Seite 13-1 Organische Chemie für Biologen - Vom Methan zu Biomolekülen 13 – Polyfunktionelle Carbonylverbindungen Empfehlung: Kapitel 23, Vollhardt/Schore, WILEY-VCH, 2005. Priv.-Doz. Dr. Stefan Immel Universität Leipzig, Wintersemester 2007/2008. Seite 13-2 Polyfunktionelle Carbonylverbindungen Hydroxycarbonsäuren, Ketocarbonsäuren und Dicarbonsäuren Glykolsäure Hydroxyessigsäure (Glykolat) ß 3 a 2 1 COOH ?-Hydroxybuttersäure 4-Hydroxybuttersäure (GHB, "Liquid Ecstasy") Milchsäure 2-Hydroxypropionsäure (Lactat) Äpfelsäure 2-Hydroxybernsteinsäure (Malat) Phenyl-Rest COOH Glykolsäure Mandelsäure Phenylglykolsäure (Phenylglykolat) Weinsäure 2,3-Dihydroxybernsteinsäure (Tartrat) COOH Salicylsäure 2-Hydroxybenzoesäure (Salicylat) Die immense Bedeutung von Carbonylverbindungen im Bereich der Biochemie rechtfertigt einen kurzen, detaillierten Blick auf einige polyfunktionelle Carbonylverbindungen – insbesondere verschieden substituierte Carbonsäuren – die zum Teil bereits in Kapitel 12 angesprochen wurden. Hydroxycarbonsäuren Hier handelt es sich um organische Säuren, die außer einer oder mehreren Carboxylgruppen zusätzlich eine oder mehrere Hydroxylgruppen enthalten. Die (IUPAC konforme) Nummerierung der Carbonsäureketten fängt am Carboxyl- Kohlenstoffatom („1“) an, während die ebenfalls gebräuchliche (allgemeinere) Positions-Bezeichnung mit griechischen Buchstaben (a, ß, ?, d, usw.) am benachbarten C-Atom startet („a“ = Position „2“, „ß“ = Position „3“, usw.; in Klammern die Trivialnamen der Salze): HO HO COOH HO COOH COOH COOH COOH HOOC COOH * HOOC * HOOC * Citronensäure (Citrat) COOH HO Gallussäure 3,4,5-Trihydroxybenzoesäure (Gallat) * Wie bei vielen Carbonylverbindungen und Carbonsäure-Derivaten herrschen auch hier allgemeinübliche Trivialnamen vor, von denen es nicht schadet sie einmal gehört zu haben. Seite 13-3 Hydroxycarbonsäuren Darstellung und Eigenschaften von Hydroxycarbonsäuren Hydrolyse von Nitrilen in Cyanhydrinen (? a-Hydroxycarbonsäuren) Aldehyd (R-CHO) NaCN, H 2O NaHSO 3 (schwache Säure) + NaHSO 3 - Na 2SO 3 Cyanhydrin (R-CH(OH)(CN)) HCl, H 2O, 12h, ? Hydrolyse a-Hydroxycarbonsäuren können z.B. durch die Hydrolyse von Cyanhydrinen (Aldehyd + HCN) dargestellt werden (siehe auch Kapitel 12): Beispiel: Benzaldehyd NaCN, H 2O + NaHSO 3 (Natriumhydrogensulfat als mittelstarke Säure zur "Aufarbeitung" der Reaktion) Cyanhydrin HCl, H 2O, 12h, ? Hydrolyse Verlängerung um ein C-Atom! OH Mandelsäure (racemisch) Eine charakteristische Eigenschaft der Hydroxycarbonsäuren ist ihre Tendenz, intramolekulare, cyclische Ester (Lactone) auszubilden, insbesondere wenn sich dabei Fünf-Ringe (?-Lactone) oder Sechs-Ringe (d-Lactone) bilden können (kleinere oder größere Ringformen sind deutlich weniger bevorzugt). So sind die Lactone die energetisch bevorzugten Formen der ?-Hydroxybuttersäure (? ?-Butyrolacton) und der d-Hydroxyvaleriansäure (? d-Valerolacton), aber auch die Glykolsäure und die Milchsäure bilden durch intermolekulare Dimerisierung leicht cyclische Sechs-Ring Lactone aus (? Glykolide und Lactide; siehe nächste Seite). Seite 13-4 Hydroxycarbonsäuren – Lactone Intramolekulare Ester-Bildung (Lactonisierung): ?-Hydroxybuttersäure (4-Hydroxybutansäure) Autokatalyse d-Hydroxyvaleriansäure (5-Hydroxypentansäure) Autokatalyse katalytisch [ H ] katalytisch [ H ] Intermolekulare Ester-Bildung (Lactonisierung durch Dimerisierung): Glykolsäure D/L-Milchsäure katalytisch [ H ] katalytisch [ H ] HO OH ("formal", aber über mehrere Zwischenstufen!) HO OH - 2 H 2O - 2 H 2O a ß ? ?-Butyrolacton - H O - H2O O bevorzugte Bildung von Fünfund Sechs-Ring-Lactonen - H - H2O O Glykolid Lactide a ß ? d d-Valerolacton Anmerkung: „Sehen“ Sie, warum es nur drei stereoisomere Lactide gibt? D/L (meso) stereoisomere Lactide Seite 13-5 Poly(hydroxycarbonsäuren) Polyester von Hydroxycarbonsäuren + H 2O kat. [ H ] Die industriell durch bakterielle Fermentation zugänglichen Lactide (cyclische Ester der Milchsäure, siehe oben), bieten die Möglichkeit, durch eine (z.B. Säure-katalysierte) Ring-öffnende Polymerisation hochmolekulare Polyester (Polylactide, PLA) mit interessanten Eigenschaften darzustellen. Die Hydrolysierbarkeit der Esterbindungen dieser Polymere, und die Biokompatibilität der zugrunde liegenden Monomer-Bausteine führt zu sehr gut bioabbaubaren Kunststoffe, die sich z.B. auf Mülldeponien schnell zersetzen und daher positive Umwelteigenschaften aufweisen.* Interessanter als die Anwendung im Verpackungsbereich dürfte die medizinische Anwendung sein. So werden aus PLA Implantate oder Wirkstoffträger hergestellt, die im menschlichen Körper abgebaut werden. Eine Knochenplatte und/oder eine Schraube aus PLA wird im Körper mit fortschreitender Heilung z. B. eines Knochenbruchs abgebaut, muss also nicht mehr in einer Zweitoperation entfernt werden. Die Resorptionsdauer kann durch das Mischungsverhältnis aus Lund D-Anteilen sowie der Kettenlänge des eingesetzten Polymers eingestellt werden. Geschäumte Körper aus PLA mit eingelagerten Wirkstoffen können diese lokal in einer definierten Zeit frei setzen. R = CH 3 Lactide (unter Vernachlässigung der Stereochemie) Polymilchsäureester (PLA) Wachstum der Polymerketten n ? n+1 n = 1 = kat. [ H ] * Weiterhin zählen die Lactide zu den „nachwachsenden Rohstoffen“, deren Herstellung CO 2 -neutral und unter Vermeidung von Rohstoffen auf Erdölbasis erfolgt (? Klimaschutz). Seite 13-6 Poly(hydroxycarbonsäuren)* Analog lassen sich andere Lactone oder Hydroxycarbonsäuren zu Polymeren umsetzen, die z.T. sehr unterschiedliche Materialeigenschaften haben. Insbesondere die Polymere aus 3-Hydroxybuttersäure (HB ? Polyhydroxybutyrat, PHB) und 3-Hydroxyvaleriansäure (HV ? Polyhydroxyvalerat, PHV) zeigen unterschiedliche Eigenschaften (PHB: hohe Sprödigkeit und Steifheit; PHV: hohe Elastizität und Dehnbarkeit). Durch Copolymerisation von HB und HV mit jeweils unterschiedlichen Anteilen der Monomere lassen sich biologisch abbaubare Kunststoffe (PHB/HV) mit maßgeschneiderten Eigenschaften für einen breiten Anwendungsbereich darstellen. 3-Hydroxybuttersäure R = CH3 3-Hydroxyvaleriansäure R = C2H5 ß R OH kat. [ H ] Poly(3-hydroxybutyrat) (PHB) Poly(3-hydroxyvalerat) (PHV) * Poly(hydroxycarbonsäuren) sind die Polymere der Hydroxycarbonsäuren, während die Polyhydroxycarbonsäuren (Achtung: Klammern!) Carbonsäuren mit mehreren OH-Gruppen sind! Seite 13-7 Hydroxycarbonsäuren – Dehydratisierung a,ß-ungesättigte Carbonsäuren ß-Hydroxycarbonsäure (3-Hydroxycarbonsäure) Eine bedeutende Eigenschaft der ß-Hydroxycarbonsäuren ist ihre allgemeine Tendenz, leicht unter Eliminierung von Wasser in a,ß-ungesättigte Carbonsäuren überzugehen. Der Vergleich mit den entsprechenden a-Hydroxycarbonsäuren zeigt, dass letztere die (nur auf den ersten Blick überraschende) Eigenschaft besitzen, viel weniger zur Dehydratisierung zu neigen, unabhängig davon ob der Mechanismus tatsächlich über E2 oder E1 verläuft:* OH O katalytisch [ H ] H O H O H O H O E2 H O H O E1 ß OH ß OH OH oder OH schnell langsam a-Hydroxycarbonsäure (2-Hydroxycarbonsäure) E2 oder E1 Eliminierung katalytisch [ H ] stark aktivierte C-H-Bindung durch die benachbarte C=O-Gruppe - H 2O - H ß a,ß-ungesättigte Carbonsäure a nicht aktivierte C-H-Bindung durch die weit entfernte C=O-Gruppe Wasser als Base Wasser als Base oder - H 2O - H benachbarte C=O-Gruppe destabilisiert das Carbeniumion weiter entfernte C=O-Gruppe destabilisiert das Carbeniumion weniger * Warum zeigen ?-Hydroxycarbonsäuren eine noch geringere Tendenz zur Dehydratisierung? Ein wichtiger Punkt ist, dass sich keine konjugierten C=C und C=O-Doppelbindungen bilden können! Seite 13-8 Hydroxycarbonsäuren – Dehydratisierung Beispiele für a,ß-ungesättigte Carbonsäuren in der Biochemie Ein Beispiel für die Dehydratisierung einer ß-Hydroxycarbonsäure zu einer a,ß-ungesättigten Carbonsäure stellt die Wassereliminierung von Äpfelsäure (Salz: Malat) hin zur Fumarsäure (Salz: Fumarat) dar, die beim Erhitzen der Äpfelsäure in Gegenwart von Säurekatalysatoren stattfindet. Die Rückreaktion – die Enzym- und Säure-katalysierte Addition von Wasser an die C=C-Doppelbindung (siehe detaillierte Beschreibung in Kapitel 5 – Alkene und Alkine) – findet im Rahmen des Citrat-Cyclus statt: (S)-Malat (Salz der Äpfelsäure) katalytisch [ H ], ? - H 2O Citrat-Cyclus Fumarat (Salz der Fumarsäure) Ein weiteres Beispiel stellt die Fettsäure-Biosynthese dar: hier werden ß-Ketocarbonsäure-Derivate (ß-Ketothioester, siehe auch unten) zunächst zu 3-Hydroxycarbonsäuren reduziert. Anschließend erfolgt die (enzymatische) Säurekatalysierte Dehydratisierung (- H 2 O) und nachfolgende Hydrierung (C=C-Doppelbindung ? C-C-Einfachbindung) zur gesättigten Carbonsäure, die der wachsenden Fettsäurekette im Anabolismus entspricht: ß-Ketocarbonsäure ACP = acyl carrier protein S ACP Reduktion S ACP Eliminierung S ACP Hydrierung S ACP ß-Hydroxycarbonsäure a,ß-ungesättigte Carbonsäure "verlängerte" Carbonsäure * Weitere Polyhydroxycarbonsäuren – nicht Poly(hydroxycarbonsäuren) – Achtung, die Klammern (!) werden in Kapitel 15 – Kohlenhydrate – diskutiert (Gluconsäuren, Glucarsäuren, Glucuronsäuren). Seite 13-9 Dicarbonylverbindungen* Ketocarbonsäuren und Dicarbonsäuren n = 0 n = 1 n = 2 Dicarbonsäuren: Oxalsäure Malonsäure Bernsteinsäure (Oxalat) (Malonat) (Succinat) HOOC HOOC Acetyl-Rest Essigsäure Oxalsäure-Rest Essigsäure Acetessigsäure 3-Oxobuttersäure oder 3-Ketobuttersäure (Acetylacetat) COOH Fumarsäure (Fumarat) COOH Maleinsäure (Maleinat) HO 1 COOH o COOH m p Phthalsäure Isophthalsäure Terephthalsäure Dicarbonylverbindungen, insbesondere a- und ß-Ketocarbonsäuren (= Oxocarbonsäuren) und verschiedene Di- oder Tricarbonsäuren spielen in biologischen Prozessen eine wichtige Rolle. Für eine umfassendere Zusammenstellung siehe auch Kapitel 12 (Carbonsäuren) oder Anhang B (Trivialnamen), hier nur einige wichtige Vertreter deren Eigenschaften kurz besprochen werden sollen: Oxalsäure-Rest Bernsteinsäure (Phthalat) (Isophthalat) (Terephthalat) * Unter dem Begriff „Dicarbonylverbindungen“ möchte ich hier Verbindungen zusammenfassen, die mindestens zwei Carbonylgruppen (C=O) aufweisen. Seite 13-10 ß-Carbonylcarbonsäuren – Decarboxylierung ß-Carbonylcarbonsäuren Rotation um C-C-Einfachbindung ß-Carbonylcarbonsäure Decarboxylierung über eine konzertierte "Retro-En-Reaktion" ? Abspaltung von Kohlendioxid - CO 2 ? nachfolgende "Keto-Enol"- Tautomerie Ein auffälliges Merkmal aller ß-Carbonylcarbonsäuren* ist, dass alle Verbindungen dieses Typus leicht zur Abspaltung von Kohlendioxid (? CO 2 ) unter Verlust der Carboxylgruppe (? Decarboxylierung) neigen. Diese in der Natur sehr häufige Reaktion, die zum Verlust eines einzelnen Kohlenstoffatoms in Form von CO 2 (gasförmiges Reaktionsprodukt) führt, läuft über einen sechsgliedrigen Übergangszustand ohne weitere Zwischenstufe ab: elektrocyclische Umlagerung Enol-Form Keto-Form Carbonylverbindung Erkennen man die Reaktion oft einfach am Verlust eines Kohlenstoffatoms (? CO2 ), das aus freien Carbonsäuren (nur R–COOH – nicht deren Estern!) abgespalten wird, wenn in ß-Position eine (fast beliebige) Carbonylgruppe (C=O in Aldehyden, Ketonen, Carboxylat, Thioester, etc.) vorliegt! Die Decarboxylierung findet vor allem bevorzugt beim leichten erwärmen oder gar erhitzen (> ca. 100-150°C) von ß-Carbonylcarbonsäuren statt; Enzym-katalysierte, biochemische Decarboxylierungen (siehe unten) laufen auch bei Körpertemperatur schnell ab. Diese Reaktion ist immer irreversibel, da CO2 als gasförmiges Reaktionsprodukt die Reaktionslösung verlässt. Außerdem findet in der Regel anschließend (als Folgereaktion der eigentlichen, konzertiert ablaufenden Decarboxylierung!) eine Umlagerung des Decarboxylierungsprodukts über eine Keto-Enol-Tautomerie (siehe Kapitel 11) statt. Anmerkung: diese Reaktion gehört – ähnlich wie die Diels-Alder-Reaktion – zur Gruppe der elektrocyclischen (genau: pericyclischen) Reaktionen, bei der in einer konzertierten (d.h. gleichzeitig) erfolgenden Reaktion sechs Elektronen cyclisch verschoben werden. Die Produktbildung erfolgt ohne Zwischenstufe. Die hier gezeigte Decarboxylierung ist ein in der Biochemie sehr wichtiger Prozess. Mechanistisch stellt diese Reaktion aber nur den Spezialfall einer „Retro-En- Reaktion“ dar, wobei die gesamte Klasse dieses Reaktionstypus hier nicht besprochen werden soll. * Dieser Begriff hier umfasst alle Carbonsäuren, die in der ß-Position eine weitere C=O-Gruppe besitzen; dazu gehören unter anderem ß-Ketocarbonsäuren und auch 1,3-Dicarbonsäuren. Seite 13-11 ß-Carbonylcarbonsäuren – Decarboxylierung ß-Carbonylcarbonsäure Die Gesamtreaktion der Decarboxylierung lässt sich wie folgt zusammenfassen. Erwähnenswert ist, dass die Reaktion die freie Carbonsäure erfordert, und unter „normalen“ Bedingungen nicht an den entsprechenden Estern abläuft. In der Konsequenz sind ß-Carbonylcarbonsäureester deutlich stabiler als die ß-Carbonylcarbonsäuren: Gesamtreaktion der Decarboxylierung: - CO 2 ? Carbonylverbindung Nicht bei: Carbonsäureester Bei etwas erhöhter Temperatur (> ca. 150°C) spalten auch die Salze der ß-Carbonylcarbonsäuren (ß-Carbonylcarboxylate) leicht CO2 ab, die Produkte sind die gleichen wie oben beschrieben: Abgangsgruppe ? Enolat ß-Carbonylcarboxylat Nicht bei: keine Abgangsgruppe ? Carbanion "normales" Carboxylat ? Abspaltung von Kohlendioxid Carbanion - CO 2 ? Enolat nachfolgende "Keto-Enol"- Tautomerie Enol-Form Keto-Form Carbonylverbindung Der Vergleich mit „normalen“ Carbonsäuren zeigt, warum diese nicht zur Decarboxylierung neigen: das resultierende Carbanion (pK s (R-H) >> 40) wäre eine extrem schlechte Abgangsgruppe und wird daher nicht abgespalten! Seite 13-12 ß-Carbonylcarbonsäuren – Decarboxylierung Beispiele zur Decarboxylierung von ß-Carbonylcarbonsäuren ß-Carbonylcarbonsäure: ß OH H ß 3C O Acetyl-Rest Essigsäure Acetessigsäure 3 1 OH HO ß O - CO 2 ? - CO 2 ? Die folgenden Beispiele zur thermischen Decarboxylierung von Acetessigsäure (? Aceton + CO 2 ) und Malonsäure (? Essigsäure + CO 2 ) zeigen das Reaktionsprinzip – achten Sie auf die unterschiedlichen ß-Carbonylcarbonsäure Strukturelemente: 1,3-Dicarbonsäure: Malonsäure ß-Carbonylcarbonsäure: ß OH ß O - CO 2 ? Enol-Form Keto-Form Aceton Enol-Form der Essigsäure! Keto-Form Essigsäure Enol-Form von Cyclohexanon! Keto-Form Cyclohexanon * Den immer exakt analogen Mechanismus erkennen Sie an diesem Formelschema (copy & paste!). Man muss nur das gemeinsame Strukturelement der ß-Carbonylcarbonsäuren erkennen. Seite 13-13 ß-Carbonylcarbonsäuren – Decarboxylierung Brenztraubensäure und Pyruvat Traubensäure = Wein(trauben)säure Keto-Form ? , + H KHSO 4 = ß-Hydroxycarbonsäure Brenztraubensäure = "gebrannte Traubensäure" Enol-Form - H 2O Säure-katalysierte Dehydratisierung Enol-Form Keto-Form "Keto-Enol"- Tautomerie Der allgemein übliche Trivialname der Brenztraubensäure und ihrer Salze (den Pyruvaten) leitet sich von einer sehr einfachen – aber leicht übersehenen – chemischen Reaktion ab: beim „brenzen“ (= alte Bezeichnung für das „trockene Erhitzen“) von „Traubensäure“ (= Wein(trauben)säure, da aus Weintrauben isolierbar!) entsteht „Brenztraubensäure“ (lat.: acidum pyruvicum, „gebrannte Säure“; vor allem wenn das „brenzen“ Säure-katalysiert in Gegenwart von saurem Kaliumhydrogensulfat KHSO4 , dem einfachen Salz der Schwefelsäure durchgeführt wird ? K + + H + 2- + SO4 ; pKs = 2.0). Die Reaktion ist nichts anderes als eine Kombination der oben beschriebenen Säure-katalysierten Dehydratisierung einer ß-Hydroxycarbonsäure, mit einer anschließenden Keto-Enol-Tautomerie und einer Decarboxylierung einer ß-Ketocarbonsäure: KHSO 4 - H2O - CO2 ? = a-Ketocarbonsäure "Brenzen" von Traubensäure (ohne Stereochemie) "Keto-Enol"- Tautomerie - CO 2 ? Decarboxylierung = ß-Ketocarbonsäure Rotation um C-C-Einfachbindung HO Oxalessigsäure Oxalessigsäure * Die zentrale Bedeutung von Pyruvat in der Biochemie liegt u.a. in der Verbindung von Glycolyse und Citrat-Cyclus. Fragen Sie einmal Biochemiker nach dem Wortstamm von Pyruvat! (Ergebnis = ?) Seite CoA 13-14 ß-Carbonylcarbonsäuren – Decarboxylierung Biochemische Decarboxylierungen (2R,3S)-Isocitrat Succinyl-S-CoA Anion der Bernsteinsäure Oxalsäure-Rest = Succinat Oxidation O ß O + H Isocitrat- Dehydrogenase NAD + ? H + + NADH radikalische Oxalsuccinat (= ß-Ketocarbonsäure) - CO 2 ? Umlagerung O O + H CoA S ß O Methylmalonyl-S-CoA (= ß-Carbonylcarbonsäure) - CO 2 ? Enol-Form nachfolgende "Keto-Enol"- Tautomerie nachfolgende "Keto-Enol"- Tautomerie Das letzte Beispiel des „brenzens“ der Weinsäure zeigt implizit gleichzeitig die biochemische Decarboxylierung von Oxalessigsäure zur Brenztraubensäure (in Form der Salze: Oxalacetat ? Pyruvat). Weitere Beispiele aus biologischen Stoffwechselprozessen sind hier die Decarboxylierung von Oxalbernsteinsäure zu 2-Ketoglutarsäure (im Citrat-Cyclus Oxalsuccinat ? 2-Ketoglutarat ? Aminosäurestoffwechsel)*, und die Methylmalonyl-S-CoA Decarboxylierung zu Propionyl-S-CoA im Verlauf der Propionsäuregärung: Thioester der Bernsteinsäure = Succinat Methylmalonyl- CoA-Mutase (Vitamin B12 abhängig) Thioester der Malonsäure = Malonat Enol-Form Keto-Form 2-Ketoglutarat CoA CH3 S Propionyl-S-CoA Thioester der Propionsäure = Propionat (Keto-Form) * Diese Decarboxylierung erfolgt sofort nach der Oxidation von Isocitrat direkt in Bindungstasche der Isocitrat-Dehydrogenase, und wird durch ein Mn 2+ -Ion zur Ladungskompensation katalysiert. Seite 13-15 ß-Carbonylcarbonsäuren – Decarboxylierung Biochemische Decarboxylierungen – ein detaillierter Enzym-Mechanismus Acetyl-Rest Anion der Essigsäure = Acetat Acetylacetat (ß-Ketocarboxylat) protoniertes Imin - CO 2 ? Da Carbonsäuren bei physiologischen pH-Werten als Carboxylate (Anionen) vorliegen, die nach dem oben beschrieben Mechanismus anionisch (nicht konzertiert) decarboxylieren, hat die Natur einen „Trick“ in der Enzymkatalyse eingebaut, damit diese Reaktion bei „moderaten“ Temperaturen (Körpertemperatur) abläuft: das unten stehende Beispiel der Decarboxylierung von Acetylacetat zeigt, dass die ß-Ketogruppe zunächst in ein Imin (= Schiff‘sche Base, siehe Kapitel 11)* überführt wird. Protonierung am Stickstoffatom (? basische Gruppe!) erhöht den Elektronenzug an der benachbarten Carboxylatgruppe, und ermöglich die Decarboxylierung unter Freisetzung von CO 2 . Abschließende Hydrolyse des Imins regeneriert den Katalysator (d.h. das Enzym) und setzt die Reaktionsprodukte frei: Acetylacetat-Decarboxylase Enzym NH 2 - H 2O Decarboxylierungsprodukt Enzym Imin (Schiff'sche Base) Aceton Protonierung des Imins Enzym NH 3 Hydrolyse des Imins + H 2O Enzym protoniertes Imin verstärkter Elektronenzug durch die positive Ladung ? Decarboxylierung nachfolgende "Imin-Enamin"-Tautomerie analog der "Keto-Enol"-Tautomerie Enzym Enamin Enzym Enzym * Die in Kapitel 11 sehr detailliert beschriebenen Reaktionen der Carbonylverbindungen werden hier vorausgesetzt. Vergleichen Sie diesen Mechanismus hier mit der nicht-enzymatischen Variante oben! Imin Seite 13-16 a-Carbonylcarbonsäuren – Reaktivität a-Carbonylcarbonsäuren Enzym a-Carbonylcarbonsäure NH 2 + H - H2O Enzym Imin (Schiff'sche Base) Pyridoxaminphosphat (aus Vitamin B 6) NH 2 a-Carbonylcarbonsäuren (eine C=O-Gruppe in direkter Nachbarschaft zur einer Carboxylgruppe) stellen ebenfalls wichtige Stoffwechselintermediate dar. Durch den Elektronenzug der Carboxylgruppe ist die Carbonylgruppe in a- Position hochreaktiv gegenüber Nucleophilen, und insbesondere mit Aminen bilden sich sehr leicht die stabilen Imine (Biochemie: ? Transaminierung im Aminosäurestoffwechsel unter Beteiligung von Pyridoxamin und Pyridoxalphosphat, vgl. auch Kapitel 11 – Carbonylverbindungen und Imine in der Biochemie): Reaktion von a-Carbonylcarbonsäurederivaten mit Nucleophilen in der Biochemie: a-Ketocarbonsäuren a-Aminosäuren Transaminierung Trotz der hohen Reaktivität der a-Carbonylcarbonsäuren gegenüber Nucleophilen, ist die im Vergleich zu den ß- Carbonylcarbonsäuren (siehe oben) deutlich geringere Decarboxylierungs-Tendenz bemerkenswert. Allgemein können a-Carbonylcarbonsäuren nicht nach den oben beschriebenen Mechanismen decarboxyliert werden: NH 2 Imin Seite 13-17 a-Carbonylcarbonsäuren – Oxidative Decarboxylierung Oxidative Decarboxylierung von a-Carbonylcarbonsäuren Der direkte Vergleich von a- und ß-Carbonylcarbonsäuren zeigt, warum letztere so viel leichter zu decarboxylieren sind (vergleichen Sie dieses Reaktivitätsmuster mit dem oben zu den Hydroxycarbonsäuren genannten Unterschieden): a-Carbonylcarbonsäuren: ß-Carbonylcarbonsäuren: nicht möglich, wegen Oktett-Überschreitung am Sauerstoffatom oder auch nicht möglich, weil das resultierende Acyl-Anion eine extrem schlechte Abgangsgruppe ist - CO 2 ? Acyl-Anion, das NICHT Mesomeriestabilisiert ist (E.-Paar im sp 2-Orbital!) ß O Decarboxylierung über eine konzertierte "Retro-En-Reaktion" elektrocyclische Umlagerung ? Abspaltung von Kohlendioxid keine einfache Decarboxylierung leichte Decarboxylierung Um diese in der Biochemie allerdings oft nötige Decarboxylierung von a-Carbonylcarbonsäuren dennoch zu ermöglichen, hat sich die Natur einen besonderen Trick einfallen lassen: die „oxidative Decarboxylierung“, die nicht mit der „normalen“ Decarboxylierung verwechselt werden soll (siehe Formelschema auf der nächsten Seite). Der Mechanismus der Reaktion ist jedoch wesentlich komplizierter als die Reaktion vermuten lässt. Thiaminpyrophosphat (TPP), Liponamid und FAD dienen als katalytische Cofaktoren neben den stöchiometrischen Cofaktoren CoA und NAD + . Eine detaillierte Diskussion soll hier nicht geführt werden, jedoch sollen an verschiedenen Formelschemata die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der „oxidativen“ und der „normalen“ Decarboxylierung aufgezeigt werden. Denken Sie während der Biochemie-Vorlesung an dieses Skript hier – und Sie werden hier viele Dinge sehen die in den Lehrbüchern der Biochemie nicht in diesem Vergleich zu finden sind: Seite 13-18 a-Carbonylcarbonsäuren – Oxidative Decarboxylierung a-Carbonylcarbonsäuren: a-Kohlenstoffatom: Oxidationsstufe eines Ketons (+2) + CoA-SH - 2 [H] - CO 2 ? S CoA a-Kohlenstoffatom: Oxidationsstufe eines Thioesters (+3) "oxidative" Decarboxylierung unter gleicherzeitiger Übertragung des Acyl-Restes (RC=O) auf Coenzym A mit R = CH3 Glycolyse: Pyruvat Acetyl-S-CoA = H2 C O O Citrat-Cyclus: 2-Ketoglutarat Succinyl-S-CoA ß-Carbonylcarbonsäuren: ß-Kohlenstoffatom: Oxidationsstufe eines Ketons (+2) - CO 2 ? ß-Kohlenstoffatom: Oxidationsstufe eines Ketons (+2) "normale" Decarboxylierung Zentraler Cofaktor der oxidativen Decarboxylierung ist das Thiaminpyrophosphat (TPP) mit dem katalytisch aktiven Thiazolium-Ring (am N-Atom substituierte Form des Thiazols). Durch die Nachbarschaft des Stickstoffs und vor allem des Schwefels wird das Ringproton relativ acide, so dass der Fünf-Ring-Heteroaromat an dieser Stelle mit Basen deprotoniert werden kann:* O H3C N S H P O O O P Thiaminpyrophosphat O (TPP, Vitamin B1) O O H2N N N CH3 Thiazolium-Ring H3C R2 N R1 - H Zwitterion H3C R2 N R1 Pyrophosphat S H + H S Thiazolium-Ring * „Normale“ Aromaten sind nicht auf diese Art und Weise deprotonierbar, da das Carbanion (Ladung im sp 2 -Orbital!) nicht Mesomerie-stabilisiert wäre. Besonderheit ist hier das S-Atom mit d-Orbitalen! nucleophiles Carbanion! Seite 13-19 a-Carbonylcarbonsäuren – Oxidative Decarboxylierung a-Carbonylcarbonsäuren: ß-Carbonylcarbonsäuren: R 2 nucleophiles Carbanion! Zwischenstufe der Enzymkatalyse In der Folge greift das Thiazolium-Carbanion die a-C=O-Gruppe einer a-Carbonylcarbonsäure nucleophil an. Die resultierende Spezies ist direkt vergleichbar mit exakt dem Iminiumion, das im Verlauf der Enzym-katalysierten Decarboxylierung von ß-Carbonylcarbonsäuren (Detailbeschreibung oben) aufgetreten ist (siehe Farbgebung der entsprechenden Molekülfragmente)! Die nachfolgenden Decarboxylierungen laufen nach exakt dem gleichen Muster ab! (Anmerkung: Genau genommen werden die a-Carbonylcarbonsäuren mittels TPP so „umgepolt“ – das wird wirklich so genannt – dass ihre Reaktivität der von ß-Carbonylcarbonsäuren entspricht – machen Sie sich einmal „frei“ von dem ganzen „Gefussel“ das noch an den Molekülen dranhängt, und Sie werden den Einfallsreichtum der Evolution und der Natur erkennen und bewundern lernen. Und die Tatsache das Thiaminpyrophosphat in allen pflanzlichen und tierischen Zellen vorkommt, und auch als Cofaktor der Transketolasen fungiert, zeigt, dass diese clevere Entwicklung der Natur bereits sehr alt sein muss): Decarboxylierung Dies ist nur der erste – aber wichtigste – Schritt der Decarboxylierung von a-Carbonylcarbonsäuren. Drei weitere Reaktionsschritte sind nötig, um TPP zu regenerieren und den Acyl-Rest auf das Coenzym A zu übertragen. Seite 13-20 a-Carbonylcarbonsäuren – Oxidative Decarboxylierung oxidative Decarboxylierung von a-Carbonylcarbonsäuren: Pyruvat - CO 2 ? Decarboxylierung SH SH S SH Nur der Übersicht halber, hier der vollständige Reaktionscyclus der oxidativen Decarboxylierung am Beispiel der Pyruvat-Dehydrogenase (R = CH 3 ; Pyruvat ? Acetyl-S-CoA): TPP-Ylid Thiaminpyrophosphat (TPP) irreversibel Liponsäure NAD NADH + H FADH 2 Dihydroliponsäure FAD S CoA Acetyl-S-CoA Umesterung von Thioestern S CoA Coenzym A Seite 13-21 Polyfunktionielle Carbonylverbindungen – Der Citrat-Cyclus Anregung zum Nachdenken OOC O COO Oxalacetat OOC HO COO COO Citrat H2O OOC cis-Aconitat COO COO H2O OH COO OOC COO Malat Isocitrat OH Fumarat OOC COO Succinat 2-Ketoglutarat O CO2 OOC COO Succinyl-S-CoA OOC COO CoA-S COO O O CO2 NAD + NADH/H + NAD H2O FADH2 FAD CoA-SH GTP GDP + Pi CoA-SH + NADH/H + Die vielen biochemischen Beispiele in diesem Kapitel zeigen, dass polyfunktionelle Carbonylverbindungen wichtige Stoffwechselintermediate sind, und dass hier insbesondere der Citrat-Cyclus die zentrale Stoffwechsel-Drehscheibe darstellt, von dem viele Wege des Metabolismus abzweigen. An diesem Punkt soll festgehalten werden, Pyruvat dass bisher in der Vorlesung alle Reaktionen des Citrat-Cyclus wenigstens prinzipiell diskutiert wurden – mit einer Ausnahme, die bisher nur als Analogon bekannt ist. Diese letzte Reaktion wird im verbleibenden Teil dieses Kapitels diskutiert. Analysieren Sie CO2 CoA-SH CoA-SAc einmal die Reaktionen die ablaufen müssen, und denken Sie einmal über die prinzipiellen Reaktionsmechanismen der Organischen Chemie nach (nicht über die detaillierten Schritte der Enzymkatalyse, nur über den grundlegenden Reaktionstyp). Welches ist Citrat-Cyclus die bisher nicht behandelte Reaktion? Eine stichpunkt-artige Auflösung findet sich am Ende dieses Kapitels. Sehr interessant ist die Stereochemie des Citrat-Cyclus, und ihre Implikationen und Schwierigkeiten zur Zeit der Endeckung (1937) durch H. Krebs. Bei der wievielten Runde verlassen die Acetyl-S-CoA C-Atome den Cyclus wieder als CO2 ? Die Frage ist – meiner Meinung nach – sehr interessant und ganz sicher nicht trivial! OOC COO NAD + NADH/H + Oxalsuccinat ß COO OOC a COO Seite 13-22 Claisen-Kondensation Die „Aldol“-analoge Reaktion der Ester: Die Claisen-Kondensation* Als Claisen-Kondensation wird die Basen-induzierte Reaktion zwischen zwei Estern bezeichnet, die zu 1,3- Dicarbonylverbindungen (ß-Ketoestern) führt. Analog zur Aldol-Addition wird auch hier die Reaktion durch Deprotonierung in a-Stellung zur Carbonylgruppe unter Ausbildung des korrespondierenden Ester-Enolats gestartet. Das Enolat greift wiederum ein anderes Estermolekül nucleophil an, wobei die C-C-Verknüpfung („Dimerisierung“) stattfindet. Nach anschließender Abspaltung (Kondensation) eines Alkoholat-Restes aus der Esterfunktion (in der Summe eine nucleophile Acylsubstitution, siehe Kapitel 12 – Carbonsäuren und Carbonsäure-Derivate) bildet sich der ß-Ketoester, hier am Beispiel der Claisen-Kondensation von Essigsäureethylester (? Acetessigester**) gezeigt: pK s ˜ +25 Essigsäureethylester formal: Dimerisierung + NaOEt O Na O Na O O - EtOH - NaOEt pK s (Ethanol) ˜ +16 - EtOH Endprodukt (ß-Ketoester) neu gebildete C-C-Bindung Acetessigsäureethylester (= Acetessigester) nucleophiler Angriff auf ein weiteres Ester-Molekül Ester-Enolat Mesomerie Saure, wässrige Aufarbeitung (? Protonierung des Enolats) Acylsubstitution irreversible Deprotonierung ? Triebkraft der gesamten Claisen-Kondensation 1,3-Dicarbonyl-Verbindung (ß-Ketoester) + NaOEt - EtOH pK s ˜ +16 vorläufiges Endprodukt, das nach der Reaktion in Lösung vorliegt ß 3 1 pK s ˜ +10-11 Verbrauch von 1 Equiv. der Base * Die Claisen-Kondensation ist nicht zu verwechseln mit der Claisen-Umlagerung (? Kapitel 6). ** Zur Ableitung des Namens der Acetessigsäure siehe oben. Seite 13-23 Claisen-Kondensation Analog zur Aldol-Addition ist auch Claisen-Kondensation bis zur ersten Bildung des ß-Ketoesters eine vollständig reversible Reaktion – die Rückreaktion ist als Retro-Claisen-Reaktion bekannt. Beachten Sie die bis hier sehr ungünstige Gleichgewichtslage für die normale Claisen-Kondensation (Schema oben, oder im Schema unten, der erste zusammengefasste Schritt): dieser gesamte erste Schritt ist endotherm, und besonders ungünstig ist die Deprotonierung des anfangs vorliegenden Esters (pK s -Wert von Essigsäureethylester ˜ +25) durch Ethanolat (pK s von EtOH ˜ +16; d.h. Ethanolat ist als Base eigentlich zu schwach, EtOH wäre die stärkere Säure!). In dieser ersten Stufe wird NaOEt nur katalytisch benötigt: kat. NaOEt O O - EtOH pK s ˜ +25 Essigsäureethylester pK s (Ethanol) ˜ +16 pK s ˜ +10-11 1 Equiv. NaOEt - EtOH Als 1,3-Dicarbonylverbindung ist der aus der Claisen-Kondensation resultierende ß-Ketoester aber wesentlich stärker C-H-acide als der Ausgangs-Ester (jetzt wirken zwei Carbonylgruppen aktivierend auf die mittlere CH2-Gruppe; pKs-Wert von Acetessigester ˜ +11). Die Folge ist eine schnelle und vor allem irreversible Deprotonierung durch Ethanolat (Verbrauch von einem Equivalent Base, kein Katalysator!). Diese letzte Deprotonierung zieht das vorgelagerte ungünstige Gleichgewicht nach, und liefert das eigentliche, in Lösung vorliegende Endprodukt der Claisen- Kondensation. Erst bei der wässrigen Aufarbeitung der Reaktionslösung unter Zugabe von Säure erfolgt Reprotonierung zum isolierbaren Reaktionsprodukt, dem neutralen ß-Ketoester. Bei der Wahl der Base muss die Gefahr der Umesterung des Ausgangsesters beachtet werden (siehe Kapitel 12 zur ausführlichen Beschreibung von Umesterungen). Es bietet sich an, als Base das Alkoholat einzusetzen, dass auch im Ester vorhanden ist (z. B. bei Ethylestern R-COOEt wird als Base NaOEt im Lösungsmittel EtOH verwendet, bei Methylestern R-COOCH3 entsprechend NaOCH3 / CH3OH). Damit stellt sich der vollständige Mechanismus der Claisen- Kondensation wie auf der nächsten Seite abgebildet dar: vorläufiges Endprodukt Aufarbeitung Endprodukt (ß-Ketoester) neu gebildete C-C-Bindung Acetessigsäureethylester (= Acetessigester) Seite 13-24 Claisen-Kondensation – Detaillierter Mechanismus Dynamischer Austausch der Ester-Reste: Einziger Ausweg: Deprotonierung in a-Position zu C=O (C-H-acide Position): Bildung eines Ester-Enolats: nucleophiler Angriff auf ein weiteres Ester-Molekül Nucleophile Acylsubstitution: Edukt pK s ˜ +25 pK s ˜ +15-16 neu gebildete C-C-Bindung ? ß-Ketoester hier ungünstige Gleichgewichtslage (pK s-Werte!), aber der letzte Schritt zieht die gesamte Reaktion nach! Endprodukt Mesomerie Ester-Enolat identische Produkte ? kein Gesamtumsatz 1,3-Dicarbonyl- Verbindung R' H pK s ˜ +10-11 Verbrauch von 1 Equivalent Base pK s ˜ +15-16 irreversible Deprotonierung ? Triebkraft der gesamten Claisen-Kondensation usw. Mesomerie primäres Produkt der Claisen- Kondensation (liegt nach der Reaktion in der Lösung vor!) R' H 2O / + H Saure, wässrige Aufarbeitung (? Protonierung des Enolats) 13-25 Vergleich der Claisen-Kondensation und Aldol-Addition Claisen-Kondensation: pK s ˜ +25 Essigsäureethylester + NaOEt - EtOH nucleophile Acylsubstitution irreversible Deprotonierung ? Verbrauch von 1 Equivalent Base (kein Katalysator) Abgangsgruppe vorhanden kein neues Chiralitätszentrum 1,3-Dicarbonyl-Verbindung (ß-Ketoester) nucleophiler Angriff auf ein weiteres Ester-Molekül - NaOEt + NaOEt - EtOH Ester-Enolat ß 3 1 Verbrauch von 1 Equiv. der Base vorläufiges Endprodukt Aldol-Addition: pK s ˜ +16 Acetaldehyd + NaOEt - EtOH nucleophile Addition keine weitere Deprotonierung ? kein Verbrauch der Base (nur Katalysator) keine Abgangsgruppe vorhanden neu generiertes Chiralitätszentrum 3-Hydroxycarbonyl-Verbindung (ß-Hydroxyaldehyd) nucleophiler Angriff auf ein weiteres Aldehyd-Molekül + EtOH - NaOEt (Aldol-Addition analog mit Ketonen (? Hydroxyketone) Enolat ß 3 1 * Die Claisen-Kondensation verläuft unter Abspaltung (? Kondensation) eines Alkoholats (Acylsubstitution), die Aldol-Addition verläuft ohne Abspaltung eines Restes (? Addition). Seite 13-26 Varianten der Claisen-Kondensation Gemischte und intramolekulare Claisen-Kondensation Wie im Fall der Aldol-Reaktion, so gibt es auch von der Claisen-Kondensation eine Reihe von Varianten, wie z.B. die Kondensation zwischen zwei verschiedenen Ester-Molekülen („gemischte“ oder „gekreuzte“ Claisen-Kondensation).* Häufig führen diese Reaktionen aber zu Produktgemischen, wenn nicht besondere Voraussetzungen erfüllt sind (z.B. wenn einer der zwei eingesetzten Ester keine a-H-Atome hat, die abgespalten werden können, wie z.B. Benzoesäureester), auf die hier aber nicht im Detail eingegangen werden soll. Interessant ist aber die intramolekulare Claisen-Kondensation zwischen zwei Estergruppierungen ein und desselben Moleküls, die genau wie die intramolekulare Aldol-Reaktion (siehe Kapitel 11) zu cyclischen Produkten führt. Diese intramolekulare Variante wird allgemein auch als Dieckmann-Cyclisierung oder Dieckmann-Kondensation bezeichnet, der Mechanismus entspricht exakt den oben gegebenen Beschreibungen. Bevorzugt werden hier 5-, 6- und auch 7-Ringe gebildet: H3CO O Adipinsäuredimethylester + NaOCH 3 - CH 3OH OCH 3 OCH 3 OCH 3 ? 5-Ring Aufarbeitung - NaOCH3 H2O / + H usw. OCH 3 Pimelinsäuredimethylester OCH 3 * Die oben beschriebene Claisen-Kondensation von Essigsäureethylester ist der einfachere, symmetrische Fall dieses Reaktionstyps. + NaOCH 3 - CH 3OH OCH 3 OCH 3 ? 6-Ring Aufarbeitung - NaOCH3 H2O / + H usw. OCH 3 Seite Base-H Base 13-27 Biochemische Claisen-Kondensation Der Mevalonat-Biosyntheseweg Cys S Cys SH S Cys CoA S CoA SH Cys SH Cys S Claisen- Kondensation Cys S Der erste Schritt in der Biosynthese von Mevalonat ist eine Claisen-Kondensation von zwei Molekülen Acetyl-S- CoA zu Acetoacetyl-S-CoA unter Freisetzung von einem Equivalent Coenzym A. Diese Reaktion wird durch die Acetoacetyl-CoA-Acetyl-Transferase katalysiert, also die gleiche Art von Enzym, das (wenn auch als Umkehr-Reaktion) im Fettsäure-Abbau die Retro-Claisen-Kondensation im letzten Schritt der ß-Oxidation katalysiert (siehe unten). Bemerkenswert ist, dass diese Kondensation direkt abläuft und keine Carboxylierung zu Malonyl-S-CoA durchlaufen wird, so wie sie in der Fettsäure-Synthese stattfindet (siehe unten). Wie unten dargestellt, wird zunächst eine Acetylgruppe von Acetyl-S-CoA auf eine Cystein-SH-Gruppe übertragen (Umesterung von Thioestern ? Freisetzung von Coenzym A). Die Bildung eines Thioester-Enolats aus einem zweiten Molekül Acetyl-S-CoA und anschließende Claisen-Kondensation ergibt das Reaktionsprodukt (Edukte: schwarze Boxen; Produkte: orange Boxen):* Acetyl-S-CoA Umesterung von Thioestern Coenzym A Mechanismus der Enzymkatalyse Thioester-Enolat Acetyl-S-CoA Terpene Acetoacetyl-S-CoA (R)-Mevalonat Isopentenyl-PP * Acetoacetyl ist eine Vorstufe von (R)-Mevalonat (2 Stufen), von dort aus beginnt die Biosynthese von Isopentenylpyrophosphat (? Terpene). Und Terpene haben wir schon mehrfach kennen gelernt. 13-28 Biochemische Retro-Claisen-Kondensation Der Fettsäure-Abbau Der letzte Schritt der ß-Oxidation des Fettsäure-Abbaus stellt mechanistisch eine Retro-Claisen-Kondensation dar, die in exakt der umgekehrten Art und Weise abläuft wie die oben beschriebene Synthese von Acetoacetyl-S-CoA. Katalysiert durch die ß-Ketoacyl-CoA-Thiolase erfolgt die Spaltung eines ß-Ketothioesters in ein Equivalent Acetyl-S- CoA, sowie ein Equivalent Acyl-S-CoA mit einer (im Vergleich zum Ausgangsmaterial) um zwei Kohlenstoffatome verkürzten Kette. Mehrfache Wiederholung des gesamten Reaktionscyclus der ß-Oxidation führt somit zu einem vollständigen Abbau der Fettsäureketten zu Acetyl-S-CoA (Edukte: schwarze Boxen; Produkte: orange Boxen):* ß-Ketoacyl-S-CoA Thioester-Enolat Acetyl-S-CoA Mechanismus der Enzymkatalyse Umesterung von Thioestern Coenzym A Acyl-S-CoA Anmerkung: In beiden Reaktionen (Claisen- wie auch Retro-Claisen-Kondensation) sind jeweils zwei Enzym-Cystein- Reste am Katalysecyclus beteiligt. * Im letzten Schritte des Fettsäure-Abbaus entstehen dann zwei Equivalente Acetyl-S-CoA. Vergleichen Sie dieses Schema mit dem auf der vorherigen Seite. Es ist die Umkehrreaktion! Base-H Base Seite 13-29 Biochemische Retro-Claisen-Kondensation Der Fettsäure-Abbau* Acyl-S-CoA ß-Oxidation (3 Schritte) ß-Oxidation (3 Schritte) ß-Ketoacyl-S-CoA ß-Oxidation (3 Schritte) ß-Oxidation (3 Schritte) S CoA S CoA S CoA S CoA Acyl-S-CoA * Die Spirale des Fettsäure-Abbaus. S CoA S CoA S CoA Retro-Claisen Kondensation Retro-Claisen Kondensation Retro-Claisen Kondensation Retro-Claisen Kondensation Acetyl-S-CoA Seite 13-30 Biochemische Claisen-artige Kondensation Die Fettsäure-Synthese Das Reaktions-Schema der Fettsäure-Synthese (? Claisen-Kondensation) in lebenden Zellen ist eng verwandt mit dem Schema des Fettsäure-Abbaus (? ß-Oxidation und Retro-Claisen-Kondensation wie oben beschrieben), stellt aber nicht die direkte Umkehrung dar. Die Unterschiede im Detail dienen zum einen der Möglichkeit zur Kontrolle durch unterschiedliche regulatorische Mechanismen, zum anderen muss die bei der Synthese notwendige Claisen- Kondensation und ihre ungünstige Gleichgewichtslage an einen irreversiblen Schritt gekoppelt werden, damit sie exergonisch ablaufen kann. Die Einstiegsreaktion zur Fettsäure-Synthese ist „formal“ die Dimerisierung von Acetyl-S-ACP (ACP = Acyl Carrier Protein, auch hier ist der Acetyl-Rest wie im Acetyl-S-CoA als Thioester gebunden) zu Acetoacetyl-S-ACP (dem Analogon zu Acetoacetyl-S-CoA, siehe oben). Die ungünstige Gleichgewichtslage dieser Claisen-Kondensation wird umgangen, indem ein Equivalent Acetyl-S-CoA vorher durch CO2 (ATP und Biotin-abhängige Carboxylase) zu Malonyl- S-CoA umgesetzt wird (Reaktionsschema auf der nächsten Seite). Die entscheidende C-C-Verknüpfung zum Aufbau der Fettsäureketten ist dann nichts anderes als eine Claisen- Kondensation zwischen Acetyl-S-ACP und Malonyl-S-ACP. Der genaue Mechanismus dieser Rektion scheint primär die Decarboxylierung von Malonyl-S-ACP direkt in der Bindungstasche der Synthase zu umfassen, wobei das resultierende Thioester-Enolat Anion sofort im Anschluss an Acetyl-S-CoA addiert (die eigentliche nucleophile Acylsubstitution dieser biochemischen Claisen-Kondensation). Die gleichzeitige Abspaltung und Freisetzung von CO2 aus der Decarboxylierung macht diesen Reaktionsschritt irreversibel, und ermöglicht die Kondensation (Anmerkung: Malonyl-S-CoA ist als ß-Carbonylcarboxylat aufzufassen, das entsprechend dem oben gesagten relativ leicht einer Decarboxylierung zugänglich ist). Im folgenden werden weitere Reaktionsschritte benötigt, um das Claisen-Produkt in einen aliphatischen Thioester umzuwandeln (? Reduktion von C=O, H2O-Eliminierung und Hydrierung von C=C). Danach findet erneut eine weitere Claisen-Kondensation mit Acetyl-S-ACP unter Kettenverlängerung um zwei Kohlenstoffatome statt, und der Cyclus startet erneut. Aus diesem Grund besitzen die natürlich vorkommenden Fettsäuren fast ausschließlich eine gerade Anzahl von C-Atomen. Seite 13-31 Biochemische Claisen-artige Kondensation Die Fettsäure-Synthese* zwei Equivalente Acetyl-S-CoA + CO 2 + ATP - ADP - P i Biotinabhängige Carboxylase Palmityl-S-CoA Malonyl-S-CoA R = CH 3 * Die Spirale der Fettsäure-Synthese. S Enzym O R S ACP/Synthase ACP/Synthase Enzym irreversibler Schritt durch Verlust von CO 2 - CO 2 ? mehrere Schritte S Enzym O R S ACP/Synthase Claisen-artige Kondensation ACP/Synthase Enzym Seite 13-32 Der Fettsäurestoffwechsel* Abbildung entnommen aus dem Roche Lexikon Medizin: http://gripsdb.dimdi.de/rochelexikon/ * Vielleicht eine vertrautere „Darstellungsform“ so wie sie in der Biochemie häufig auswendig gelernt wird. Hier soll aber der organisch-chemische Hintergrund der Reaktionen Priorität haben. Seite 13-33 Claisen-Kondensation versus Aldol-Addition Claisen-Kondensation und Aldol-Addition im Vergleich Aldol-artige Citrat-Synthase-Reaktion als Einstiegsreaktion zum Citrat-Cyclus: CoA S H H Acetyl-S-CoA H Base H-Base Oxalacetat Thioester-Enolat Angriff auf die Carbonylgruppe von der Si-Seite OOC OH HO COO (S)-Citryl-S-CoA An dieser Stelle sei nochmals kurz auf die Unterschiede zwischen der Claisen-Kondensation und der Aldol-Addition hingewiesen. Bei der Claisen-Kondensation handelt es sich um die Umsetzung eines Enols oder Enolats (häufig, aber nicht notwendigerweise ein Ester- oder Thioester-Enol) mit einem Carbonsäure-Derivat. Die Anwesenheit von weiteren potentiellen Abgangsgruppen am angegriffenen Ester-Carbonyl-C-Atom resultiert in einer nucleophilen Acylsubstitution, und als Endprodukt wird eine ß-Ketocarbonyl-Verbindung erhalten. Bei der Aldol-Addition greift ebenfalls ein Enol oder Enolat (meist ein Enol eines Aldehyds oder Ketons, aber auch eines Esters) an einer C=O-Gruppe an, jedoch fehlt an diesem angegriffenen Carbonyl-C-Atom eine Abgangsgruppe und es kommt nur zur nucleophilen Addition, nicht aber zur Substitution (? ß-Hydroxycarbonyl-Verbindungen).* Als Beispiel sei die von der Citrat-Synthase katalysierte Aldol-artige Addition des Enolats von Acetyl-S-CoA an die Si- Seite (siehe Kapitel 11) der Ketocarbonylgruppe von Oxalacetat genannt. Unter Bildung von (S)-Citryl-S-CoA tritt Acetyl-S-CoA hier in den Citrat-Cyclus ein. Anschließende Hydrolyse des Thioesters liefert das achirale Citrat. Zu beachten ist, dass C3 von Citrat ein Prochiralitätszentrum darstellt, und dass sich der pro-S-Arm des Moleküls von Acetyl-S-CoA, und der pro-R-Arm von Oxalacetat ableiten. Da die folgende Citrat-Isocitrat Isomerisierung ausschließlich und stereospezifisch an der pro-R-Gruppe stattfindet (siehe Kapitel 11), bedeutet das gleichzeitig, dass die zwei hier in den Citrat-Cyclus eingeschleusten C-Atome diesen nicht in der ersten Runde wieder als CO2 verlassen können. Acetyl-S-CoA Oxalacetat pro-S pro-R Citrat Auf der nächsten Seite finden Sie damit die angekündigte Zusammenstellung aller Reaktionstypen des Citrat-Cyclus: * Der Begriff der Aldol-Kondensation (siehe Kapitel 11) bezieht sich auf den unabhängigen, sich anschließenden Folgeschritt der Wassereliminierung (? a,ß-ungesättigte Carbonylverbindungen). Seite 13-34 Polyfunktionielle Carbonylverbindungen – Der Citrat-Cyclus die zwei C-Atome des Acetyl-Rests werden NICHT in der ersten Runde des Citrat-Cyclus als CO2 freigesetzt! Warum, und wann dann? CoA-SH Pyruvat CoA-SAc NADH/H + NAD + CO 2 Malat Oxalacetat Oxidation (Dehydrierung) Aldol-artige Addition HO COO OOC COO Citrat Säure-katalysierte Dehydratisierung OOC (Eliminierung) cis-Aconitat Säure-katalysierte Hydratisierung (Elektrophile Addition) NADH/H + Isocitrat NAD + OOC COO H2O Säure-katalysierte Hydratisierung (Elektrophile Addition) Citrat-Cyclus Oxidation (Dehydrierung) OOC COO Fumarat Oxidation Oxalsuccinat ß OOC Decarboxylierung einer a COO COO (Dehydrierung) ß-Carbonylcarbonsäure O Succinat oxidative 2-Ketoglutarat FADH2 FAD Thioester- Hydrolyse Decarboxylierung einer a-Ketocarbonsäure CO2 OOC COO Succinyl-S-CoA OOC a COO genau hier geht die Information, wo die zwei in den Citrat-Cyclus eingebrachten C-Atome hin CoA-SH wandern verloren! Warum? GTP CoA-S GDP + Pi O COO CO2 O CoA-SH NAD + NADH/H + Anmerkung: hier die oben angekündigte Zusammenfassung der Reaktionstypen des Citrat-Cyclus. Markiert sind die C-Atome die in den Cyclus eintreten (grau), bzw. den Cyclus verlassen (rot ? CO 2 ). Seite 13-35 Synthese-Potential von 1,3-Dicarbonylverbindungen Alkylierungsreaktionen: Malonester-Synthese und Acetessigester-Synthese schwächer C-H-acide: Keton pKs ˜ 20 pKs ˜ 25 ? Aldol ? Claisen Ester stärker C-H-acide: R ß-Ketoester pK s ˜ 10 3 1 ß a pK s ˜ 12 1,3-Dicarbonsäureester Durch den stark aktivierenden Effekt von zwei benachbarten Carbonylgruppen können die relativ stark C-H-aciden 1,3- Dicarbonylverbindungen mit mittelstarken bis starken Basen leicht in die entsprechenden Enolate überführt werden. Diese Enolat-Anionen (entspricht einem Carbanion mit einem negativ polarisierten Kohlenstoffatom) können anschließend mit Halogenalkanen über S N 2-Reaktionen alkyliert werden: Basen (Alkoholat, LDA, NaH, Amine, etc.) S N2 R Hal Enolat-Anion Die Regeln von SN2-Reaktionen gelten auch für solche Alkylierungen. Man kann die Anionen in guten Ausbeuten mit Methyl- oder primären Halogenalkanen umsetzten, tertiäre Halogenalkane ergeben vorwiegend Eliminierungsprodukte. Die Malonester-Synthese ist eine der bekanntesten Alkylierungsreaktionen, die für die Synthese von substitutierten Essigsäuren besonders geeignet ist (siehe Reaktionsschema auf der nächsten Seite). Malonsäurediethylester wird durch Behandlung mit NaOEt in sein Enolat-Anion überführt. Dieses Enolat-Anion kann in einer SN2-analogen Reaktion mit einem Halogenalkan umgesetzt werden, wobei ein a-substituierter Malonsäureester entsteht. Das Produkt dieser ersten Alkylierungsreaktion enthält immer noch ein saures Wasserstoffatom an Ca, wenn nötig kann in einer zweiten Stufe eine zweite Alkylierungsreaktion durchgeführt werden. Die alkylierten Malonsäureester können anschließend hydrolysiert, und durch Erhitzen mit wässriger Salzsäure decarboxyliert werden (siehe oben zur Decarboxylierung von ß-Carbonylcarbonsäuren). Malonsäureester sind synthetisch daher als Essigsäure-Equivalente aufzufassen. Die völlig analoge Acetessigester-Synthese (Reaktionsschema nächste Seite) bildet eine Methode für die Herstellung von a-substituierten Aceton-Derivaten (Methylketonderivaten): Acetessigsäureethylester (= „Acetessigester“) besitzt am Ca zwischen den zwei Carbonylgruppen zwei C-H-acide Wasserstoffatome. Durch Behandlung mit Base und Halogenalkan können zuerst monoalkylierte, und dann dialkylierte Acetessigsäureester dargestellt werden. Wie im Fall der Malonester-Synthese kann die Estergruppe anschließend hydrolysiert und decarboxyliert werden, woraus substituierte Methylketone resultieren. Acetessigester ist synthetisch daher als Aceton-Equivalent aufzufassen. Anmerkung: In diesem Zusammenhang sollte nochmals die in Kapitel 11 angesprochene Knoevenagel-Reaktion in Erinnerung gerufen werden. Seite 13-36 Synthese-Potential von 1,3-Dicarbonylverbindungen X OEt H H ß-Ketoester X = CH 3 Acetessigester = OEt Malonsäurediethylester Acetessigester- Synthese X =CH 3 R2 substituiertes Aceton (pK s = 10.6) (pK s = 12.9) + NaOEt - EtOH (pK s ˜ 16) Malonester- Synthese X =OEt R2 substituierte Essigsäure S N2-artige C-Alkylierung - NaHal Enolat-Anion (Hal = Cl, Br, I) + NaOEt - EtOH OEt + R 2.) 2-Hal - NaHal X Wiederholung der Sequenz ? zweite C-Alkylierung - CO 2 ? ? (T > 100°C) Säure-katalysierte Ester-Hydrolyse thermische Decarboxylierung der ß-Ketocarbonsäure + H 2O kat. [H ] - EtOH Anmerkung: Im Fall der Malonester-Synthese werden bei der Ester-Hydrolyse beide Ester gespalten. Analoge Reaktionen sind auf viele andere C-H-acide Verbindungen übertragbar (1,3-Diketone, etc.).