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Organische Chemie für Biologen - Vom Methan zu Biomolekülen
08 – Alkohole und Ether
Empfehlung: Kapitel 8+9, Vollhardt/Schore, WILEY-VCH, 2005.
Priv.-Doz. Dr. Stefan Immel Universität Leipzig, Wintersemester 2007/2008.
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Struktur und Nomenklatur
Alkohole und Ether
Methanol Ethanol 1-Propanol 2-Propanol (Isopropanol) Alkoxy-Substituent (= "Alkyl-oxy")
Methoxy-ethan (Ethyl-methyl-ether)
2-Methyl-2-propanol (tert-Butanol)
Diethylether Methyl-tert-butylether (Lösungsmittel "Ether") ("MTBE")
1,2-Ethandiol (Glykol)
HO OH
1,2,3-Propantriol (Glycerin)
Die Strukturen sowohl der Alkohole, wie auch der Ether leiten sich von dem Wassermolekül H 2 O durch Austausch von einem oder zwei Wasserstoffatomen durch organische Reste ab:
Wasser (H 2O)
Nomenklatur
R O H
Alkohole (ROH)
R O R
Ether (ROR)
speziell:
Nach offizieller Nomenklatur der IUPAC werden die Verbindungen aus der Stoffklasse der Alkohole als Alkanole (Endung „-ol“) bezeichnet, dieser Name wird jedoch eher selten für die Stoffklasse selbst verwendet. Die systematischen Namen leiten sich dann wiederum von den Stammnamen der Alkane ab, es sind allerdings auch viele Trivialnamen gebräuchlich.* Ether werden häufig als Alkoxy-substituierte Derivate anderer Stoffklassen benannt.
Tetrahydrofuran ("THF")
Oxiran ("Ethylenoxid")
Cyclohexanol
cis-1-Ethoxy- 2-methoxycyclohexan
* Der Stammname ergibt sich aus der längsten Kohlenstoffkette im Molekül, mit den meisten OH-Gruppen, diese bekommen die niedrigsten Nummern, Substituenten werden dann vorangestellt.
Aliphatische Alkohole (Alkyl-OH)
Aromatische Phenole (Aryl-OH)
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Struktur und Nomenklatur
R H C H
primär
R H C R
sekundär
R R C R
tertiär
zwei primäre Hydroxylgruppen
vier sekundäre Hydroxylgruppen
In Naturstoffen oder aus der Natur abgeleiteten Substanzen sind Hydroxy- und Alkoxy-Substituenten allgegenwärtig (ubiquitär) anzutreffen, und vor allem oft als Substituenten an komplexeren Kohlenstoffgrundgerüsten zu finden – die Nomenklatur betrachtet dann meist die Alkohol- oder Ether-Funktionen als „einfachen“ Substituenten in den entsprechenden Positionen (oder es werden wieder Trivialnamen verwendet, siehe auch das Kapitel 7 – Aromaten zur Bedeutung von Polyphenolen):
HO HO
D-Glucose (Traubenzucker)
HO HO
D-Mannose
D-Mannitol
D-Sorbitol
HO HO
HO OH
myo-Inositol
Innerhalb der Stoffklasse der Alkohole differenziert man noch zwischen primären, sekundären und tertiären Alkoholen, je nachdem, an welchen Typ eines C-Atoms die Hydroxylgruppe gebunden ist (vergleiche die Einteilung der Halogenalkane oder Carbeniumionen in Kapitel 4). Wie noch zu zeigen ist, ergeben sich für diese „Unterklassen“ noch charakteristische Unterschiede (z.B. hinsichtlich der Oxidierbarkeit):
* Warum ist bei Glucose und Mannose jeweils eine (schwarz) Hydroxylgruppe kein Alkohol? Und warum sind diese keine cyclischen Ether? Mehr dazu im Kapitel 15 – Kohlenhydrate!
D-Mannitol
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Eigenschaften
Alkohole und Ether – Wasserstoff-Brückenbindungen
Die Elektronegativitätsdifferenz zwischen Sauerstoff und Kohlenstoff bzw. Wasserstoff (EN O >> C > H) führt sowohl bei Alkoholen wie auch bei Ethern zu einer Polarisierung der O-H bzw. O-C-Bindungen. Aber nur im Fall der Alkohole können sich zwischen den Molekülen in kondensierter Phase Wasserstoff-Brückenbindungen ausbilden, die für starke intermolekulare Wechselwirkungen und damit vergleichsweise hohe Siedepunkte der Alkohole führen (im Gegensatz zu den Alkanen sind alle Alkohole bei Raumtemperatur flüssig; Siedpunkt Methanol: +65°C, Ethanol: +78°C, etc.). Der Zusammenhalt ist jedoch weniger stark wie bei Wasser, und bei Ethern fehlen die H-Brücken ganz (keine O-H-Bindungen), so dass sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der molekularen Struktur und den makroskopischen (physikalischen) Eigenschaften der Alkohole und Ether ergibt:
Wasser (flüssig) viele, starke H-Brücken Siedepunkt: +100°C
H-Brücken sind auch zwischen Wasser und Alkoholen bzw. Ethern möglich, jedoch können Alkohole sowohl als H- Brücken-Donoren wie auch -Akzeptoren fungieren, während Ether ausschließlich H-Brücken-Akzeptoren sind, woraus sich deutliche Unterschiede in der Mischbarkeit von Wasser mit Alkoholen und Ethern ergeben.
Dimethylether (gasförmig) keine H-Brücken Siedepunkt: -25°C
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Eigenschaften
Diethylether (C 4H 10O, Molmasse 74 g/mol) Siedepunkt: +35°C mit H 2O nicht mischbar
tert-Butanol (C 4H 10O, Molmasse 74 g/mol) Siedepunkt: +82°C (Schmelzpkt: 26°C) mit H 2O unbegrenzt mischbar
Geradkettige, unverzweigte Alkohole bis einschließlich 1-Propanol sind unbegrenzt mit Wasser mischbar, während für längerkettige Alkohole der unpolare Alkyl-Rest zu dominieren beginnt (amphiphile Moleküle mit polaren Kopfgruppen und unpolaren Resten) und die Löslichkeit (= Mischbarkeit) in Wasser drastisch abnimmt:*
Toxizität
Methanol LD 50 140 mg/kg
Ethanol (C 2H 6O, Molmasse 46 g/mol) Siedepunkt: +78°C mit H 2O unbegrenzt mischbar
Ethanol LD 50 2500 mg/kg
Bei einer Vergiftung mit Methanol wird als erste Maßnahme Ethanol intravenös gegeben! Warum?
1-Dodecanol
hydrophob
mit H 2O nicht mischbar
* Im Labor wechseln tert-Butanol und Dimethylether (zwei gängige Lösungsmittel) im Wechsel der Jahreszeiten auch den Aggregatzustand.
hydrophil
Seite Definition der pK s-Werte H 2O +
Gleichgewichtskonstante K
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pK s-Werte – Definition und Größenordnungen*
[ A ] [ H 3O ]
[ A-H ] [ H 2O ]
mit [ H 2O ] ˜ 55.5 mol/l ˜ konst
K s =
[ A ] [ H 3O ]
[ A-H ]
pK s = - log 10 K s
? je kleiner der pK s-Wert ist, desto stärker ist eine Säure, und umso schwächer ist die dazu gehörende konjugierte Base
sehr stark
stark
mittel stark
schwach
? der pKs-Wert von Wasser ist 15.7, und nicht 7 oder 14! ? der pH-Wert von reinem H2O ist 7, und das Ionenprodukt sehr schwach ([ H + ] [ OH- ]) ist 14
-10 -10 -6 -3 -1.74 -1.32 1.92 2.13 3.14 3.75 4.75 6.52 6.92 7.20 9.25 9.40 9.90 10.40 12.36 13.00 15.74 15.90 23 > 40
Säure H konjugierte Base + H
HClO 4 HI HCl H 2SO 4 H 3O + HNO 3 HSO 4 - H 3PO 4 HF HCOOH CH 3COOH H 2CO 3 H 2S H 2PO 4 -
NH 4 + HCN Ph-OH HCO 3 - HPO 4 2-
HS - H 2O CH 3CH 2-OH NH 3 CH 4
K A H A + H3O Perchlorsäure Iodwasserstoffsäure Salzsäure Schwefelsäure Hydroniumion Salpetersäure Hydrogensulfat Phosphorsäure Flusssäure Ameisensäure Essigsäure Kohlensäure Schwefelwasserstoff Dihydrogenphosphat Ammonium Blausäure Phenol Hydrogencarbonat Hydrogenphosphat Hydrogensulfid Wasser Ethanol Ammoniak Methan
Perchlorat Iodid Chlorid Hydrogensulfat Wasser Nitrat Sulfat Dihydrogenphosphat Fluorid Formiat Acetat Hydrogencarbonat Hydrogensulfid Hydrogenphosphat Ammoniak Cyanid Phenolat Carbonat Phosphat Sulfid Hydroxid Ethanolat Amid Methylanion
ClO 4 - I - Cl - HSO 4 - H 2O NO 3 - SO 4 2- H 2PO 4 - F - HCOO - CH 3COO - HCO 3 - HS - HPO 4 2- NH 3 CN - Ph-O - CO 3 2- PO 4 3- S 2- OH - CH 3-CH 2-O - NH 2 - CH 3 -
Säurestärke pKs-Wert Säure Name konjugierte Base Base Basenstärke
sehr schwach
schwach
mittel stark
stark
sehr stark
* Nein, Sie sollen diese Werte nicht auswendig lernen. Aber Sie müssen die Größenordnungen verinnerlichen, um Säurestärken abzuschätzen (1 pKs-Einheit = Faktor 10 in der Säurestärke!).
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Amphotere Alkohole – Verhalten als Säuren
Alkohole als Säuren
Methanol pK s = 15.7
Ethanol pK s = 15.9
Isopropanol pK s = 17.1
tert-Butanol pK s = 18.0
Alkohol (schwache Säure) pK s ˜ 15-16
Butyllithium (sehr starke Base)
Alkoholat (starke Base)
Li +
Alkohol (schwache Säure)
Butan (sehr schwache Säure) pK s > 40
die pK s-Werte zeigen direkt die "stärkere" Säure an (d.h. welche Spezies das Proton abgibt!), und damit auf welcher Seite das Gleichgewicht liegt!
Alkoholat (starke Base)
Die pK s -Werte zeigen, dass die Alkohole (ROH) als schwache Säuren reagieren können, und eine „Säurestärke“* vergleichbar der mit reinem Wasser (pK s ˜ 15.7) besitzen (Alkohole können ja auch als „substituierte Derivate von H 2 O“ aufgefasst werden). Umgekehrt sind die Alkoholate (RO - ) starke Basen, vergleichbar mit der Basizität von Hydroxiden (HO - ):
R OH + NaH - H2 R O Na Natriumhydrid ? Wasserstoff (Hydrid sind sehr starke Basen) pKs(H2) > 40
R OH + Na - ½ H2 R O Na Reaktion mit metallischem Natrium (Redoxreaktion)
Die Deprotonierung der Alkohole gelingt demnach nur mit sehr starken Basen, wie z.B. Butyllithium (BuLi), Natriumamid (NaNH 2 ) oder Natriumhydrid (NaH) – vergleiche die entsprechenden pK s -Werte vorne. Alternativ können auch durch Reaktion mit metallischem Natrium die Alkoholate aus den Alkoholen erzeugt werden (Redox-Reaktion: Na wird zu Na + oxidiert, während „H + “zu H 2 reduziert wird, dies ist keine Säure-Base-Reaktion!). Diese Reaktionen sind irreversibel, weil Butan und Wasserstoff gasförmig entweichen (analoge Reaktion: 2 Na + H 2 O ? 2 NaOH + H 2 ).
* Die Säure- und Basenstärke sind immer relative Begriffe, die Vergleiche zulassen – im Vergleich zu Salzsäure ist Ethanol eine sehr schwache Säure, im Vergleich zu Wasser aber sehr ähnlich.
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Amphotere Alkohole – Verhalten als Basen
Alkohole als Basen
Alkohol (schwache Base)
protonierter Alkohol (starke Säure) pK s ˜ -2 - -3
der pK s-Wert zeigt, das Alkohle nur mit noch "stärkeren" Säuren protoniert werden können (z.B. Mineralsäuren HCl, HI, HClO 4)
+ HO H
Durch die freien Elektronenpaare am Sauerstoff können Alkohole auch als Basen – wenn auch nur als sehr schwache Basen – fungieren (es sind also starke Säuren für diese Protonierung nötig):
Vergleiche: Autoprotolyse von Wasser
+ HO
2 H2O H3O + HO
In Analogie zu Wasser zeigen Alkohole also ein amphoteres Verhalten, d.h. sie können sowohl als Säuren wie auch als Basen reagieren. Beide Reaktionsprinzipien haben wir im Prinzip schon kennen gelernt – die Basen-katalysierte Deprotonierung von Alkoholen zu Alkoholaten zur Steigerung der Nucleophilie in S N -Reaktionen (siehe Kapitel 4 – Halogenalkane), und die Säure-katalysierte Reaktivitätssteigerung von Alkoholen in S N -Prozessen (? Kapitel 4), bzw. die Eliminierung von Alkoholen zu Alkenen (Kapitel 5 – Alkene und Alkine):*
+ NaOH
- H 2O
- H 2O
S N-Reaktion
Steigerung der Nucleophilie
- NaCl
(H 2SO 4)
Tetrahydrofuran (THF)
gute Abgangsgruppe Wasser
- H 2O, - H
E1 Eliminierung
* Erinnerung: Die Qualität der Abgangsgruppe korreliert mit der Säurestärke ihrer konjugierten Säure: OH - ist eine miserable Abgangsgruppe (H 2 O: pK s = 15.7), H 2 O aber eine gute (H 3 O + : pK s = -1.7)!
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Synthesen
Darstellung von Alkoholen und Ethern
Na OH
- NaHal
Halogenalkane
Na OR
- NaHal
nucleophile Substitution S N 1 oder S N 2 Reaktionen
+ H2O / H (verd. H2SO4) Alkene
elektrophile Addition (Säure-katalysiert) Markovnikov-Produkte
+ ROH / H (verd. H2SO4) HO
Hydroborierung Anti-Markovnikov- Produkte
cis- trans- Dihydroxylierung
In den vorangegangen Kapiteln 4 (Halogenalkane) und 5 (Alkene und Alkine) wurden bereits einige der wichtigen Syntheseverfahren für Alkohole und Ether angesprochen und mechanistisch untersucht:*
Persäuren (MCPBA)
1.) BH 3
2.) H 2O 2
KMnO 4
oder
OsO 4
1.) NaOR 2.) H
OH,OR
Insbesondere die nucleophile Substitution primärer Alkylhalogenide mit Alkoholaten hat sich zur Synthese von unsymmetrischen Ethern nach Williamson bewährt, da wenig Eliminierungsprodukte auftreten (im Gegensatz zu sekundären und tertiären Alkylhalogeniden):
+ NaH
- H 2
+ EtBr
- NaBr
* Eine gute Gelegenheit die zugrunde liegenden Mechanismen und Stereochemie zu wiederholen!
R1 = R2 "symmetrischer" Ether R1 ? R2 "unsymmetrischer" Ether
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Synthesen
Darstellung von Phenyl-Ethern nach Williamson
2-Bromethanol
1,4-Butandiol
(Base)
S N 2
S N 2
- H 2O
- NaBr
Phenyl-Ether (= Alkoxy-substituierte Benzol-Derivate) lassen sich auch durch Veretherung nach Williamson (siehe oben) darstellen – zum einen weil Phenole eine erhöhte Azidität aufweisen (siehe Kapitel 7 – Aromaten), zum anderen weil Phenolate gute Nucleophile darstellen:
+ NaOH Na + CH3I - H2O O - NaI
Phenol Natriumphenolat
Methoxybenzol (= Phenyl-methylether = Anisol)
Cyclische Ether – Ethylenoxid, Tetrahydrofuran und 1,4-Dioxan
Iodbenzol
Cyclische Ether wie z.B. Ethylenoxid (= Oxiran, 3-Ring), oder Tetrahydrofuran (5-Ring) und 1,4-Dioxan (oder kurz „Dioxan“, 6-Ring) – die letzten beiden Verbindungen sind zwei sehr gängige Lösungsmittel – lassen sich durch intramolekulare Varianten der Ethersynthese darstellen, bei denen sich Nucleophil und Abgangsgruppe in ein und demselben Molekül befinden. Bevorzugt findet die Bildung von Drei-, Fünf- oder Sechs-Ringen statt. Beachten Sie in den folgenden Beispielen den Unterschied zwischen Basen- (? Cyclisierung von Halogenalkoholen) und Säurekatalyse (? Cyclisierung von Diolen):*
Ethylenoxid (Oxiran)
Tetrahydrofuran (THF)
* Technisch am billigsten ist die Säure-katalysierte Aktivierung der Alkohol-Funktionen und damit die Säure-katalysierte Dehydratisierung (Vermeidung von Halogenabfällen!).
HO CH 3
Base
Warum kann diese Reaktions- Variante NICHT gelingen?
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Synthesen
Cyclische Ether – 1,4-Dioxan
Der folgende Mechanismus zeigt im Detail (voll ausgeschrieben) alle Schritte zur Darstellung von 1,4-Dioxan. Ausgehend von Ethylenoxid wird technisch durch Säure-katalysierte Hydrolyse (S N 2 Ringöffnung des Epoxids) zuerst Glykol dargestellt. Die anschließende Säure-katalysierte Dimerisierung von Glykol und der Ringschluss zum 1,4-Dioxan erfordern zwei Säure-Aktivierungen (Protonierungen), um die sehr schlechte Abgangsgruppe OH - in die wesentlich besser Fluchtgruppe H 2 O umzuwandeln. Die Cyclisierung erfolgt zum Sechs-Ring, weil dessen Bildung energetisch und sterisch stark bevorzugt ist:*
Ethylenoxid
1,4-Dioxan
+ H 2O
SN2 H H O H - H OH + H O H HO H
- H - H 2O
S N 2
Glykol
+ H O - H HO OH
S N 2
Glykol
Dimerisierung
Erinnerung: Die Qualität einer Abgangsgruppe korreliert mit der Säurestärke ihrer konjugierten Säure: die konjugierte Säure zu OH- ist H2O – der pKs-Wert dieser konjugierten Säure H2O ist +15.7, und entspricht damit einer schwachen Säure. Somit ist OH- eine sehr schlechte Abgangsgruppe! Eine wesentlich bessere Fluchtgruppe ist H2O (pKs-Wert der konjugierten Säure H3O + = -0.7): die konjugierte Säure H3O + ist also eine starke Säure, und H2O damit eine gute Abgangsgruppe!
* Warum also kann diese Reaktion unter Basenkatalyse NICHT durchgeführt werden?
- H 2O
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Anwendungen der Ether
Polymere Ether – Polyethylenglykol (PEG)
Polyethylenglykol (PEG) ist ein je nach Kettenlänge flüssiges oder festes, chemisch inertes, wasserlösliches und untoxisches Polymer. Wegen dieser Eigenschaften wird es in der Medizin, als Wirkstoffträger in der Pharmazie, in Industriellen Anwendungen, als auch in der zellbiologischen Forschung eingesetzt. Chemisch handelt es sich um einen Polyether des Glykols (1,2-Ethandiol). PEG lässt sich durch eine anionische Polymerisation von Ethylenoxid (nucleophile Ringöffnung von Epoxiden, siehe Kapitel 5) darstellen,* wobei je nach Reaktionsbedingungen unterschiedliche Kettenlängen und Materialeigenschaften resultieren:
Zugabe von genau definierten Mengen NaOH (Hydroxid)
Ethylenoxid (= Oxiran) (Großtechnische Chemikalie)
Polymerisations- Start
Ringöffnung durch nucleophile Substitution (S N 2 Reaktion)
Polymerisations- Kette
n-fache Wiederholung
(anionische Polymerisation)
Polyethyenglykol (PEG)
Kettenabbruch (z.B. durch Zugabe von HCl)
Polyethylenglykole mit einer mittleren Molekülmasse zwischen 200 und 400 (PEG 200 – PEG 400) sind bei Raumtemperatur nichtflüchtige Flüssigkeiten. PEG 600 weist einen Schmelzbereich von 17-22°C auf und somit eine pastenartige Konsistenz. Über einer Molekülmasse von 3.000 sind die PEG feste Substanzen und werden als Schuppen oder Pulver in den Handel gebracht. Härte und Schmelzbereich steigen mit zunehmender Molekülmasse an. Durch Mischung eines festen (PEG 1500) und flüssigen PEG können wasserlösliche Produkte von salbenartiger Konsistenz hergestellt werden.
* Ethylenoxid (Oxiran) lässt sich auch Säure-katalysiert (kationisch) zu PEG polymerisieren, wie muss dann der Mechanismus aussehen? (Tipp: ein H 2 O wird als Starter benötigt!)
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Anwendungen der Ether
Kronen-Ether
Kronenether sind cyclische Ether, deren schematischer Aufbau in der Abfolge von Ethylenoxyeinheiten (CH 2 -CH 2 -O-) an eine Krone erinnert. Sie wurden von Charles Pedersen bei DuPont entdeckt, wofür er 1987 zusammen mit Jean-Marie Lehn und Donald J. Cram den Nobelpreis für Chemie ("for their development and use of molecules with structure-specific interactions of high selectivity") bekam. Interessant sind diese großen Ringe cyclischer Ether, weil sie sehr stabile Komplexe mit Metallionen bilden. Insbesondere 18-Krone-6 (ein 18-gliedriger Ring mit sechs Ether-Sauerstoffatomen darin) zeigt eine hohe Selektivität für die Komplexierung von Kaliumionen (K + ), während die kleineren Natriumionen (Na + ) um 2-3 Größenordnungen schlechter „hineinpassen“. 18-Krone-6 ist einer der einfachsten und besten Komplexbilder für K + überhaupt:
18-Krone-6 (Komplex mit Kaliumion K + )
D. J. Cram (1919-2001) Nobelpreis Chemie, 1987.
C. J. Pedersen (1904-1989) Nobelpreis Chemie, 1987.
Jean-Marie Lehn (1939-) Nobelpreis Chemie, 1987.
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Etherspaltung
Säure-katalysierte Spaltung von Ethern
+ HX H R1 O R2 R1 O R2 (X = I, Br) Saure Etherspaltung (a) X (b)
S N 2
oder
S N 1
R 1 O R 2
Mit starken Mineralsäuren (Iodwasserstoffsäure HI oder Bromwasserstoffsäure HBr) können Ether in Alkohole und Halogenalkane gespalten werden (Mechanismus der nucleophilen Substitution, S N -Reaktion):
+ HBr
+ HBr
H3C CH H 3 3C CH3 Br
R1 X + HO R2 R1 OH + X R2 HO
R 1 O R 2
Regioselektivität der Etherspaltung nach Stabilität der Carbeniumionen
da stabiler ist als H3C CH 3
tert-Butyl-Kation
da stabiler ist als CH2 Benzyl-Kation
Methyl-Kation
(siehe Kapitel 4 ? Stabilität Carbeniumionen)
Phenyl-Kation
(siehe Kapitel 6 ? delokalisierte p-Systeme)
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Redox-Reaktionen
Oxidationen und Reduktionen
Allgemeine Prinzipien:
Oxidationen
Anstieg der Oxidationszahl
Oxygenierung (Zufuhr von Sauerstoff)
Dehydrierung (Entzug von Wasserstoff)
Elektronenabgabe (Entzug von Elektronen)
anorganisch:
Oxidation
Reduktion
Eine der auffälligsten Eigenschaften der Alkohole ist ihre Oxidierbarkeit in Abhängigkeit ihrer Struktur. Oxidationen und Reduktionen treten ganz allgemein in verschiedenen Gesichtern, und ausschließlich gemeinsam (Redox- Reaktionen) auf, die aber letztendlich alle ein gemeinsames Grundprinzip besitzen: Bei der Oxidation steigt die Oxidationszahl eines Atoms, bei einer Reduktion sinkt die Oxidationszahl (jeweils in rot angegeben):*
Oxidationsmittel ? Sauerstoffdonor ? Wasserstoffakzeptor ? Elektronenakzeptor
Oxidationsmittel
reduzierte Form oxidierte Form
(wird selbst oxidiert ?)
(? wird selbst reduziert)
Reduktionsmittel
Abfall der Oxidationszahl
* Zur Bestimmung von Oxidationszahlen siehe Kapitel 1 – Struktur und Bindung.
Reduktionen
Desoxygenierung (Entzug von Sauerstoff)
Hydrierung (Zufuhr von Wasserstoff)
Elektronenaufnahme (Zufuhr von Elektronen)
Reduktionsmittel Sauerstoffakzeptor ? Wasserstoffdonor ? Elektronendonor ?
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Oxidation von Alkoholen
Oxidationsstufen des Kohlenstoffs
Die folgende Reihe zeigt den Bereich der formalen Oxidationsstufen für Kohlenstoff von links nach rechts in steigender Folge: jeder Schritt nach rechts bedeutet eine Oxidation, jeder Schritt nach links ein Reduktion:
Methan Methanol
Alkohole und Carbonylverbindungen
Oxidationen
Formaldehyd
Reduktionen
Ameisensäure
Kohlendioxid
Das Schema auf der nächsten Seite zeigt die Querbeziehungen zwischen den Stoffklassen der Alkohole und der Carbonylverbindung (Details folgen in Kapitel 11-13). Je nach Struktur des vorliegenden Alkohols (primäre, sekundäre, oder tertiäre Alkohole) ergeben sich bei deren Reduktion unterschiedliche Produkte:
? Primäre Alkohole (RCH 2 OH) lassen sich über die Stufe der Aldehyde (? RCHO) zu Carbonsäuren (? RCOOH) oxidieren – anschließend ist eine Weiteroxidation nur noch unter Spaltung von C-C-Bindungen möglich (? CO 2 ).
? Sekundäre Alkohole (R 2 CHOH) lassen nur zu Ketonen (? R 2 CO) oxidieren.
? Tertiäre Alkohole (R 3 COH) lassen sich nicht unter Erhalt des C-C-Gerüstes oxidieren.
Die Reduktionen der Carbonylverbindungen entsprechen den Umkehrreaktionen dieser Oxidationen, und sind in der Organischen Chemie und der Biochemie von zentraler Bedeutung.
* Säure-Base-Reaktionen und Redox-Reaktionen sind grundsätzlich voneinander zu trennen. Säure-Base-Reaktionen sind keine Oxidationen oder Reduktionen.
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Oxidation von Alkoholen
Alkohole und Carbonylverbindungen
primäres C-Atom primärer Alkohol
sekundäres C-Atom sekundärer Alkohol
Oxidationen
Aldehyd
R C H R R C O R R C -2 + [ O ] OH ±0 - [ 2H ] +2 H - [ O ] H R + [ 2H ]
R C R
tertiäres C-Atom tertiärer Alkohol
R = Alkyl, Aryl, etc.
R R C -1 + [ O ] OH +1 - [ O ] R R
Keton
keine Weiteroxidation ohne C-C-Spaltung
Reduktionen
Carbonsäure
keine Weiteroxidation ohne C-C-Spaltung
Beispiel:
keine Weiteroxidation ohne C-C-Spaltung
Oxidation Na 2Cr 2O 7
NaBH 4 Reduktion Cyclohexanol Cyclohexanon
? Oxidationsmittel: Natriumdichromat (Na 2 Cr 2 O 7 ? Carbonsäuren oder Ketone), Pyridiniumchlorochromat (PCC ? bevorzugt Aldehyde); biochemisch: NAD + und NADP + (siehe Kapitel 11 für Details).
? Reduktionsmittel: molekularer Wasserstoff (H 2 / Pt), Metallhydride (Natriumhydrid NaH, Natriumborhydrid NaBH 4 , Lithiumaluminiumhydrid LiAlH 4 , etc.; biochemisch: NADH und NADPH; siehe Kapitel 11 für Details)
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Derivate der Alkohole
Ester
Carbonsäuren
Schwefelsäure (H 2SO 4)
Phosphorsäure (H 3PO 4)
Säurekatalyse
- H 2O
- H 2O
- H 2O
Carbonsäureester
Schwefelsäuremonoester (Alkylsulfate)
HO P
Phosphorsäuremonoester (Alkylphosphat)
Schwefelsäurediester (Dialkylsulfate)
HO P
Phosphorsäurediester (Dialkylphosphat)
Die chemisch und biochemisch wichtigsten Derivate der Alkohole stellen die Carbonsäureester dar, die strukturell und chemisch mit den Schwefelsäure- bzw. Phosphorsäureestern eng verwandt sind. Die mechanistischen Hintergründe der Bildung von Estern aus Carbonsäuren und Alkoholen, sowie die biochemische Relevanz von Estern werden in Kapitel 12 diskutiert.
Strukturelement aller Ester
X = C, S, P
Phosphorsäuretriester (Trialkylphosphat)