehen:
NO 2
Pikrinsäure
NO 2
Seite 07-36
Derivate des Benzols – Aniline
Aromatische Amine: Aniline
Anilin
+ H 2O
Ammoniumsalz
pK s = +4.6
Cyclohexylamin
+ H 2O
Aromatische Amine (Stoffklasse der Aniline) sind schwächer basisch oder nucleophil als die aliphatischen Amine (siehe Kapitel 9), da das freie Elektronenpaar des Stickstoffs teilweise über das aromatische p-System delokalisiert ist (der niedrigere pK s -Wert von Anilin zeigt, dass das aromatische Ammoniumsalz die stärkere Säure ist – dazu gehört die schwächere Base Anilin!). Die Mesomerie bedingt auch eine „Abflachung“ des Bindungswinkels der NH 2 -Gruppe.
+M-Effekt
"fast" sp 2
-I-Effekt
kein freies Elektronenpaar, aber positive Ladung
Carbocyclische aromatische Amine (benzoide Aniline) stehen vielfach im Verdacht krebsauslösende Wirkung zu zeigen – in der Natur selbst kommen sie vor allem als heteroaromatische Amine in den Bausteinen der DNA vor (durch die elektronenziehenden Gruppen sind diese NH 2 -Gruppen echt trigonal planare sp 2 -Zentren).
Guanin
sp 3
Ammoniumsalz
pK s = +10.7
Cytosin
Seite 07-37
Derivate des Benzols – Phenole
Aromatische Alkohole: Phenole
Aromatische Alkohole (Stoffklasse der Phenole) sind im Vergleich zu aliphatischen Alkoholen ungewöhnlich sauer, und lassen sich leicht durch wässrige NaOH in die entsprechenden Phenolate (die im Gegensatz zu den „normalen“ Alkoholaten stark Mesomerie-stabilisiert sind) überführen:
Phenol pKs ~ +10
+ NaOH - H2O O
Phenolat
Na O Na O
Alkohol pKs ~ +16
Pikrinsäure (2,4,6-Trinitrophenol, ein gelber, explosiver Feststoff) ist sogar noch deutlich stärker sauer als „normale“ Phenole und erreicht fast die Stärke von Mineralsäuren (Pikrinsäure ist stärker als Phosphorsäure H3PO4 , pKs ~ +2.0). Die Phenole stellen sehr stark aktivierte, sehr elektronenreiche Aromaten dar, die durch Deprotonierung (? Phenolat-Anion) noch leichter elektrophil angreifbar werden, und dann auch mit sehr schwachen Elektrophilen wie Kohlendioxid (CO2 ) reagieren können:
etc.
+ NaOH - H2O O 2N
Alkoholat
NO 2
Pikrinsäure
pK s ~ +0.7
NO 2
Seite 07-38
Oxidationsprodukte der Phenole: Chinone
Phenole und Chinone
? ?xidation = - 2 [ H ] O
- 2 e , - 2 H
+ 2 e , + 2 H
Ubichinol (Coenzym QH 2)
? ?xidation = - 2 [ H ]
- 2 e , - 2 H
+ 2 e , + 2 H
= + 2 [ H ] ? Reduktion
Brenzcatechin
? ?xidation = - 2 [ H ]
- 2 e , - 2 H
= + 2 [ H ] ? Reduktion
Ubichinon (Coenzym Q 10)
Die sehr elektronenreichen Phenole und Phenolate lassen sich leicht zu entsprechenden Chinonen oxidieren – allerdings nur die ortho- und para-Diphenole – meta-Dihydroxybenzole sind bei weitem nicht so Oxidations-empfindlich:*
+ 2 e , + 2 H O H O
Und hier die Anwendung dieser Reaktion in der Natur, in Form der biochemischen Variante dieser Reaktion:
o-Benzochinon
Im Citrat-Cyclus sind mit den Coenzymen FAD/FADH 2 und Q/QH 2 zwei Redox-Reaktionen des Chinon-Phenol- Typus an der Dehydrierung von Succinat zum Fumarat durch die Succinat-Dehydrogenase beteiligt (nächste Seite).
* Die Frage ist natürlich: warum sind meta-Dihydroxybenzole nicht zu Chinonen oxidierbar?
Seite 07-39
Chinone und Phenole: FAD/FADH 2 und Q/QH 2
Succinat
Fumarat
Succinat-Dehydrogenase
FADH 2
FAD (Flavin adenin dinucleotid)
chinoide Struktur
phenolische Struktur
QH 2
Riboflavin (Vitamin B 2) Adenosin
Ribitol
P P O O O O O
NH 2
Hydrochinon CH 3
Chinon
Adenin (Ade)
Seite 07-40
Phenolische Naturstoffe
Polyphenole
Tyrosin (Aminosäure)
Vanillin (Aromastoff)
Phenole und Polyphenole – in OH-freier Form oder vielfach auch in alkylierter Form als Methoxy (OCH 3 ) oder Alkoxy (OR) Derivate – stellen eine sehr breite Klasse von Naturstoffen dar, zu denen neben der Aminosäure Tyrosin und vielen Bestandteilen des Lignins,* auch weit verbreitete Aromastoffe, die Chatechine, Flavonoide, Anthocyane, u.v.m. zählen.
Coniferylalkohol (Bestandteil von Lignin)
Cyanidin (Anthocyanidin)
Catechin (Catechingerbstoff)
Quercetin (Flavonoid)
Vielfach wird den Polyphenolen eine starke Wirkung als Antioxidantien zugeschrieben, die auf exakt der oben beschriebenen leichten Oxidierbarkeit zu chinoiden Systemen beruht.
* Lignin ist ein hochmolekularer aromatischer Stoff, der in verholzten Pflanzen vorkommt und die Räume zwischen den Zellmembranen ausfüllt und zu Holz werden lässt.
Seite 07-41
Elektrophile Substitution an anderen Aromaten
Polycyclische und heterocyclische Systeme
Bei Naphthalin (bicyclischer Aromat), Pyrrol und Furan (heterocyclische Aromaten) handelt es sich um elektronenreiche, reaktive aromatische Systeme, die mit Brom schon ohne zusätzlichen Katalysator unter Bildung der Mono-Brom Substitutionsprodukte reagieren.
+ Br 2
- HBr
Naphthalin 1-Brom-Naphthalin (Hauptprodukt)
2-Brom-Naphthalin (Nebenprodukt)
Pyrrol
+ Br 2
- HBr N H
+ Br 2
- HBr O
Übung: Der Mechanismus läuft exakt wie oben für Benzol beschrieben über den elektrophilen Angriff eines Bromoniumions (Br 2 ? Br - + Br + ) auf das aromatische p-Elektronensystem. Begründen Sie die gezeigte Regioselektivität anhand mesomerer Formeln für die Zwischenstufe (Tipp: vergessen Sie die freien Elektronenpaare der Heteroatome nicht)! Welche Regioisomere können überhaupt jeweils entstehen?
Furan