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Organische Chemie für Biologen - Vom Methan zu Biomolekülen
14 – Aminosäuren, Peptide und Proteine
Empfehlung: Kapitel 26, Vollhardt/Schore, WILEY-VCH, 2005.
Priv.-Doz. Dr. Stefan Immel Universität Leipzig, Wintersemester 2007/2008.
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Aminosäuren
Struktur der Aminosäuren
2-Aminoessigsäure a-Aminoessigsäure (Glycin)
NH 2
2-Aminopropansäure a-Aminopropansäure (Alanin)
ß 3 2 1
3-Aminopropansäure ß-Aminopropansäure (ß-Alanin)
3 1 2
4-Aminobuttersäure ?-Aminobuttersäure (GABA)
Aminosäuren (= Aminocarbonsäuren) sind durch die gleichzeitige Anwesenheit sowohl einer Aminogruppe (-NH2 ), wie auch einer Carboxylgruppe (-COOH) im gleichen Molekül gekennzeichnet. Oft wird je nach Stellung der beiden funktionellen Gruppen zueinander zwischen a-, ß-, und ?-Aminosäuren (usw.) unterschieden.* Darüber hinaus können natürlich auch noch weitere funktionelle Gruppen in den Molekülen der Aminosäuren auftreten. 2-Aminoessigsäure (Glycin) stellt die einfachste (achirale) a-Aminosäure dar, 2-Aminopropansäure (Alanin) die einfachste chirale a- Aminosäure: ß COOH H2N a COOH a COOH COOH H2N ? a COOH 1 3 1 H2N H 2N
NH 2
Ornithin (? Harnstoff-Cyclus)
COOH
L-(+)-Citrullin (? Harnstoff-Cyclus)
NH 2
COOH
COOH
COOH
NH 2
Anthranilsäure 2-Aminobenzoesäure
Fischer-Projektion (? L-Aminosäuren)
COOH
In der Natur sind > 1000 verschiedene Aminosäuren bekannt, aber nur 20 unterschiedliche a-L-Aminosäuren (Erinnerung: die Fischer-Projektion „lebt“ in Kapitel 3 – Stereochemie) sind häufig am Aufbau der wichtigsten biologischen Aminosäure-Derivate, den Peptiden und Proteinen (umgangssprachlich den „Eiweißen“) beteiligt (Anmerkung: der Begriff „Protein“ wurde 1838 von Berzelius geprägt – abgeleitet von griech.: proteuo, „ich nehme den ersten Platz ein“ – zur Unterstreichung der Bedeutung der Proteine für die (Organische) Chemie des Lebens).
* Zur Nummerierung von Carbonsäuren mit Ziffern („1“, „2“, „3“, usw.) bzw. griechischen Buchstaben („a“, „ß“, „?“, usw.) siehe auch Kapitel 13: „a“ = Position „2“, „ß“ = Position „3“, usw.
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Aminosäuren – Eigenschaften
Eigenschaften der Aminosäuren
Aminosäuren zeigen ganz allgemein für organische Moleküle ungewöhnliche (aber nicht überraschende) Eigenschaften: sie sind bei Raumtemperatur kristallin fest, besitzen sehr hohe Schmelzpunkte (häufig unter Zersetzung), und sind im allgemeinen sehr gut wasserlöslich. Die gleichzeitige Anwesenheit einer basischen Aminogruppe und einer aciden Carboxylgruppe bedingt, dass Aminosäuren als intramolekulare Salze vorliegen, mit + - einer protonierten NH3 -Gruppe und einer deprotonierten COO -Gruppe. Das gleichzeitige Vorliegen von kationischen und anionischen Strukturelementen in nach außen elektrisch neutralen, ungeladenen Molekülen bezeichnet mal als Zwitterionen, oder zwitterionische Strukturen. Die hohen Schmelzpunkte (ionisches Kristallgitter im Feststoff) und die gute Wasserlöslichkeit sind auf die sehr polaren Strukturen zurückführbar. Aminosäuren bilden nicht spontan Lactame (vgl.: Hydroxycarbonsäuren ? leichte Lactonisierung), da die protonierte Aminogruppe nicht mehr nucleophil (keine freies Elektronenpaar), und das Carboxylat nicht mehr nucleophil angreifbar ist (negative Ladung).* neutrale Struktur
COOH
Hydrochlorid
mit starken Säuren (pH < 1): ? Salzbildung durch Protonierung
+ HCl
COOH
Zwitterion
Glycin Schmelzpunkt 232°C unter Zersetzung Wasserlöslichkeit ca. 25 g in 100 ml H 2O
mit starken Basen (pH > 13): ? Salzbildung durch Deprotonierung
+ NaOH
- H 2O
H2N COO Na Natriumsalz
* Zu den zugehörigen pK s -Werten, den Titrationskurven und Dissoziationsgleichgewichten der Aminosäuren siehe dieses Kapitel, weiter unten.
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a-Aminosäuren – Synthesen
Halogenierung und Aminierung von Carbonsäuren
Strecker Synthese von a-Aminocarbonsäuren
NH 3
R' R -H2O R' R
Aldehyd oder Keton (R-CHO oder RR'CO)
Beispiele:
(Kat.: NH 4Cl als Säure!)
1.) NaCN, NH 3 NH 4Cl / H 2O
2.) HCl, H 2O, ?
Br 2
-HBr
(Säure-katalysierte a-Bromierung)
Imin
+ HCN
(Nucleophile Addition von HCN an C=N)
Typische Reaktionsbedingungen: 1.) NaCN in NH 3 / H 2O + NH 4Cl; 5h, 20°C (Aldehyde) oder 50°C (Ketone); anschließend: 2.) konz. HCl, 3h, 100°C (Hydrolyse des Nitrils)
Phenylalanin (racemisch)
NH 2
Gefahr der Mehrfach-Alkylierung hier relativ gering: ? Nach der Erst-Alkylierung erniedrigt der Elektronenzug der benachbarten COOH-Gruppe die Nucleophilie des Stickstoffs ? sterische Gründe erschweren die Zweitalkylierung durch S N2-Reaktion
(Bildung des Imins = Schiff'sche Base)
(Eintopf-Reaktion)
COOH
S N2
NH 3 / H 2O, 25°C, 4 d
Anmerkung: zur Säure-katalysierten Halogenierung von Carbonylverbindungen siehe Kapitel 11, zur Strecker-Synthese siehe auch Kapitel 12 – Carbonsäuren und Carbonsäure-Derivate.
Aminonitril
- NH 4Br
(N-Alkylierung, S N2-Reaktion)
HCl, H 2O, ?
(Hydrolyse des Nitrils zur Carbonsäure)
1.) NaCN, NH 3 NH 4Cl / H 2O
2.) HCl, H 2O, ?
NH 2
Verlängerung um ein C-Atom!
NH 2
R' * C R O a-Amino- OH carbonsäuren (als Racemat)
NH 2
H3C * COOH
Acetaldehyd Alanin (racemisch)
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a-L-Aminosäuren
Proteinogene Aminosäuren
Hydrophobe Aminosäuren (unpolare Reste)
Alanin (Ala)
Valin (Val)
Phenylalanin (Phe)
Leucin (Leu)
Tryptophan (Trp)
Isoleucin (Ile)
Prolin (Pro)
Methionin (Met)
Hydrophile Aminosäuren (polare Reste) Geladene Aminosäuren
Glycin (Gly)
Asparagin (Asn)
Serin (Ser)
Glutamin (Gln)
Threonin (Thr)
Tyrosin (Tyr)
Cystein (Cys)
Histidin (His)
Asparaginsäure (Asp)
Lysin (Lys)
Am Aufbau der Peptide und Proteine (incl. der Enzyme) sind in allen Lebewesen insgesamt nur 20 verschiedene „proteinogene“ a-L-Aminosäuren beteiligt (die vollständigen Formeln, Namen und Abkürzungen sind auf den folgenden Seiten abgebildet). Alle bis auf Glycin (die einzige achirale Aminosäure) besitzen übereinstimmend die einheitliche a-L-Konfiguration* und variieren nur in der Seitenkette der Aminosäure (Cß-Seitenkette, Prolin ist die einzige cyclische Aminosäure). Eine Unterteilung der Aminosäuren erfolgt zweckmäßigerweise in hydrophobe (unpolare aliphatische und aromatische Aminosäuren), hydrophile (polare, aber ungeladene Aminosäuren), und geladene Aminosäuren (saure und basische Aminosäuren), oder entsprechend ihrer chemischen Struktur:
Glutaminsäure (Glu)
Arginin (Arg)
Die unpolaren, hydrophoben Aminosäuren besitzen im wesentlichen Kohlenwasserstoff-Seitenketten, die nur schwache Wechselwirkungen mit Wasser ausbilden können (siehe auch unten). Obwohl sowohl Methionin (Met) und Tryptophan (Trp) Heteroatome (Schwefel- bzw. Stickstoff-Atome) in den Seitenketten aufweisen, ist der größere Teil ihrer Seitenketten unpolar, und deshalb werden diese Aminosäuren in diese Gruppe mit einbezogen. Die polaren, hydrophilen Aminosäuren besitzen Seitenketten mit Alkohol- (Ser, Thr, Tyr), Thiol- (Cys), oder Carbonsäureamid-Gruppen (Asn, Gln), die starke Wechselwirkungen (u.a. Wasserstoff-Brückenbindungen) mit Wasser eingehen können. Hierzu zählt auch der polare Imidazol-Rest von Histidin (His), der zudem auch (in Abhängigkeit vom pH-Wert) in protonierter Form vorliegen kann (deshalb wird His auch oft zu den schwach basischen, geladenen Aminosäuren gerechnet. Die geladenen Aminosäuren besitzen relativ stark acide (Asp, Glu) oder basische (Lys, Arg) funktionelle Gruppen in den Seitenketten, die bei physiologisch vorherrschenden, fast neutralen pH-Werten in deprotonierter (? Carboxylate) oder protonierter Form (? Ammoniumsalze) als Anionen bzw. Kationen vorliegen (siehe unten).
* Stereochemie-Erinnerung: in diesem Zusammenhang sei nochmals auf die in Kapitel 3 diskutierte Fischer-Projektion hingewiesen, die hier nicht noch einmal beschrieben werden soll.
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Die 20 proteinogenen a-L-Aminosäuren*
Alphatische Aminosäuren (neutrale, unpolare Reste)
Glycin (Gly)
Alanin (Ala)
Valin (Val)
Alphatische Aminosäuren (neutrale, polare Reste)
Serin (Ser)
Threonin (Thr)
Asparagin (Asn)
NH 2
Leucin (Leu)
Glutamin (Gln)
Isoleucin (Ile)
Aromatische Aminosäuren
Phenylalanin (Phe)
Histidin (His)
Cyclische Aminosäure Prolin (Pro) H2 N COO
Tyrosin (Tyr)
Tryptophan (Trp)
Saure Aminosäuren Basische Aminosäuren Schwefel-haltige Aminosäuren
Asparaginsäure (Asp)
Glutaminsäure (Glu)
Lysin (Lys)
Arginin (Arg)
Methionin (Met)
Cystein (Cys)
* Stereochemie-Erinnerung: von den gezeigten a-L-Aminosäuren (AS) besitzen zwei jeweils noch ein weiteres Chiralitätszentrum, 18 AS besitzen a-(S)- und eine AS a-(R)-Konfiguration. Welche?
Die seltene 21. proteinogene Aminosäure Selenocystein (Sec, U) leitet sich von Cystein durch den Ersatz von Schwefel gegen Selen ab.
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Die 20 proteinogenen a-L-Aminosäuren*
Alphatische unpolare Aminosäuren
L-Glycin L-Alanin L-Valin L-Leucin L-Isoleucin Cyclische Aminosäure L-Prolin Alphatische polare Aminosäuren L-Serin L-Threonin L-Asparagin L-Glutamin Aromatische Aminosäuren L-Phenylalanin L-Tyrosin L-Tryptophan Saure Aminosäuren
L-Asparaginsäure L-Glutaminsäure Basische Aminosäuren L-Arginin L-Lysin L-Histidin
steigende Acidität
steigende Basizität
Schwefel-haltige Aminosäuren L-Cystein L-Methionin -----
Gly Ala Val Leu Ile
Ser Thr Asn Gln
Phe Tyr Trp
Asp Glu
Arg Lys His
Cys Met -----
G A V L I
S T N Q
F Y W
R K H
a) b) c) d) e)
2.35 2.35 2.39 2.33 2.32
1.95
2.19 2.09 2.14 2.17
2.20 2.20 2.46
1.99 2.10
1.82 2.16 1.80
1.92 2.13 -----
9.78 9.87 9.74 9.74 9.76
10.64
9.21 9.10 8.72 9.13
9.31 9.21 9.41
9.90 9.47
8.99 9.06 9.33
10.70 9.28 -----
Abkürzungen + pKs(COOH) pKs(NH3 ) pKs(R) pI Bemerkungen
* Dämlicher Merksatz zu den für Menschen essentiellen Aminosäuren – den muss man sich merken: Phenomenale Isolde trüpt metunter Leutnant Valentins lysterne Thräume (Anm.: NICHT von mir!).
- - - - -
- - - -
- 10.46 -
3.90 4.07
12.48 10.54 6.04
8.18 - -----
6.06 6.01 6.00 6.01 6.05
6.30
5.68 5.60 5.41 5.65
5.49 5.64 5.89
2.85 3.15
10.76 9.60 7.60
5.05 5.74 -----
(sauer) (sauer)
(stark basisch) (basisch) (schwach basisch)
(schwach sauer)
-----
(essentiell) (essentiell) (essentiell)
(essentiell)
(essentiell)
(essentiell)
(essentiell)
(essentiell) -----
a) Internationaler 3-Buchstaben- und Ein-Buchstaben-Code; b) pK s-Wert der COOH-Gruppe; c) pK s-Wert der NH 3 + -Gruppe; d) pKs-Wert der Seitenkette oder der entsprechenden konjugierten Säure; e) experimentell bestimmter isoelektrischer-Punkt; f) die acht für Menschen essentielle Aminosäuren.
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Dissoziationsgleichgewichte der a-L-Aminosäuren
Ionisierbare Gruppen
Wichtiges Charakteristikum der Aminosäuren sind die sauren und basischen funktionellen Gruppen, für die jeweils ein pKs-Wert angegeben werden kann, der die Säurestärke der sauren Gruppe, bzw. für basische Gruppen die Säurestärke der konjugierten Säure widerspiegelt. Die in jeder Aminosäure vorhandene Ca-COOH-Gruppe besitzt einen gegenüber der Essigsäure (pKs = 4.75) etwas saureren Charakter (pKS ˜ 2.0; siehe Tabelle auf der vorherigen Seite), der auf den –I-Effekt der (im sauren Milieu + - protonierten) Ca-NH3 -Gruppe und die elektrostatische Stabilisierung der negativen Ladung des Carboxylats (-COO ) durch die benachbarte positive Ladung zurückzuführen ist (leichte Bildung der Zwitterionen). + Die a-Aminogruppe ist deutlich basisch, was sich in dem hohen pKS-Wert der konjugierten Säure Ca-NH3 äußert + (pKS ˜ +9 - +10, d.h. Ca-NH3 ist eine schwache Säure, und demnach Ca-NH2 eine relative starke Base); stärkere Basen sind Pro (cyclische Aminosäure) und Cys (ß-SH) mit pKs-Werten von ca. 10.7. Zusätzliche ionisierbare Gruppen sind in den Aminosäuren Asp und Glu (? -COOH), Lys, Arg, und His (N-Basen), sowie Cys (? Thiol-SH) und Tyr (? Phenol-OH) vorhanden, hier wird entsprechend ein dritter pKs-Wert angegeben. Die folgende Zusammenstellung gibt eine Übersicht über die wichtigsten Ladungs-tragenden Gruppen in Proteinen, gestaffelt nach Acidität bzw. Basizität (Auflistung jeweils der konjugierten Säuren in protonierter Form):*
C-Terminus Asparaginsäure Glutaminsäure
COOH
Histidin Cystein N-Terminus Tyrosin Lysin Arginin
˜ 3.5 ˜ 4.0 ˜ 6.0 ˜ 8.4 ˜ 9.0 ˜ 10.5 ˜ 10.5 ˜ 12.5
steigende Acidität
NH 3
steigende Basizität
* Der C- bzw. N-Terminus in Peptiden und Proteinen (siehe unten) entspricht einer freien Carboxyl- bzw. Aminogruppe, die im wässrigen Medium der Zelle ebenfalls Ladungen tragen.
NH 3
NH 2
Seite Alanin (Ala)
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Dissoziationsgleichgewichte der a-L-Aminosäuren
Titrationskurven und isoelektrischer Punkt
Gesamtladung:
+1 ±0 -1
pK s(1)
pK s(2)
Form: (A) (B) (C)
steigender pH-Wert (? steigender Deprotonierungsgrad nach pK s-Werten)
pH-Wert
Titrationskurve einer neutralen Aminosäure
pK s(2) = 9.87
isoelektrischer Punkt ˜ (pK 1+pK 2)/2
Aus den pKS-Werten folgt, welche funktionellen Gruppen der Aminosäuren bei welchen pH-Werten bevorzugt protoniert bzw. deprotoniert werden. Die unten stehende Abbildung zeigt eine typische Titrationskurve (ausgehend von einer sauren Lösung wird der pH-Wert als Funktion der zugegebenen Basen-Equivalente gemessen) einer neutralen Aminosäure (Beispiel: Ala), und die dazugehörigen Säure-Base-Gleichgewichte. Die Gleichgewichtslage verschiebt sich mit steigendem pH-Wert (? steigender Zugabe von Base) nach rechts (A ? B ? C), wobei die unterschiedlichen Gruppen sukzessive in der Reihenfolge ihrer pKS-Werte deprotoniert werden (mit steigendem pH-Wert verlieren erst die sauren Gruppen ein Proton, während die basischen Gruppen ihr Proton zuletzt abgeben). Die Nettoladung der Aminosäuren hängt entscheidend vom pH-Wert ab, wobei die Nettoladung bei einem bestimmten pH-Wert gleich null wird. Der entsprechende pH-Wert wird als isoelektrischer Punkt bzw. als pI der Aminosäure bezeichnet, und stellt eine wichtige Stoffkonstante dar (siehe unten: elektrisch neutrale Teilchen wandern in einem elektrischen Feld nicht mehr). Am isoelektrischen Punkt liegen die Aminosäuren dann als Zwitterionen* vor (Im Beispiel unten: Ala – Form B). Der isoelektrische Punkt ergibt sich aus dem Mittelwert der entsprechenden pKs-Werte: 4 2 pKs(1) = 2.35 (A) 0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 Equivalente zugegebene Base
Für die sauren bzw. basischen Aminosäuren ergeben sich ganz analog etwas kompliziertere Gleichgewichte und Titrationskurven, die auf das Vorliegen einer dritten ionisierbaren Gruppe und deren pK s -Wert zurückzuführen sind:
* Die Zwitterionen erscheinen zwar nach außen hin neutral und ungeladen, besitzen aber tatsächlich jeweils eine positive und eine negative Ladung an der basischen bzw. sauren funktionellen Gruppe.
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Dissoziationsgleichgewichte der a-L-Aminosäuren
Titrationskurven und isoelektrischer Punkt
Glutaminsäure (Glu)
Gesamtladung:
+1 ±0 -1 -2
pK s(1)
pK s(2)
pK s(3)
COOH COOH COO COO
Form: (A) (B) (C) (D)
steigender pH-Wert (? steigender Deprotonierungsgrad nach pK s-Werten)
pH-Wert
Titrationskurve einer sauren Aminosäure
pK s(3) = 9.47
pK s(2) = 4.07
isoelektrischer Punkt ˜ (pK 1+pK 2)/2
4 2 pKs(1) = 2.10 (A) (B) 0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 Equivalente zugegebene Base
Arginin (Arg) Titrationskurve einer basischen Aminosäure
Gesamtladung:
+2 +1 ±0 -1
pK s(1)
pK s(2)
pK s(3)
GuanidylH GuanidylH GuanidylH Guanidyl
Form: (A) (B) (C) (D)
steigender pH-Wert (? steigender Deprotonierungsgrad nach pK s-Werten)
pH-Wert
pK s(3) = 12.48
pK s(2) = 8.99
pK s(1) = 1.82
2 (A) 0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 Equivalente zugegebene Base
isoelektrischer Punkt ˜ (pK 2+pK 3)/2
Seite prozentualer Anteil (%)
0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 pKS,1 pI pKS,2 pH-Wert pKS,3 isoelektrischer Punkt ˜ (pK1+pK2)/2 14-11
Dissoziationsgleichgewichte der a-L-Aminosäuren
Titrationskurven und isoelektrischer Punkt
Aus den oben gezeigten Titrationskurven lassen sich experimentell die pK S -Werte bestimmen. Die Abbildungen auf dieser Seite zeigen eine etwas andere Darstellung der Konzentrationen der verschiedenen Aminosäure- Spezies (normiert auf 100%) als Funktion des pH-Wertes (die Bezeichnung der Spezies A-D bezieht sich auf die Formelschemata der vorangegangenen Seiten). Beachten Sie in diesen Darstellungen die jeweilige Lage des isoelektrischen Punkts bei unterschiedlichen pH- Werten, sowie den unterschiedlichen Kurvenverlauf für neutrale (Beispiel: Ala), saure (Beispiel: Glu) und basische (Beispiel: Arg) Aminosäuren:
Glutaminsäure (Glu)
(A) (B) (C) (D)
Alanin (Ala)
prozentualer Anteil (%)
prozentualer Anteil (%)
(A) (B) (C)
0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 pKS,1 pI pH-Wert isoelektrischer Punkt ˜ (pK1+pK2)/2 pKS,2 Arginin (Arg)
(A) (B) (C) (D)
0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 pKS,1 pH-Wert pKS,2 pI isoelektrischer pKS,3 Punkt ˜ (pK2+pK3)/2
Seite 14-12
Elektrophorese von a-L-Aminosäuren und Proteinen
Elektrophoretische Trennung von geladenen Molekülen
Geladene Moleküle wandern in einem elektrischen Feld in Richtung der entgegengesetzt geladenen Elektrode (positiv geladene Kationen wandern zum Minuspol der Kathode, negativ geladene Anionen zum Pluspol der Anode). Die Gelelektrophorese macht sich diese Wanderungsrichtung (Vorzeichen der Ladung) und die unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeit (u.a. abhängig von der elektrischen Feldstärke, der Ionenladung, dem Teilchenradius, und der Viskosität des Mediums) von Aminosäuren und Proteinen zunutze, um eine Trennung (analytische und präparative Trennungen) zu ermöglichen. Je nach Größe und Ladung der Moleküle* bewegen sich diese unterschiedlich schnell durch ein als Molekularsieb wirkendes Gel:
Schematische Darstellung einer uni-direktionalen Gelelektrophorese-Apparatur zur Analyse und Trennung von geladenen Molekülen und Proteinen im elektrischen Feld.
„Handliche“ Gelelektrophorese-Apparaturen wie sie in jedem biochemischen Analyse-Labor zu finden sind.
Auswertung eines Elektrophorese-Gels unter UV-Licht. Die kräftig-violette Fluoreszenz der Banden verrät, wie weit die einzelnen Komponenten des zu trennenden Gemisches im Verlauf der Elektrophorese gewandert sind, „Referenz-Marker“ lassen dann Vergleiche zu.
* Die Gesamt- oder Nettoladung von Proteinen hängt vom prozentualen Anteil saurer bzw. basischer Aminosäuren ab, und kann je nach pH-Wert der Pufferlösung variieren (siehe pK s -Werte oben).
Seite 14-13
a-Aminosäuren – Nachweis-Reaktion
Ninhydrin Nachweis-Reaktion für Aminosäuren
Ninhydrin (Hydrat-Form)
Ninhydrin (Keto-Form)
COOH
Schiff‘sche Base
Decarboxylierungsprodukt O
Ninhydrin ist ein Reagenz zum Nachweis von Ammoniak und primären Aminogruppen, insbesondere von Aminosäuren (Sprühreagenz auch zur Anfärbung von Fingerabdrücken). Ninhydrin reagiert mit der Aminogruppe von Aminosäuren unter Wasserabspaltung zur Schiff‘schen Base. Nach Decarboxylierung der Carboxylgruppe der Aminosäure und anschließender Abspaltung des Aminosäure-Restes entsteht Amino-Ninhydrin. Dieses dimerisiert mit Ninhydrin zu einem blauen Farbstoff (Ruhemanns Purpur). Die intensiv blaue Farbe kann durch Mesomerie unter der Beteiligung von vier Carbonylgruppen innerhalb des Systems konjugierter Doppelbindungen erklärt werden.
Gleichgewicht zwischen der Hydrat- und der Keto-Form in wässriger Lösung
Spuren [H ]
- H 2O
Bildung einer Schiff'schen Base
Amino-Ninhydrin
NH 2
- H 2O
Bildung einer Schiff'schen Base
Hydrolyse der Schiff'schen Base
+ H 2O
Decarboxylierung (analog zu ß-Ketocarbonsäuren)
usw. Ruhemanns Purpur
- CO 2
Seite 14-14
Peptidbindung und Konstitutions-Isomerie der Peptide
Peptidbindungen
- H 2O
"Carbonsäure" + "primäres Amin" sekundäres Amid (Dipeptid) trans-Form
Die herausragende biochemische Eigenschaft der Aminosäuren ist, untereinander Amidbindungen (im speziellen Fall der a-Aminocarbonsäuren auch als „Peptidbindungen“ bezeichnet) ausbilden zu können. Die in Kapitel 12 (Carbonsäuren und Carbonsäure-Derivate) diskutierte Bildung der Carbonsäureamide erfolgt formal aus einer Carbonsäure und einem Amin unter Abspaltung von Wasser (Kondensation ? sekundäres Amid):
sehr langsam
(T > 100°C)
cis-Form
* Die trans/cis-Nomenklatur der Konfiguration bezieht sich bei Peptiden auf das O-C-N-H-Fragment! ** Verknüpfung des N-Terminus mit dem C-Terminus der linearen Peptide liefert Cyclopeptide.
Seite H 3N
14-15
Konstitutions-Isomerie der Peptide
Isomerie und verkürzte Schreibweisen für Peptidstrukturen*
Alanin (Ala)
- H 2O
Phenylalanin (Phe)
Aminosäuren Ala + Phe ? zwei Dipeptide
N-Terminus C-Terminus
nicht identische Konstitutions-Isomere
N-Terminus C-Terminus
20 protoeinogene, natürliche a-L-Aminosäuren
sechs Aminosäuren ? 20 6 = 64.000.000 Hexapeptide
Konvention: Schreibrichtung immer N-Terminus C-Terminus N-Terminus ? C-Terminus
Beispiel: H3N Ala Phe Gly Arg Leu Glu COO Kurzschreibweise
oder: Ala Phe Gly Arg Leu Glu 3-Buchstaben-Code
AFGRLE
1-Buchstaben-Code
Kurzschreibweise auch langer Peptidsequenzen (Datenbanken)
* Die verkürzten Peptidschreibweisen (insbesondere der 1-Buchstaben-Code) sind gewöhnungsbedürftig, aber weit verbreitet. Für die OC müssen Sie diesen Code noch nicht auswendig lernen!
Seite 14-16
Sequenzanalyse von Proteinen – Totalhydrolyse
Sequenzanalyse – Totalhydrolyse und Edman-Abbau
Der erste Schritt der Ermittlung der Aminosäuresequenz eines Proteins (d.h. der Primärstruktur, siehe unten) ist die Reduktion möglicher Disulfid-Brücken mittels 2-Mercaptoethanol* zu den Thiolen (Cys-S-S-Cys ? 2 Cys-SH). Anschließende Umsetzung der Thiole mit Iodessigsäure (S N 2-Reaktion) verhindert, dass sich die Disulfid- Brückenbindungen durch Oxidation mit Sauerstoff zurückbilden können.
Spaltung der Disulfid-Brücken zwischen Cystein-Resten
SH HS
Der zweite Schritt besteht in der Ermittlung der Gesamtzahl und der Art der Aminosäuren. Hierzu wird eine Probe des Peptids oder Proteins in halb-konzentrierter Salzsäure (6M) vollständig hydrolysiert, und das erhaltene Gemisch der einzelnen Aminosäuren analytisch (automatisierte Chromatographie) untersucht (zu beachten ist, dass unter diesen drastischen Bedingungen auch die Amidgruppen der Aminosäuren Asn und Gln hydrolysiert werden und dann nicht mehr von Asp bzw. Glu unterscheidbar sind; weiterhin wird der Indol-Ring von Trp zerstört). Die Untersuchung zeigt zwar welche Aminosäuren am Aufbau der Peptidkette beteiligt sind, macht aber noch keinerlei Aussage über deren Reihenfolge:
Totalhydrolyse von Peptiden und Proteinen
H3N Ala Phe Gly Arg Leu Glu COO
* Sie erinnern sich sicher an diese wirklich übel riechende und giftige Substanzklasse der Thiole, und Sie werden sich noch besser daran erinnern, wenn Sie wirklich einmal damit gearbeitet haben.
2-Mercaptoethanol Iodessigsäure
6M HCl
?, 100 °C, 24 h
Seite 14-17
Sequenzanalyse von Proteinen – Edman-Abbau
Sequenzanalyse durch Edman-Abbau
AS 1
AS2 AS3 Phenylisothiocyanat (PITC, Edman-Reagenz)
AS2 AS3 N
Der nächste Schritt ist die Identifikation der N-terminalen Aminosäure des Peptids z.B. durch den Edman-Abbau. Phenylisothiocyanat reagiert mit dem N-Terminus zu einem Derivat, das sich anschließend leicht Säure-katalysiert (HF) abspalten und analytisch identifizieren lässt (Vergleich des für jede Aminosäure typischen PTH-Derivats mit Referenzdaten).* Gleichzeitig bleibt ein um eine Aminosäure verkürztes Peptid zurück, das erneut einem weiteren Cyclus des Edman-Abbaus unterworfen werden kann. In der Summe wird immer der N-Terminus abgespalten und identifiziert, und durch mehrfache Wiederholung lässt sich die Sequenz des Peptids ermitteln. Automatisierte Edman- Sequencer erreichen 50-100 Abbau-Cyclen innerhalb weniger Stunden, bevor sich ansammelnde Nebenprodukte eine Auswertung zu stark stören; längere Peptidsequenzen müssen in Teilstücken bestimmt werden (siehe unten).
Phenylthiohydantoin- Derivat einer Aminosäure (PTH-Aminosäure)
kat. HCl
Umlagerung
Thiazolinon-Derivat
AS 3 H 2N AS 2
Wiederholung des Edman-Abbaus mit der nächsten Aminosäure usw.
Identifikation der N-Terminalen Aminosäure
Flusssäure
+ HF
AS2 AS3 H F
AS2 AS3 * In der letzten Stufe des Edman-Abbaus erfolgt die Umlagerung in das PTH-Derivat nach einem kompliziert aussehenden, tatsächlich aber einfachen Mechanismus. Analysieren sie die Stoffklassen!
Seite 14-18
Sequenzanalyse von Proteinen – Große Peptide
Teilhydrolyse großer Proteine in kleine Peptide
1 5 10 15 20
Lange Peptidketten (> ca. 50-100 Aminosäuren) sind nicht in einem Stück einer vollständigen Sequenzanalyse durch den Edman-Abbau zugänglich, da Nebenprodukte die Auswertung behindern. Solche Peptidketten müssen daher zuerst chemisch (nicht-enzymatisch oder enzymatisch durch Reagenzien deren Spaltungsselektivität nach bestimmten Aminosäuren bekannt ist) in kleinere Kettenfragmente gespalten werden. Diese kleinen Fragmente können getrennt, und einzeln analysiert werden. Führt man mehrere unterschiedliche Spaltungen durch, so kann man später die Gesamtkette wie ein großes Puzzlespiel aus den dann bekannten, sich teilweise überlappenden Teilfragmenten zusammensetzen und analytisch rekonstruieren:*
Nicht-Enzymatische Spaltungen
H3N Phe Val Asn Gln His Leu Cys Gly Ser His Leu Val Glu Ala Leu Tyr Leu Val Cys Gly Glu Arg Met Phe Phe Tyr Thr Pro Lys Ala COO
Enzymatische Spaltungen
Chymotrypsin-Spaltungen (nach Phe, Tyr, Trp)
H3N Phe Val Asn Gln His Leu Cys Gly COO
Elastase-Spaltungen (nach Gly, Ala)
z.B.
H3N Ser His Leu Val Glu Ala COO
Bromcyan-Spaltungen (nach Met)
H3N Leu Tyr Leu Val Cys Gly COO
Trypsin-Spaltungen (nach Arg, Lys)
H3N Glu Arg Met Phe Phe Tyr Thr Pro Lys Ala COO
Trennung der Fragmente und Einzel-Analyse durch Edman-Abbau
* DNA-Sequenzierungen laufen nach ähnlichen Prinzipien, aber zuverlässiger. Durch den ubiquitären DNA-Code lassen sich Peptidsequenzen auch direkt aus dem genetischen Code heraus ablesen.
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Synthese von Peptiden
Festphasen-Peptidsynthese nach Merrifield
Gefahr der Racemisierung:
NH 2
NH 2
Die Synthese von Peptiden – insbesondere längerer Peptidketten – stellt ein prinzipielles Problem dar, da die direkte Umsetzung von zwei Aminosäuren zu einem Dipeptid (= Carbonsäureamid) zu unterschiedlichen Kupplungsprodukten führen kann (zwei unterschiedliche, konstitutions-isomere Dipeptide mit unterschiedlichen Eigenschaften), deren Trennung aufwendig wäre und (vor allem bei längeren Ketten zu keinen brauchbaren Ausbeuten führen würde):
Alanin (Ala)
Aminosäuren Ala + Phe ? zwei unterschiedliche Dipeptide
Des weiteren muss durch eine möglichst schonende Aktivierung der Carbonsäuren (siehe Kapitel 12) sicher gestellt werden, dass sehr stark saure oder stark basische Reaktionsbedingungen bei der Knüpfung der Peptidbindung vermieden werden, um die Gefahr der Racemisierung der biologisch aktiven a-L-Aminosäuren in die biologisch inaktiven a-D-Aminosäuren (über die Stufe achiraler Enole oder Enolate) effektiv zu unterdrücken:*
NH 2
a-L-Aminosäure achirales Enol oder Enolat a-D-Aminosäure
H3N Ala Phe COO + H3N Phe Ala COO
N-Terminus C-Terminus N-Terminus C-Terminus
* Ein 5%-ige Racemisierung pro Aminosäure ergibt bereits bei der Synthese eines Decapeptids einen Anteil von 1-0.95 10 = 40% unbrauchbarer Peptidketten, die praktisch nicht abtrennbar sind.
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Synthese von Peptiden – Merrifield Festphasen-Synthese
Eine sehr elegante Methode der Peptid-Synthese stellt die Festphasen-Synthese nach Merrifield dar (entwickelt 1963, Nobelpreis für Chemie 1984; SPPS = solid phase peptide synthesis), die die oben beschriebenen Probleme der Regioselektivität, der Racemisierung, und der Reinigung der Produkte praktisch löst. Auf die Details soll hier nicht eingegangen werden – aber dennoch soll das zugrunde liegende Prinzip der Methode kurz erläutert werden (siehe auch Schema auf der nächsten Seite): Im ersten Schritt wird die C-terminale Aminosäure an einer Oberfläche einer festen Phase (Polymerharz) gebunden. Anschließend wird die Aminogruppe dieser Aminosäure mit der Carboxylgruppe einer N-geschützten Aminosäure gekuppelt (durch die Schutzgruppe gibt es nur eine Möglichkeit der Kupplung!), woraus ein an der festen Phase gebundenes Dipeptid resultiert. Anschließend wird die N-terminale Schutzgruppe wieder entfernt, und der Kupplungs-Schritt und Entschützungs-Schritt (Deblockierung) wiederholt (? Tripeptid ? Tetrapeptid ? usw.). Zwischenzeitlich durchzuführende Reinigungsoperationen können durch sehr einfaches „waschen“ der Festphasen- Trägermaterialien mit Lösungsmitteln durchgeführt werden, da aufgrund der kovalenten Bindung an das Polymerharz das Produkt-Peptid nicht „davon schwimmen“ kann. Nach Abschluss der gesamten Synthese wird das Peptid vom Trägerpolymer chemisch abhydrolysiert (abgespalten) und kann isoliert werden.
Mittels der Festphasen-Synthese können Peptide und Proteine mit Kettenlängen bis ca. 70-100 Aminosäuren aufgebaut werden. Dabei können auch natürliche Peptide die in Bakterien nur schwer exprimierbar sind dargestellt werden, oder auch Peptide die teilweise oder ausschließlich aus D- Aminosäuren oder unnatürlichen (d.h. nicht-proteinogenen) Aminosäuren bestehen, synthetisch gewonnen werden. Ein weiterer Vorteil der Festphasen-Synthese ist ihr vollständig automatisierbarer Ablauf mit Hilfe von Peptid- Synthese-Robotern. Typische Synthese-Zeiten liegen bei einer Gesamtzeit von unter 40 min. pro Kupplungsschritt, und können ohne Benutzereingriff Computergesteuert über Nacht laufen (lt. Hersteller auch bis ca. 50 unbeaufsichtigte Cyclen); neue Techniken versprechen noch kürzere Synthesezeiten pro Cyclus.
Kommerzieller Peptid-Synthese-Roboter im Biochemischen Labor.
* Wesentlicher Unterschied der chemischen SPPS im Vergleich zur ribosomalen Biosynthese von Peptiden ist, dass die SPPS immer in umgekehrter Richtung vom C- zum N-Terminus hin erfolgt .
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Schema der Merrifield Festphasen-Synthese von Peptiden*
i-te Aminosäure (N-terminal geschützt)
BOC-Schutzgruppe
Produkt
AS 2 AS 1
erste Aminosäure ? C-Terminus
Aufbringen der Schutzgruppe auf die Aminofunktion
di-tert-Butyldicarbonat tert-Butanol
Abspaltung des Peptids vom Trägermaterial
Hydrolyse der Ester-Bindung zum Trägermaterial mit Flusssäure (HF)
+ CO 2?
Anknüpfung an den freien N-Terminus
tert-Butoxycarbonyl- Schutzgruppe (BOC)
n-fache Wiederholung der Deblockierung und anschließenden Kupplung mit einer weiteren Aminosäure
oder
BOC-Schutzgruppe
C-terminale- 1. Aminosäure kovalente Ester-Bindung an das Trägermaterial
S N2
R1 neu geknüpfte Peptidbindung
OCH 2
Abspaltung der BOC-Schutzgruppe mit Trifluoressigsäure ? gasförmige Spaltprodukte
Kupplung der nächsten Aminosäure mit der freien Aminogruppe
OCH 2
OCH 2
- CsCl
CF 3COOH / CH 2Cl 2
CO2 ? + ?
Festes, unlösliches Trägermaterial (Polymer-Harz)
Dicyclohexylcarbodiimid (DCC)
* Trotz der großen Leistung der chemischen Synthese ist jede Bakterienzelle besser: Zellen synthetisieren ribosomal Proteine mit tausenden von Aminosäuren fehlerfrei und in Sekunden!
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Oligopeptide, Polypeptide und Cyclopeptide
Polymerisationsgrad von Aminosäuren in biologischen Peptiden und Proteinen
Polykondensation
n = 2 Dipeptid
n = 3 Tripeptid
n = 20 Oligopeptid
n = 100 Polypeptid
Der stufenweise Aufbau der linearen Peptidketten (Aminosäuren ? Dipeptide ? Tripeptide ? usw.) führt über die Oligopeptide (bis ca. 20 Aminosäuren) zu den „eigentlichen“ Polypeptiden (bis ca. 100 Aminosäuren) und Proteinen (mit > ca. 100 Aminosäuren bis zu ca. 8000 Aminosäuren für extrem große Proteine). Im Fall von cyclischen Peptiden (? Ringschluss zwischen dem N-Terminus und dem C-Terminus) werden diese auch als Cyclopeptide bezeichnet.
Molmassen ca. [ g / mol ] ˜ 200-500 ˜ 2.000 ˜ 10.000 bis > 1.000.000
Räumliche Struktur der Peptide und Proteine
n > 100 - mehrere 1000 Proteine
Die langen Peptid-Hauptketten der Oligo- und Polypeptide liegen keinesfalls immer in völlig ungeordneten und „verknäulten“ dreidimensionalen Strukturen vor. Vielmehr führt die Planarität und Starrheit der Peptidbindungen selbst (siehe oben, Mesomerie der Amide) und der polare Charakter der Amidbindungen (? Wasserstoff- Brückenbindungen), bzw. der hydrophile oder hydrophobe Charakter der Aminosäure-Seitenketten entlang der Hauptkette zu sehr vielfältigen intramolekularen (und intermolekularen) Wechselwirkungen. Diese Interaktionen führen oft zu einer wohl definierten Faltung der Peptidketten, die aber leider bis heute nicht zuverlässig vorhersagbar ist.*
N-Terminus H3N R1 H N O N H R3 H N O N H R5 H N O O Seitenketten C-Terminus O R2 O R4 O R6 Seitenketten
Richtung der Hauptkette
* Selbst für kurze Oligopeptide gibt es häufig so viele Möglichkeiten, dass selbst leistungsfähigste Computer in der Anzahl der Möglichkeiten ersticken. Bleiben exp. Methoden der Strukturbestimmung.
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Struktur-bestimmende Wechselwirkungen
Intra- und intermolekulare Wechselwirkungen zwischen Peptidketten
Disulfid-Brücken zwischen Cystein-Resten:
SH HS
- 2 [H]
? kovalente Bindung (Bindungsenergie ca. 290 kJ/mol) ? Bindungslänge (S-S) ca. 2.0 bis 2.1 Å (˜ 0.20-0.21 nm) ? relativ starre und rigide Verknüpfung von Cys-Cys
Die folgende Zusammenstellung gibt eine Übersicht über unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen Aminosäuren, die entscheidend die Faltung und dreidimensionale Struktur von Proteinen beeinflussen. Wechselwirkungen können zwischen benachbarten Aminosäuren eines Peptidstrangs auftreten, oder aber auch zwischen unterschiedlichen Segmenten der Peptidkette ein und desselben Moleküls (intramolekular), oder zwischen völlig getrennten Molekülen (intermolekular). Einzelne Wechselwirkungen können lokal sehr starke Effekte zeigen (starke Wechselwirkungen durch Disulfid-Brücken, Wasserstoff-Brückenbindungen oder Salz-Brücken), andere Effekte wirken über große Oberflächenregionen von Proteinen zwischen einer Vielzahl von unterschiedlichen Aminosäure-Seitenketten. Viele schwache Wechselwirkungen (hydrophobe Effekte und Van der Waals Wechselwirkungen) können in der Summe eine sehr starke Interaktion bewirken, und damit einen deutlichen Effekt auf Stabilisierung von Faltungsmustern ausüben. Die native Faltung der Proteine lässt sich durch Änderungen der Umgebung (pH-Wert, Ionenstärke der Lösung, Temperatur, etc.) beeinflussen. Geringe Änderungen haben in der Regel reversible Änderungen der Proteinstruktur zur Folge, während drastische Änderungen eine irreversible Denaturierung der Proteine zur Folge haben, die Renaturierung ist dann bei Umkehr der Bedingungen nicht mehr möglich (Gerinnung von Milcheiweiß beim Ansäuern, Verfestigung des Hühnereiweiß beim Kochen, etc.).*
Salz-Brücken zwischen geladenen Aminosäure-Resten:
? starke, ionische Wechselwirkung insbesondere zwischen geladenen Aminosäuren Asp/Glu und Arg/Lys/His ? in der Regel in Verbindung mit direkten Wasserstoff- Brückenbindungen ? Bindungsstärke sehr stark abhängig von der Umgebung und der Solvatation der Gruppen vor der Bindung
* Die Denaturierung ist aus dem gleichen Grund irreversibel, aus dem ein „zerspielter“ Wollknäuel sich nicht spontan wieder ordentlich aufwickelt: Entropie (= Unordnung)!
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Struktur-bestimmende Wechselwirkungen
Wasserstoff-Brückenbindungen zwischen polaren Resten:
d d H O
(z.B. a-Helix/ß-Faltblatt)
? relativ starke, polare Wechselwirkung über elektrostatische Kräfte zwischen polaren Atomen ? H … Akzeptor Abstände ca. 2.0 bis 3.5 Å ? Donor-H … Akzeptor Winkel zwischen 120-180° ? Bindungsstärke sehr stark abhängig von der Orientierung, Umgebung und der Solvatation der Gruppen, ca. 10-20 kJ/mol
Hydrophobe Wechselwirkungen zwischen unpolaren Resten:
regional unpolare Proteinoberfläche
? in wässriger Lösung ein "Vermeidungseffekt" zwischen unpolaren Gruppen und Wasser (ungerichtet, unspezifisch) ? Wechselwirkung zwischen ganzen Oberflächenregionen, in der Summe (viele unpolare Reste) auch sehr dominant ? für eine CH 3-Gruppe (25 Å 2 ) ca. 3-6 kJ/mol
p-p-Wechselwirkungen zwischen aromatischen Ringen:
face-to-edge Wechselwirkung
Abstand zwischen den Ringen ca. 3.4 - 4.0 Å R
? nicht-kovalente, mittel-schwache Stapelwechselwirkung zwischen aromatischen p-Systemen und Ringen ? Bindungsstärke sehr stark abhängig von der Orientierung und Abstand (face-to-face und face-to-edge), ca. 5-10 kJ/mol
temporäres Dipolmoment
face-to-face Wechselwirkung
Van der Waals Wechselwirkungen zwischen unpolaren Resten:
iduziertes Dipolmoment
? Van der Waals Wechselwirkungen als die Summe von Dipol / Dipol (Keesom WW), Dipol / induz. Dipol (Debye WW) und London-Dispersion (temporärer / induzierter Dipol) ? nicht-kovalente, im einzelnen schwache Wechselwirkung zwischen unpolaren Resten, in der Summe aber auch stark ? nicht einfach trennbar von hydrophoben Wechselwirkungen
Anmerkung: siehe auch Kapitel 2 – (Alkane) zum Thema der Van der Waals Wechselwirkungen. Auch die schwachen Effekte (Hydrophobizität, VdW, etc.) können zusammen große Effekte zeigen.
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Struktur der Peptide und Proteine
Dreidimensionale Strukturen von Proteinen
Der sehr komplexe Aufbau von Peptiden und Proteinen erfordert verschiedene Methoden der Strukturbeschreibung und rechtfertigt unterschiedliche Ebenen der Vereinfachung. Ganz allgemein werden die unterschiedlichen strukturellen Eigenschaften und Aspekte der Proteinstrukturen daher im Rahmen der Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur diskutiert, wobei die Grenzen nicht immer genau zu definieren sind und fließend verlaufen. Die Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur beschreibt die räumliche Gestalt der Proteine mit steigender Detailgenauigkeit (entspricht der „intramolekularen“ 1D, 2D und 3D-Beschreibung), während die Quartärstruktur übergeordnete Strukturprinzipien zwischen Molekülen („intermolekulare“ Struktur) behandelt.* Im übertragenen Sinn entsprechen diese Begriffe der Proteinchemie und Biochemie den Begriffen der Konstitution, Konfiguration und Konformation der Stereochemie. Mit steigender „Detailgenauigkeit“ werden unterschiedliche Eigenschaften der Moleküle beschrieben, wobei im Kapitel 3 der Stereochemie gezeigt wurde, dass erst die Konstitution bekannt sein muss, bevor man die Konfiguration bestimmen kann, ohne die wiederum jede Diskussion der Konformation sinnlos ist. Analog sind die Begriffe der Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur im Bereich der Proteine zu sehen, wobei häufig strukturelle Eigenschaften dieser biochemischen Makromoleküle häufig entweder nicht bekannt sind, oder aber der exakte räumliche Aufbau gegenüber ihrer biologischen Funktion völlig in den Hintergrund tritt. In allen Fällen, in denen aber eine exakte Struktur von Proteinen oder Enzymen bekannt ist – und das sind mittlerweile sehr viele Strukturen – ergeben sich faszinierende Einblicke in die funktionellen Bausteine der Biologie und der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen. Und das ist genau der Grund warum wir uns hier so intensiv mit der Organischen Chemie beschäftigen. Unterschiedliche 3D-Strukturen von Peptiden, Proteinen und Enzymen werden in Datenbanken gesammelt und können von dort aus weltweit abgerufen werden. Die größte und bekannteste Datenbank dieser Art ist die RCSB PDB Datenbank, die eine große Fülle von frei verfügbaren Strukturen umfasst:
RCSB PDB Datenbank – Web-Links: http://www.rcsb.org/pdb/ (alter Link – wird früher oder später ersetzt gegen: http://www.wwpdb.org/ )
* Die folgende Zusammenfassung soll keine Vorlesung der Protein- oder Biochemie ersetzen. In knapper Form sollen nur einige Begriffe erläutert werden.
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Primärstruktur der Peptide und Proteine
Primärstruktur von Proteinen – Die Aminosäuresequenz
Unter der Primärstruktur eines Proteins oder Peptids versteht man die Reihenfolge (Sequenz) der Aminosäuren entlang der Peptidkette im Molekül. Die Primärstruktur eines Proteins ist in der DNA der Zelle, die das Protein herstellt, genetisch festgelegt, kennt man das codierende Gen, so kennt man (fast) auch die Sequenz des zugehörigen codierten Proteins (Post-Translations-Effekte ausgeschlossen). Die Information der Primärstruktur kann Informationen über Disulfid-Brücken zwischen unterschiedlichen Cystein-Aminosäuren (Cys-S-S-Cys) beinhalten, diese werden aber oft auch unter der Sekundärstruktur (Faltungsmuster) der Proteine behandelt, da sie die räumliche Anordnung der Peptidketten sehr entscheidend beeinflussen (? kovalente Bindungen zwischen Cystein-Seitenketten, auch zwischen in der eigentlichen Sequenz sehr weit entfernten – aber räumlich benachbarten – Cystein-Aminosäuren). So besteht Rinderinsulin (das erste Peptid, dessen Sequenz 1955 von Saenger vollständig aufgeklärt wurde) aus zwei Aminosäureketten mit 21 bzw. 30 Aminosäuren (A- und B-Kette), die über zwei Disulfid-Brücken zwischen den Ketten (CysA7-S-S-CysB7 und CysA20-S-S-CysB19 ) und eine Disulfid-Brücke (CysA6-S-S-CysA11 ) innerhalb der A-Kette fixiert werden:*
Aminosäuresequenz von Rinderinsulin
A-Kette
H3N Gly Ile Val Glu Gln Cys Cys Ala Ser Val Cys Ser Leu Tyr Gln Leu Glu Asn Tyr Cys Asn COO
1 5 6 10 11 15 21
H3N Phe Val Asn Gln His Leu Cys Gly Ser His Leu Val Glu Ala Leu Tyr Leu Val Cys Gly
B-Kette
1 5 7 10 15
OOC Ala
Lys Pro Thr Tyr Phe Phe
* Schweine- und Humaninsulin unterscheiden sich von der abgebildeten Sequenz in lediglich drei Aminosäuren (Aminosäure-Mutationen A8: Ala ? Thr, A10: Val ? Ile und B30: Ala ? Thr).
Gly Arg
GIVEQCCASVCSLYQL ENYCN
1 5 10 15 21
Kurzschreibweise mit 1-Buchstaben-Code:
FVNQHL CGSHL VEAL Y LVCG 1 5 10 15 E AKPT FFGR 30
Y 25
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Sekundärstruktur der Peptide und Proteine
Sekundärstruktur von Proteinen – Die Faltung der Peptidkette
Nach der Aminosäuresequenz einer Peptidkette (Primärstruktur) beschreibt die Sekundärstruktur die dreidimensionale Faltung der Peptidkette zu übergeordneten Strukturen und Mustern. Diese Faltungen werden induziert durch Wechselwirkungen (WW) der Peptidstränge oder der Seitenketten der Aminosäuren untereinander, wobei verschiedene WW-Typen unterschieden werden (siehe unten: kovalente Bindungen, Salz-Brücken und elektrostatische WW, Wasserstoff-Brückenbindungen, Van der Waals WW, etc.). Man findet in Proteinen im wesentlichen drei verschiedene Arten von Sekundärstrukturen: a-Helix, ß-Faltblatt und unregelmäßige Zufallsknäuel („random coil“). Während a-Helix und ß-Faltblatt in der Regel relativ wohlgeordnet und starr sind, sind die „random coil“ Bereiche oft durch eine höhere Flexibilität gekennzeichnet. Innerhalb einer a-Helix liegt die Polypeptidkette in Form einer rechts-gewundenen Schraube vor.* Dabei bilden 3.6 Aminosäuren eine Windung mit einer Ganghöhe von ca. 0.54 nm (= 5.4 Å). In Proteinen besteht die a-Helix durchschnittlich aus ca. 12 Aminosäuren. Die a-Helix wird durch H-Brückenbindungen stabilisiert, die sich zwischen der Carbonylgruppe der n-ten Aminosäure und der Aminogruppe der (n+4)-ten Aminosäure innerhalb des gleichen Peptidstrangs ausbilden; die H-Brücken verlaufen nahezu parallel zur Achse der a-Helix. Dabei zeigen die Carbonyl- Sauerstoffatome der Peptidbindungen alle in dieselbe Richtung, so dass die a-Helix einen gestreckten Dipol darstellt. Die Seitenketten der Aminosäuren ragen nach außen von der zentralen Helixachse weg. a-Helices finden sich in fast allen Proteinstrukturen, und helikale Bereiche werden u.a. in Transmembranproteinen häufig ausgebildet, bei denen die helikalen Bereiche durch nach außen präsentierte Seitenketten von hydrophoben Aminosäuren in der hydrophoben Lipid-Membran verankert sind. Kombination verschiedener Helices ergibt Bündel- oder Fass-Strukturen der Proteine. Auch die ß-Faltblatt-Strukturen werden durch Wasserstoff-Brückenbindungen stabilisiert. Jedoch treten bei ß- Faltblättern die H-Brücken zwischen benachbarten Polypeptidsträngen auf und nicht wie bei der a-Helix innerhalb ein und derselben Peptidkette. Die Peptidketten im Faltblatt sind entweder in paralleler oder anti-paralleler Anordnung jeweils in Zick-Zack-Form gefaltet (siehe unten), aber fast vollständig linear angeordnet, so dass sich „Peptidplatten“ ausbilden. Die Seitenketten werden alternierend zur einen oder anderen Seite des Faltblatts hin präsentiert, und stehen fast senkrecht auf der Ebene der Wasserstoff-Brückenbindungen und dem eigentlichen ß-Faltblatt. Im folgenden erfolgt eine kurze Zusammenstellung der Struktur-bestimmenden Wechselwirkungen sowie der Charakteristika der a-Helix und des ß-Faltblatts.
* Der Vergleich der peptidischen a-Helix mit einer spiralförmigen Telefonschnur (NEIN, nicht die linear Schnur von Ihrem Handy-Ladegerät) drängt sich auf. Nur ist die jetzt rechts- oder linksgängig?
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Sekundärstruktur der Peptide und Proteine – a-Helix
a-Helix Sekundärstruktur-Element:
rechtsgängige Helix
3.6 Aminosäuren pro Helix-Windung ? Ganghöhe ca. 5.4 Å / Windung
N-Terminus
C-Terminus
Bündel von a-Helices:
Anmerkung: Die Computer-Graphiken zeigen anhand von Bändermodellen die abwechselnden geordneten, helikalen und ungeordneten, „random coil“ Bereiche entlang der Peptid-Kette.
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Sekundärstruktur der Peptide und Proteine – ß-Faltblatt
Antiparallele ß-Faltblatt-Struktur:
Parallele ß-Faltblatt-Struktur:
Anmerkung: Die Richtung der Peptidketten verläuft laut Konvention immer vom N-Terminus zum C-Terminus. Beachten Sie die unterschiedlichen H-Brückenbindungsmuster!
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Tertiärstruktur der Peptide und Proteine
Tertiärstruktur von Proteinen – Die räumliche Anordnung der Aminosäuren und Seitenketten
Die Tertiärstruktur der Proteine beschreibt die genaue räumlich Anordnung aller Aminosäuren und derer Seitenketten. Innerhalb eines Proteins können verschiedene Sekundärstruktur-Elemente (a-Helices, ß-Faltblatt- Strukturen, etc.) zu einer Gesamtstruktur zusammengesetzt vorliegen, so dass sich sehr unterschiedliche räumliche Bauprinzipien ergeben.*
Die Tertiärstruktur eines Proteins hängt von zwei wichtigen Faktoren ab: in erster Linie natürlich von der Primärstruktur (also der Aminosäuresequenz), in zweiter Linie aber auch von den äußeren physikalischchemischen Bedingungen unter denen das Protein vorliegt. Bei Temperaturänderungen brechen einige der schwachen intramolekularen Bindungen auf, so dass sich die Tertiärstruktur ändern kann. Verändert sich der pH-Wert des Mediums, so verlieren einige saure oder basische Seitenketten ihre negativen bzw. positiven Ladungen, und bestehende Bindungen können aufgelöst werden, was sich wiederum auf die Tertiärstruktur auswirkt.
Abbildung der Struktur eines Tubulin- Proteins in atomarer Auflösung.
* Die Biochemie unterscheidet nach der Gestalt der Proteine zwischen „globulären Proteinen“ (kugelförmigen Strukturen) und „fibrillären Proteinen“ (faser-artige Strukturen).
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Tertiärstruktur der Peptide und Proteine – 3D-Modelle
Tertiärstruktur (3D-Raumstrukur) eines Enzyms mit überlagertem Bänder Modell („ribbon model“). Die aktive Bindungstasche dieses Enzyms (CPK-Kugeln) ist im Inneren eines zentralen Hohlraums lokalisiert, der über Kanäle zugänglich ist.
Oberflächenmodell des gleichen Enzyms mit eingelagertem Substrat-Liganden (CPK-Kugeln) und angedeuteten „free-space-spheres“ (gelbe, transparente Kugeln) zur Verdeutlichung der Öffnungen der Eintritts- und Austrittskanäle.
Anmerkung: Das abgebildete Enzym zeigt eine Dipeptidyl-Peptidase (DPP-IV) aus der eigenen Forschung, die an der Hydrolyse und Regulation vieler Peptidhormone im Stoffwechsel beteiligt ist.
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Tertiärstruktur der Peptide und Proteine – 3D-Modelle
Oberflächenmodell des Enzyms mit einer Farb-kodierten Darstellung der elektrostatischen Oberflächenpotentiale (blau: positive Ladungen, rot: negative Ladungen; berechnet mittels theoretischer Methoden).
Oberflächenmodell des Enzyms mit einer Farb-kodierten Darstellung der Oberflächen-Polarität (blau: hydrophile Regionen, gelb: hydrophobe Oberflächenbereiche; berechnet mittels theoretisch-empirischer Modelle).
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Wechselwirkungen von Substraten mit Enzymen*
TYR 547
P 1 = PRO, ALA
P 1'
SER 630
Si-side attack
catalytic triad
HIS 740
Abbildung oben: Catalytic mechanism of the serine protease DPP-IV. Shown are the amino acid residues SER630, HIS740, and ASP708 which are part of the catalytic triad, as well as TYR547. Hydrolysis of the P 1 -P 1 ’ bond of the substrate is initiated by nucleophilic attack of SER630 on the carbonyl carbon atom, and simultaneously, the SER630 proton is transferred to HIS740 with the positive charge stabilised by ASP708. The tetrahedral intermediate receives a proton from TYR547 (oxyanion hole). In subsequent steps, this intermediate is hydrolysed by water, and the catalytic cycle is repeated after the products have left the binding site.
Abbildung rechts: Schematic drawing of the binding site of DPP-IV with a tripeptide inhibitor (TBG802-PRO803- ILE804) bound to SER630 as the tetrahedral intermediate (X-ray structure; PDB reference code 2AJB). The dotted lines indicate the major interactions (salt bridges and hydrogen bonds) and the corresponding distances between the heavy atoms within in the binding site.
Anmerkung: Dies ist der molekulare Wirkmechanismus des auf den vorherigen zwei Seiten abgebildeten Enzyms.
ASP 708
ARG 669
extension towards central cavity
PHE 357
small hydrophobic S 1 pocket
4.26 NH2 TYR 547
TBG 802
GLU 206
cation hole
TYR 666
2.82
TYR631 VAL711 VAL 656 TRP 659
P 1'
oxyanion hole
2.95
SER 630
PRO 803
NH 3
2.70
GLU 205
3.14
2.30
oxyanion hole
2.83
tetrahedral intermediate
2.96
2.93
HIS 740
TYR 547
2.96
3.02
SER 630
1.43
HO TYR 662
NH 2
catalytic triad
3.09
ARG 125
2.95 + 3.34
ASP 708
HIS 740
P1' ILE804 3.05
hydrolysis
2.91
active site cleft
products
ASP 708
open S 1' groove extension towards central cavity
DPP-IV (2AJB) binding site with tripeptide inhibitor
* Der abgebildete Enzym-Mechanismus zeigt eine Dipeptidyl-Peptidase (DPP-IV) und deren katalytischen Mechanismus der Hydrolyse von Peptidbindungen, und molekulare Wechselwirkungen.
Seite 14-34
Wechselwirkungen von Substraten mit Enzymen*
* Computer-generierte Darstellung der Bindungstasche der auf den vorherigen Seiten abgebildeten Dipeptidyl-Peptidase (DPP-IV) mit eingelagertem Substrat, das hydrolytisch gespalten wird.
Seite 14-35
Quartärstruktur der Peptide und Proteine
Quartärstruktur von Proteinen – Supramolekulare Aggregate und Überstrukturen
Die Quartärstruktur der Proteine beschreibt schließlich die Zusammenlagerung gleicher oder unterschiedlicher Proteine zu großen Aggregaten, supramolekularen Strukturen (Proteinkomplexen) und funktionalen Einheiten (in der Abbildung unten ein cyclisches Heptamer aus sieben identischen Protein-Untereinheiten):*
* Auf die unterschiedlichen Funktionen der Proteine soll hier nicht eingegangen werden.
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Proteinstrukturen – Eine Galerie von Strukturen
Anmerkung: Die Zugegebenerweise wahllos erscheinende Zusammenstellung der Darstellung von Sekundärstrukturen verschiedener Proteine zeigt unterschiedliche a-Helices und ß-Faltblätter.