Seite 20-1 Organische Chemie - Ergänzungen 20 – Vitamine und Coenzyme Priv.-Doz. Dr. Stefan Immel Universität Leipzig, Wintersemester 2007/2008. Seite 20-2 Vitamine Vitamine und Cofaktoren Bei vielen enzymatisch katalysierten Reaktionen sind außer den eigentlichen Enzymen noch sogenannte Cofaktoren beteiligt, die für die katalytische Wirkung unerlässlich sind. In einigen Fällen sind das koordinativ gebundene Metallionen (? Metalloenzyme), die über ihre Lewis-Acidität die katalytische Wirkung der Enzyme unterstützen oder erst bewirken, in anderen Fällen sind dies organische Moleküle (? Cofaktoren) die über nicht-kovalente (? dissoziable Coenzyme) oder kovalente Bindungen (? nicht-dissoziable prosthetische Gruppen) an die Enzyme gebunden sind.* Den einzelnen Cofaktoren können sehr unterschiedliche Aufgaben zukommen, so können sie als Oxidations- oder Reduktionsmittel, Elektronenüberträger, reaktive Nucleophile oder als Aktivatoren für bestimmte funktionelle Gruppen wirken. Die katalytische Wirkung dieser Cofaktoren wird durch ihre Regeneration im Verlauf der katalysierten Reaktion oder in gekoppelten biochemischen Stoffwechselprozessen gewährleistet, so müssen z.B. die als Oxidationsmittel fungierenden Cofaktoren in anderen, parallel ablaufenden, Prozessen durch Oxidation wieder in ihren Ausgangszustand zurückversetzt werden, damit deren katalytische Eigenschaften gewährleistet bleiben, und damit der reibungslose (nicht-pathogene, gesunde) Ablauf der Stoffwechselprozesse sichergestellt ist. Frühe ernährungsphysiologische Beobachtungen haben gezeigt, dass es neben den Hauptnahrungsbestandteilen (Energielieferanten wie. z.B. Kohlenhydrate, Lipide, Proteine) Stoffe gibt, die in kleinen Mengen dem Organismus von außen (exogen) zugeführt werden müssen. Neben den essentiellen Aminosäuren (siehe Kapitel 14) und Spurenelementen (die in größeren Mengen zugeführt werden müssen), sind dies die Vitamine. Der Engländer F. Hopkins erkannte als erster den Zusammenhang zwischen verschiedenen Krankheiten (Skorbut, Rachitis) und Mangelerscheinungen bestimmter Nährstoffe, gefolgt von Beobachtungen durch C. Eijkman (Nobelpreise in Medizin, 1929). Bei dem ersten dieser Nährstoffe der identifiziert wurde (Thiamin) handelte es sich um ein Amin, was durch eine vorschnelle Schlussfolgerung C. Funk 1912 veranlasste zu glauben, es müsse sich in all diesen Fällen um Amine handeln und den Namen „Vitamin“ zu prägen (lat.: vita, „Leben“ + „Amin“). C. Eijkman (1858-1930) Nobelpreis Medizin, 1929 F. G. Hopkins (1861-1947) Nobelpreis Medizin, 1929 * Ein Enzym inklusive des individuell benötigten Cofaktors wird als Holoenzym bezeichnet, die reine – katalytisch nicht aktive Peptidkette – dieser Enzyme nennt man Apoenzym. Seite 20-3 Vitamine Die Definition, dass Vitamine Substanzen darstellen, „die für den Stoffwechsel unentbehrlich (essentiell) sind und in geringen Mengen zugeführt werden müssen“, hat ihre Grenzen: Das bekannteste Vitamin, Ascorbinsäure (Vitamin C) ist für den Menschen essentiell (Fehlen des Enzyms L-Gulonolacton-Oxidase aufgrund genetischer Defekte), während andere Säuger (z.B. Schweine) die Fähigkeit zur selbstständigen Biosynthese behalten haben (bei ausreichend ausgewogener Ernährung hat dieser Enzymdefekt offenbar keine negativen Auswirkung im Verlauf der Evolution gehabt, da der Bedarf über die tägliche Nahrung gedeckt werden konnte). Außerdem muss Vitamin C dem (menschlichen) Organismus schon in „größeren“ Mengen zugeführt werden (Tagesbedarf ca. 75-100 mg), so dass eine enge Definition für Vitamine schnell an ihre Grenzen stößt. Weiterhin kann Vitamin D (siehe Kapitel 18 – Steroid- Hormone) in gewissem Maße unter Sonnenbestrahlung in der menschlichen Haut eigenständig synthetisiert werden. In jedem Fall aber sind die Vitamine von den energieliefernden Nahrungshauptbestandteilen zu unterscheiden. Für den Menschen (Homo sapiens) kennt man 13 lebenswichtige Vitamine, die für den Stoffwechsel essentiell sind, die mit Buchstaben (A, B, C, D, E, K) oder chemischen Trivialnamen bezeichnet werden. Die frühen Untersuchungen haben gezeigt, dass sich diese Vitamine in zwei größere Gruppen unterteilen lassen, die wasserlöslichen (B und C) und die fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K) – alle wasserlöslichen Vitamine mit Ausnahme von Vitamin C gehören zur B-Gruppe. Alle B-Vitamine und Vitamin K stellen Vorstufen für Coenzyme dar, die in Enzymen unterschiedliche katalytische Aufgaben übernehmen, während die Vitamine A, C, D und E andere Rollen übernehmen (siehe unten, so dient z.B. das wasserlösliche Vitamin C im wesentlichen als Radikalfänger im wässrigen Zellmedium, während das fettlösliche Vitamin E die gleiche Funktion in der apolaren Umgebung der Zellmembran übernimmt). Da es sich bei den Vitaminen um lebenswichtige Stoffe handelt, stellen sich bei Mangelerscheinungen mehr oder weniger rasch charakteristische Krankheitsbilder ein (Hypovitaminose, pathogene Zustände deren Ursachen Fehlernährung, aber auch krankhafte Resorptionsstörungen oder genetische Defekte sein können), die z.T. nach Behebung der Mangelsituation wieder verfliegen. Umgekehrt kann eine übermäßige Zufuhr von Vitaminen (Hypervitaminose) ebenfalls zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen. Hypervitaminosen der wasserlöslichen Vitamine sind schwer erreichbar, da diese Verbindungen rasch über die Nieren und den Harn ausgeschieden werden.* Hypervitaminosen sind häufiger bei den schwerer ausscheidbaren, fettlöslichen Vitaminen (vor allem A und D), die zu akuten oder chronischen „Vergiftungen“ führen können (z.B. Überdosierung von Vitamin A aus Leber oder Lebertran). Der tatsächliche Tagesbedarf der einzelnen Vitamine variiert sehr stark und hängt von vielen Faktoren ab. * L. Paulings Annahme, Vitamin C wirke vorbeugend gegen Krebs veranlasste ihn, davon 18 g/d (!) einzunehmen. Wahrscheinlicher als eine Hypervitaminose ist hier eher eine (saure) Magengastritis! Seite 20-4 Vitamine und Ernährung Vitamine und Ernährung Eine gesunde und ausgewogene Ernährung deckt den täglichen Vitaminbedarf des Menschen vollkommen (daher nützen die Vitaminpräparate eigentlich nur der Pharmaindustrie), der genaue Bedarf kann jedoch je nach persönlichen Lebensumständen (Schwangerschaft und Stillzeit Umweltbelastungen, Stress, Alkohol- und Nicotinkonsum sowie bestimmte Krankheiten und Einnahme von Medikamenten) schwanken. Einige der Vitamine können auch in Form von biosynthetischen Vorstufen (Pro- oder Prävitamine) dem Körper zugeführt werden, durch im Verlauf der Evolution nicht verloren gegangene Umwandlungsmechanismen werden diese dann in die eigentlichen Vitamine umgewandelt. Die Namensbezeichnung der Vitamine durch Buchstaben (und gegebenenfalls durch Indizes wie z.B. B1 , B2 , etc.) folgt nur z.T. der zeitlichen Reihenfolge ihrer Entdeckung, ausgelassene Buchstaben oder Indizes beruhen auch auf späteren Umbenennungen bzw. Korrekturen von Vitaminwirkungen. Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die 13 unterschiedlichen, für den Menschen bekannten, unerlässlichen Vitamine.* Abk. B 10 B 11 B 13 B 14 B 15 B 16 B 17 B 22 Erläuterungen veraltete Bezeichnung für Niacin und auch Vitamin B5 frühere Bezeichnung für Adenin und Cholin veraltete Bezeichnung für Pantothensäure und Vitamin B3 veraltete Bezeichnung für Biotin ungebräuchliche Bezeichnung für Adenosinphosphat ungebräuchliche Bezeichnung für Folsäure Mix aus Vitaminen der B-Gruppe ungebräuchliche Bezeichnung für Folsäure (Vitamin B 9 ) ungebräuchliche Bezeichnung für Orotsäure ist ein Mix aus Vitamin B10 und B11 ungebräuchliche Bezeichnung für Pangamsäure wird dem Vitamin B 6 Pyridoxin zugeordnet Marketing für Laetril (Amygdalin) soll ein Bestandteil von Aloevera-Extrakt sein Abk. Erläuterungen vorschnelle Einordnung als Vitamin von p-Aminobenzoesäure vorschnelle Einordnung von L-Carnitin als Vitamin ungebräuchliche Bezeichnung für para-Aminobenzoesäure alle essentiellen Fettsäuren (z.B. Linolsäure, Linolensäure) Trivialname für Biotin (auch Vitamin B 7 ) angeblich nachgewiesene Stoffe vergleichbar mit Vitamin C Marketing für Mischungen verschiedener Flavonoide Trivialname für Nicotin(säure)amid, siehe auch Vitamin B3 Marketing für das nicht essentielle Ubichinon siehe Vitamin B 10 siehe Vitamin B 11 siehe Vitamin BT irreführende Bezeichnung für Methylmethionin * Zur Namensgebung und der Historie der Entdeckung der Vitamine siehe auch die weiter unten angegebene Zusammenfassung. Zumindest lesenswert! Seite fettlösliche Vitamine wasserlösliche Vitamine Abk. K 1 K 2 B 12 20-5 Vitamine und Ernährung Name Retinol Calciferol Tocopherole Phyllochinon Menachinon / Farnochinon Thiamin Riboflavin Niacin, Nicotinsäureamid, Nicotinsäure Pantothensäure Pyridoxin Biotin (Vitamin H) Folsäure, auch Pteroylglutaminsäure Cobalamin Ascorbinsäure Coenzym Vitamin KH 2 Thiaminpyrophosphat (TPP) NAD(P) + FAD / FMN FADH2 / FMNH2 NAD(P)H Coenzym-A (CoA-SH) Pyridoxalphosphat (PLP) Biotin Tetrahydrofolat (THF) Coenzym B 12 Tagesbedarf 0.8–1 mg 5 µg 10–15 mg 0.001–2.0 mg 1.3–1.8 mg 1.8–2.0 mg 15–20 mg 8–10 mg 1.6–2.1 mg 0.25 mg 0.16–0.40 mg 3 µg 100 mg Wirkungen* Sehkraft, Zellwachstum, Hauterneuerung Calciumaufnahme Immunsystem, Radikalenfänger Blutgerinnung, Calciumhaushalt Kohlenhydratstoffwechsel, Schilddrüse, Nerven Fett-, Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel Merkfähigkeit und Konzentration Wundheilung, Immunsystem Eiweißstoffwechsel und Nerven Entzündungshemmend, Haut, Haare und Nägel verhindert Missbildungen bei Neugeborenen, Haut Blutbildung, Nervenfunktion Infektionsschutz, Radikalfänger, Bindegewebe Mangelkrankheit* Nachtblindheit, Infektionsanfälligkeit, Wachstumsstörungen Rachitis und Osteoporose vermutlich Begünstigung von Arteriosklerose Ausfall der Blutgerinnung Beriberi: neurologische Störungen, Muskelatrophie, Herzinsuffizienz Hautenzündungen und Hautkrankheiten Pellagra, Dermatitis, Hautveränderungen Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Depressionen, Anämie, Immunschwächen Mikrozytäre, hypochrome Anämie, Dermatitis, Nervendegeneration Hautstörungen, Haarausfall, Spröde Nägel, Blutarmut Blutbildstörungen, megaloblastische Anämie Blutbildstörungen, perniziöse Anämie Skorbut, Möller-Barlow-Krankheit Vorkommen* Leber, Milchfette, Fisch, als Provitamin A (Carotin) in vielen Pflanzen Fischprodukte und Leber; in geringerer Menge in Milch Pflanzliche Öle, Blattgemüse, Vollkornprodukte Eier, Leber, Grünkohl, Broccoli, Bildung durch Darmbakterien Schweinefleisch, Erbsen, Haferflocken Schweinefleisch, grünes Blattgemüse, Vollkornprodukte mageres Fleisch, Fisch, Hefe Leber, Weizenkeime, Gemüse Leber, Kiwis, Kartoffeln Leber, Blumenkohl, Bildung durch Darmbakterien Leber, Weizenkeime, Kürbis Leber, Fisch, Milch, Lupinen, Algen Hagebutten, Acerola-Kirsche, Zitrusfrüchte, Sanddorn, Kiwis, Paprika * ohne Anspruch auf Vollständigkeit; der angegebene Tagesbedarf entspricht den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Angaben ohne Gewähr). Einige der angegebenen Mangelkrankheiten sind sehr selten; Vitamin D kann in der menschlichen Haut unter UV-Bestrahlung selbstständig gebildet werden. Seite 20-6 Entdeckung der Vitamine Geschichte der Entdeckung der Vitamine Die Geschichte der Vitamine ist interessant – in diesem Zusammenhang möchte ich nur auf eine Internet-Quelle* hinweisen die die Historie kurz zusammenfasst, und deren Inhalt ich hier im Original beibehalten möchte: In 1905, the first scientist to determine that if special factors (vitamins) were removed from food disease occurred, was Englishmen, William Fletcher. Doctor Fletcher was researching the causes of the disease Beriberi when he discovered that eating unpolished rice prevented Beriberi and eating polished rice did not. William Fletcher believed that there were special nutrients contained in the husk of the rice.** … In the late 1800s a Dutch physician Christiaan Eijkman discovered that substituting unpolished rice for polished rice would prevent beriberi, a terrible disease which caused anemia and paralysis and was found mainly among the poor. But it wasn’t till 1911 when a Polish chemist discovered the actual substance in unpolished rice that prevented the disease. It was a substance categorized as an amine, a type of nitrogencontaining compound. Funk realized that it was a substance vital to proper body function and thusly named it a "vital amine" or vitamin. Ironically, it was Eijkman who was awarded the Nobel Prize in 1929 for the discovery of vitamins, when he had actually spent a good portion of his career trying to prove that beriberi was caused by an infection. His nemesis, a general practitioner by the name of Evart van Dieren held onto the opinion that beriberi was caused by a poison. Squabbles developed into full blown battles as these two fought each other through letters filled with invectives and papers published that were extremely polemical [passionate] as Dr van Dieren held his ground claiming that Dr Eijkman had failed to pinpoint the cause of beriberi. What this amounted to was simply a battle between two egos who held their ground and fired volleys at each other vis-à-vis the scientific community, while Casimir Funk persevered in his laboratory to find the actual cause. Eijkman had found a preventative measure for beriberi in using unpolished rice, but stuck to his guns that this somehow prevented an "infection" rather than a nutritional disorder. In 1912, Funk and the British biochemist Sir Fredrick Hopkins (one of the founders of modern biochemistry) proposed the Vitamin Hypothesis of Deficiency, theorizing that the absence of a particular vitamin in one’s diet could lead to certain diseases. Sir Hopkins had established his methodology in an experiment whereby he fed mice "a synthetic diet of pure carbohydrate, pure protein, fats, and salts, Hopkins observed that the mice would stop growing unless their diet was supplemented with milk. The milk, he concluded, must contain small amounts of what he called ‘additional food factors’ in order for growth and the maintenance of health…. Hopkins succeeded in isolating what became known as vitamins A and D." Thus, by depriving animals of different types of foods in controlled experiments, scientists could now identify a number of substances that would be soon classified as "vitamins." Here we have both the beginning of the nutritional sciences and the initial roots and reason to the formation of the organization: People for the Ethical Treatment of Animals (PETA). But not all of these vitamins were vital amines. Ascorbic acid wasn’t an amine. It was an acid. So what? The word vitamin became popular and the name stuck. Ascorbic acid was the third substance found (actually, theorized) so it was given the third letter of the alphabet: C. Hence it’s new name, vitamin C. Actually ascorbic acid wasn’t discovered till 1928 by an Hungarian scientist, Szent-Gyorgyi who isolated the substance that could treat scurvy. But an anti-scurvy (anti-scorbutic) vitamin was postulated in 1911, just in time to be considered the third (or "C") vitamin discovered. Since it was anti-scurvy or a-scorbutic, it got the name ascorbic acid. * http://www.mnwelldir.org/docs/history/vitamins.htm ** http://inventors.about.com/library/inventors/bl_vitamins.htm Seite 20-7 Entdeckung der Vitamine Interestingly enough, ascorbic acid, by itself, does not cure scurvy. One needs to add some bioflavonoids to potentiate the ascorbic acid. Today you will see dictionaries referring to vitamin C as ascorbic acid, while many in the naturopathy and nutritional sciences feel that all vitamins are not just a single entity but that they are all complex entities. In health food stores, when you purchase vitamin C you will see varieties called Vitamin C Complex, which is closer to the actual vitamin than ascorbic acid alone. Modern science loves the theory of the "active ingredient." Modern science lives and dies over the philosophy of reductionism: reducing something to its active ingredient. In nature, we use every part of an herb and not just the active ingredient. An herb is more than the sum of its parts. If you want to read more on this, read: An Herb is More Than its Active Ingredient. This is one reason we always recommend whole foods over supplementation. Now, back to Christiaan Eijkman: how the heck did he get a Nobel Prize? Well, it seems that he discovered that it was a particular B vitamin that caused beriberi (even though he, himself, didn't actually accept his test results for a time), and that was B 1 or thiamine, a true amine as you can see from its name. Eijkman and Hopkins shared the 1929 Nobel prize in medicine, but Eijkman’s greatest contribution to medicine was discovering how wrong one can be while blindly sticking to one’s guns; he learned to allow the scientific process to determine truth, and he learned to play nicely with his little friends. Pellagra is a disease that was common throughout the world, and still is in some parts. It had been a little too common in the poor south, and with the economic downturn and crop failures in the early 1900s, pellagra had blossomed into a full blown epidemic. The disease causes skin rashes, especially when exposed to sunlight, mouth lesions, diarrhea, and if left long enough, mental deterioration. In 1914 the surgeon general appointed Dr Joseph Goldberger, a member of the public health service for fifteen years, to tackle the crisis of pellagra. Goldberger first merely observed the disease. He took notes, asked questions, and watched. He noted that the diet of the poor in the region consisted of cornbread, molasses, and some pork fat. The poorer the people the more likely they were to get pellagra. He noted that institutions, prisons, orphanages, and asylums had many cases of pellagra. At the time, the germ theory of disease had taken hold of medical thought, and it was assumed that pellagra was an infectious disease. Additionally, society is hardly ever ready to accept the idea that poverty could possibly cause a disease. So, when Goldberger concluded that pellagra was a nutritional disease, the medical community was less than happy to receive this news. So, in order to prove his theory, Dr Goldberger approached a prison to ask their aid in conducting a nutritional study. The prisoners who volunteered for the experiment would be pardoned. He did his best to separate the two groups so that infectious disease could be ruled out. Because it was a farm prison and their basic nutrition was good, there were no cases of pellagra. Goldberger separated his two groups, gave his experimental group the diet of the southern poor: cornmeal, molasses, and pork fat, and sure enough, within a few months, his experimental group came down with pellagra. Then to test whether pellagra was infectious, the researchers tried to "catch" the disease from the ill prisoners, but were unable. Finally, when given meat, fresh vegetables, and milk, the pellagra symptoms all vanished. Still, given this evidence, the medical community was unwilling to accept his study. Goldberger tried repeatedly to convince others, but eventually gave up and spent the rest of his life looking for the "exact" nutritional factor that caused pellagra, but it would be discovered only after his death. Goldberger’s career carried him to Washington DC where he had researched infectious diseases for an organization that would eventually become the National Institute of Health. Finally, in 1937, Conrad Elvehjem discovered that a B vitamin, nicotinic acid, or niacin, prevented and cured pellagra in dogs. In the 1930s many more discoveries were made in the world of biochemical nutrition. All the vitamins were named and classified. Seite Vitamin A Vitamin D R 3 = 23 R 2 = R 4 = 20-8 Fettlösliche Vitamine – Strukturen X = CH 2OH X = CHO X = COOH R 2-4 R 3: 7-Dehydrocholesterol = Provitamin D 3 R 2: Ergosterol = Provitamin D 2 all-trans-Retinol all-trans-Retinal all-trans-Retinsäure (Vitamin A 1) (Vitamin A Aldehyd) (Vitamin A Säure) R 2-4 R 3: Cholecalciferol = Vitamin D 3 R 2: Ergocalciferol = Vitamin D 2 R 4: = Vitamin D 4 3-Dehydroretinol (Vitamin A 2) HO OH Vitamin D-Hormon (= Calcitriol) Seite Vitamin E (Tocopherole und Tocotrienole) Vitamin K 20-9 Fettlösliche Vitamine – Strukturen Name R 1 R 2 a-Tocopherol ß-Tocopherol ?-Tocopherol d-Tocopherol Phyllochinon (Vitamin K 1) Menachinon (Vitamin K 2) = Farnochinon a-Tocotrienol ß-Tocotrienol ?-Tocotrienol d-Tocotrienol Name R 1 R 2 Menadion (Vitamin K 3) Seite Vitamin B 1 (Thiamin) 20-10 Vitamin B 5 (Pantothensäure) Vitamin B 9 (Folsäure) Wasserlösliche Vitamine – Strukturen ß-Alanin NH 2 S Pantothensäure Pantoinsäure Vitamin B 2 (Riboflavin) Vitamin B 6 (Pyridoxin) Vitamin B 7 (Biotin) Vitamin C (L-Ascorbinsäure) Vitamin B 3 (Niacin) = Nicotinsäure (CH 2) 4COOH NH 2 NH 2 NH 2 NH 2 Vitamin B 12 (Adenosylcobalamin) Seite 20-11 Vitamin A Vitamin A – Retinol und Retinal ß-Carotin (ß,ß-Carotin, Provitamin A) ß-Carotin- Dioxygenase Vitamin A1 , oder auch Retinol, ist ein fettlösliches Vitamin, das in Pflanzen als Vorstufe ß-Carotin (Provitamin A, Tetraterpen) enthalten ist und im Organismus durch oxidative Spaltung der Kohlenstoffkette in Retinal (Vitamin A Aldehyd) umgesetzt wird. Da ß-Carotin nur bei Bedarf in Retinal umgewandelt wird, und im Gegensatz zu diesem auch in größeren Mengen nicht toxisch wirkt, sollte es in Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber dem Retinol bevorzugt werden. Auch Retinol (Vitamin A1 ) wird primär zum eigentlich wirksamen Retinal oxidiert. Auf die biologische Bedeutung von Vitamin A für den Sehprozess („Chemie des Sehens“, insbesondere von Retinal) wurde bereits mehrfach hingewiesen (siehe u.a. Kapitel 5, 11 und 17). Vitamin A ist weiterhin wichtig für das Wachstum, die Funktion und den Aufbau von Haut und Schleimhäuten. Mangel an Vitamin A (Hypovitaminose) führt zu Nachtblindheit und Verhornung der Sehzellen des Auges, verringerter Sehschärfe, erhöhter Lichtempfindlichkeit und Infektionsanfälligkeit, Trockenheit der Haut, Haarausfall, und Wachstumsstörungen, sowie Störungen des Knochenwachstums im Kindesalter. Eine Überversorgung (Hypervitaminose) mit Vitamin A kann zu Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Abnahme des Knochengewebes und schmerzhaften Wucherungen der Knochenhaut führen. Die Verwertung dieses Vitamins im Körper kann durch fettarme Kost, Leberschäden und die Einnahme von Östrogenpräparaten gestört werden (Resorptionsprobleme). Als gute Quellen für Vitamin A erweisen sich Fisch, Fischleberöle (Lebertran), Leber, Butter, Eigelb, Milch und Milchprodukte. In Gemüse, zum Beispiel Karotten, Spinat, Broccoli und Grünkohl ist das ß-Carotin enthalten, ebenso in einigen orangen bis roten Früchten wie Orangen. Längeres Kochen, Sauerstoff und Licht schadet Vitamin A. Deshalb sollte man Lebensmittel, die Vitamin A enthalten, immer ungeschält oder verpackt und dunkel – am besten im Kühlschrank – lagern. Die Kochverluste liegen zwischen 10 und 30 Prozent. Retinol (Vitamin A 1) Retinol-Dehydrogenase NADH H Retinal (Vitamin A Aldehyd) Seite 20-12 Vitamin D Vitamin D – Calciferol und Calcitriol Vitamin D oder Calciferol ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine, deren Biochemie ebenfalls schon ausführlich beschrieben wurde (Kapitel 6 und vor allem 18), mit besonderem Augenmerk auf die ungewöhnliche photochemische Ringöffnung der Steroide die bei ausreichender Sonneneinstrahlung auch beim Menschen zu den D-Vitaminen (D2 , D3 und D4 ) führt. Deshalb werden diese auch als seco-Steroide bezeichnet, und stellen streng genommen keine „Vitamine“ im engeren Sinn dar. Nach Hydroxylierung in Position 25 (Leber) und 1 (Niere) entsteht aus Vitamin D3 (Cholecalciferol) die eigentliche aktive Form, das Vitamin D-Hormon (Calcitriol), das vor allem auch Stoffwechsel-regulierende (hormonelle) Wirkung besitzt und die für die Regelung des Calcium- und Phosphor-Pegels im Blut zuständig ist. Cholecalciferol ist insbesondere für die Einlagerung des Calciums in die Knochenmatrix wichtig, ein Mangel an Vitamin D kann bei jungen Menschen zu Rachitis (Knochenverbiegung unter dem Eigengewicht) und bei älteren zu Osteomalazie (Knochenerweichung) führen. Eine natürliche Überdosierung ist unbekannt, allerdings sind schon Hypervitaminosen durch zu hohe Supplementierung erfolgt, da die Reinsubstanz in größeren Mengen sehr giftig ist.* Eine Besonderheit ergibt sich bei Wiederkäuern durch den Goldhafer: Hierin ist nicht das Vitamin D als Vorstufe des eigentlich im Körper wirksamen Vitamin D-Hormons (Calcitriol) enthalten, sondern Calcitriol selbst. Goldhafer ist eine Grasart, die vor allem im alpinen Raum auftritt und dort konkurrenzkräftiger als höherwertigere Gräser ist. Wiederkäuer, die ein gutes Angebot an Gras haben, selektieren ausreichend und fressen Goldhafer nicht. Nur bei knappem Angebot wird auch Goldhafer in größeren Mengen gefressen, was zu Calcinose führt (Versteifung der Gelenke durch zu hohe Calcium-Einlagerung). Horror Lebertran Natürliche Vitamin D Quelle (Hering) Rachitis (Knochenverbiegung) Goldhafer (Trisetum flavescens) * Eine akute Überdosis erfordert ca. 50 mg Vitamin D / Erwachsenen, eine chronische ca. 1-2 mg/d. Selbst bei Vitamin D-reichem Lebertran (ca. 350 µg/100 ml) steht die abführende Wirkung wohl vor. Seite 20-13 Vitamin A und D – Strukturen all-trans-Retinal (Vitamin A Aldehyd) 11-cis-Retinal Ergocalciferol (Vitamin D 2 ) Seite 20-14 Vitamin E Vitamin E – Tocopherole und Tocotrienole Vitamin E steht für eine Gruppe von acht fettlöslichen, öligen Vitaminen (jeweils a-, ß-, ?- und d-Tocopherol und Tocotrienol; Chromanderivate mit isoprenoider Seitenkette) mit antioxidativer Wirkung, die Bestandteil aller Membranen tierischer Zellen sind. Die bedeutendste, in der Natur vorkommende Verbindung mit Vitamin E-Aktivität ist a-Tocopherol, das im wesentlichen in Sojaprodukten vorkommende ?-Tocopherol zeigt geringere Aktivität. Eine der wichtigsten Funktionen von Vitamin E ist die lipidlöslicher Antioxidanzien, die in der Lage ist, mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Membranlipiden, Lipoproteinen und Depotfett vor einer Zerstörung durch Oxidation (Lipidperoxidation) zu schützen (? Radikalfänger, „Scavenger“). Der menschliche Körper kann es speichern, so dass eine einmalige Gabe für längere Zeit wirken kann. Vitamin E soll gleichermaßen vor Herzinfarkten, Krebs und Alzheimer schützen, den Alterungsprozess verlangsamen, die roten Blutkörperchen schützen, Muskeln und Nerven stärken, die Durchblutung verbessern und Gefäßablagerungen verhindern, wegen dieser antioxidativen Wirkung wird Vitamin E auch als Zusatzstoff (E306-309) Lebensmitteln und Kosmetika beigesetzt. Tocopherol kommt v.a. in pflanzlichen Lebensmitteln vor: Getreide, Nüsse, Samen und Pflanzenölen, Keimölen und kalt gepresste Speiseöle guter Qualität. Olivenöl, Milch und Eier sind Vitamin E-Hauptlieferanten für den Menschen, aber auch Gemüse- und Obstsorten, sowie grüne Salate. Mangelerscheinungen beim Menschen sind bislang nicht bekannt, da alle Formen des Vitamin E offenbar ausreichend in der Nahrung vorhanden sind, vermutet werden trockene, faltige Haut, Konzentrationsstörungen, Leistungsschwäche und Begünstigung von Arteriosklerose. Folgen einer starke Überdosierung können Übelkeit, Erbrechen, Magen-Darm- Beschwerden, Erschöpfung, Muskelschwäche etc. bis hin zur Lebensgefahr sein. Vitamin E Quelle (Pflanzenöle) Vitamin E Quelle (Haselnüsse) Vitamin E Quelle (Mandeln) Vitamin E Quelle (Salate) Seite 20-15 Vitamin K Vitamin K Vitamin K gehört ebenfalls zu den fettlöslichen Vitaminen und in die Gruppe der Phyllochinone, zu denen u.a. Phyllochinon (Vitamin K1 ) und Menachinon (= Farnochinon, Vitamin K2 ) gehören. Synthetische, nicht natürlich vorkommende Derivate sind Vitamin K3 (Menadion) und K4 (Hydroxychinon), die mittlerweile nicht mehr verwendet werden. Phyllochinon wird von Pflanzen synthetisiert (griech.: phyllos, „Blatt“), während Menachinon vorwiegend von Bakterien (Darmbakterien) produziert wird. Phyllochinon kommt in grünem Gemüse (Rosenkohl, Grünkohl, grüne Tomaten, Spinat, Broccoli, Möhrengrün, etc.) und Kartoffeln, Hagebutten, Salat, Sojabohnen, grüner Tee, in Milch und Milchprodukten und Muskelfleisch vor, der Gehalt schwankt jahreszeitlich. Das in Wasser unlösliche Vitamin K kann nur mit Hilfe von Gallensäuren (? Kapitel 19) und gleichzeitig in der Nahrung vorhandenen Fetten resorbiert werden. Unsicherheiten bezüglich der im Darm gebildeten und resorbierten Mengen von Vitamin K erschweren eine genaue Bedarfsschätzung (ca. 1 µg – 2 mg/d). Aus dem gleichen Grund sind Vitamin K-Mangelerscheinungen relativ selten und am ehesten bei Säuglingen oder bei Leber-, Magen- und chronischen Darmerkrankungen (Diarrhöe) anzutreffen. Kommt es aber zu einem Mangel an Vitamin K, so tritt eine Verlängerung der Blutgerinnung ein. Bei Säuglingen kann es zu Hirnblutungen kommen. Verdauungsstörungen, chronische Lebererkrankungen und Blutungen in verschiedenen Geweben und Organen, wie beispielsweise an der Nasenschleimhaut, im Magen-Darm-Trakt und in der Muskulatur sind möglich. Da Vitamin K keine toxische Wirkung aufweist (für ein 500faches der empfohlenen Menge sind keine toxischen Wirkungen bekannt), treten kaum Überdosierungen auf. Nach Injektion von Vitamin K in sehr hohen Dosen, können allergische Reaktionen und Veränderungen der Blutzusammensetzung in Erscheinung treten. Vitamin K Quelle (Eier) Vitamin K Quelle (Leber) Vitamin K Quelle (Broccoli) Vitamin K Quelle (Grünkohl) Seite R = C 21H 42 R = C 21H 36 R = H 20-16 Vitamin K – Coenzym Vitamin KH 2 Vitamin K oxidierte Form (Chinon) + 2 [ H ] - 2 [ H ] Vitamin K 1 (Phyllochinon) Vitamin K 2 (Menachinon) Vitamin K 3 (Menadion) reduzierte Form (Hydrochinon) Vitamin KH 2 Proteinkette Als einziges der fettlöslichen Vitamine – aber analog zu den wasserlöslichen Vitaminen – wird Vitamin K im Organismus als echtes Coenzym von verschiedenen Enzymen benötigt. Seine Hauptfunktion besteht darin, dass es für die Biosynthese bestimmter Proteine im Knochen (Osteocalcin), in der Niere, im Plasma und Bindegewebe notwendig ist, vor allem aber ist es auch essentiell zur Synthese von Proteinen (Blutgerinnungsfaktoren Prothrombin Faktor II, VII, IX und X), die im Verlauf der Blutgerinnung eine wichtige Rolle einnehmen. Die biologische Aktivität von Vitamin K ist vor allem auf seine Fähigkeit zurückzuführen, zwischen seinen oxidierten (Chinon) und reduzierten (Hydrochinon) Formen zu wechseln. Die wesentliche Bedeutung von Vitamin K liegt in seinem Beitrag zur posttranslationalen Einführung einer Carboxylgruppe in die ?-Position verschiedener Glutamatreste (?-Carboxylierung, siehe Formelschema unten und Mechanismus auf der nächsten Seite) von spezifischen Proteinen. Hierdurch ändern sich deren Eigenschaften, und allen voran wird deren Bindungseigenschaften gegenüber Ca2+ -Ionen signifikant erhöht. Der Bedeutung für die Blutgerinnung verdankt Vitamin K auch seinen Namen (Koagulations-Vitamin). Alle Substanzen mit Phyllochinon-Wirksamkeit (K-Vitamine) leiten sich vom natürlicherweise nicht vorkommenden, synthetischen Menadion (= Vitamin K3 ) ab. Voraussetzungen für die Aktivität sind neben dem unsubstituierten, aromatischen Ring eine lipophile Seitenkette, optimal sind natürliche Terpenketten mit 21 Kohlenstoffatomen, Seitenketten mit weniger als acht Kohlenstoffatomen führen (außer bei Menadion selbst) zur Inaktivität. ?-Carboxylierung von Glutamat-Proteinseitenketten: a ß ?-Carboxylierung ? O ? Vitamin KH 2 CO 2 Ca 2 Ca 2 Calcium-Dicarboxylat- Komplex Seite Sauerstoff O 2 20-17 Vitamin K – Coenzym Vitamin KH 2 – ?-Carboxylierung* Vitamin KH 2 Vitamin K Cyclus S S SH SH Liponsäure FADH 2 Peroxid Vitamin K- Reduktase Dihydroliponsäure Dioxetan H2O Vitamin K H2O CH 3 S S Vitamin K- Epoxid- Reduktase SH SH Liponsäure FADH 2 ?-Glutamyl- Carboxylase R Dihydroliponsäure Vitamin K-Base Carbonyl- Hydrat Vitamin K-Epoxid Proteinkette Proteinkette Kohlendioxid CO 2 Proteinkette * Mechanismus der ?-Carboxylierung von Glutamatresten in Proteinen (? Blutgerinnungsfaktoren). Seite 20-18 Vitamin K – Coenzym Vitamin KH 2 ?-Carboxylierung von Glutamat-Proteinseitenketten: Proteinkette Vitamin KH 2 Proteinkette a ?-Glutamylß ? Carboxylase H ? O ? + Sauerstoff O2 - 2 H2O Kohlendioxid + 4 [ H ] - H CO2 CO 2 Der oben dargestellte Detail-Mechanismus der posttranslationalen ?-Carboxylierung von Glutamatresten in Proteinen zeigt interessante Details für zwei thermodynamisch sehr problematisch erscheinende Teilschritte dieser Reaktion: Zum einen muss ein nicht sehr acides Proton in ?-Position des Glutamats entfernt werden, das sich zudem noch in direkter Nachbarschaft zur schon negativ geladenen Carboxylatgruppe befindet, zum anderen muss ein Angriff des resultierenden Anions auf eine wenig reaktives Kohlendioxidmolekül stattfinden: Proteinkette Damit diese Reaktion – insbesondere die erste Deprotonierung – überhaupt ablaufen kann benötigt das Enzym ?- Glutamyl-Carboxylase das Vitamin KH2 als Coenzym. Vitamin KH2 ist als Phenol viel leichter deprotonierbar, das sehr elektronenreiche Phenolat wird anschießend von molekularem Sauerstoff unter Bildung eines Peroxids angegriffen. Dieses bildet ein 4-Ring Dioxetan, das in ein Epoxid und Alkoholat umlagert. Dieses Alkoholat ist nun ausreichend stark basisch (? Vitamin K-Base) um die ?-Glutamatposition zu deprotonieren und damit für die ?- Carboxylierung zu aktivieren. Gleichzeitig bildet sich hierbei das Vitamin K-Epoxid, das durch zwei Reduktionsschritte zum Vitamin K und anschließend zurück zum Vitamin KH2 regeneriert werden muss (zwei Reduktasen), damit der Cyclus neu starten und Vitamin K seine katalytische Funktion beibehalten kann.* Aus der Gesamtreaktionssequenz geht Vitamin KH2 unverändert wieder hervor – eine Grundvoraussetzung für Coenzyme ist gerade diese Regenerierbarkeit. In der Summe wird der Sauerstoff durch Vitamin K unter Verbrauch von vier Reduktionsequivalenten (4 H-Atome) zu Wasser reduziert, und diese thermodynamisch sehr vorteilhafte Reaktion liefert die Energie die notwendig ist, um Glutamat letztendlich erfolgreich zu deprotonieren und die ?-Carboxylierung zu ermöglichen. * Die Reduktionen selbst erfolgen mittels Dihydroliponsäure die selbst zur Liponsäure oxidiert wird, diese wird dann über FADH 2 / FAD und letztlich NADH/H + / NAD + ebenfalls regeneriert (siehe unten). Seite 20-19 Vitamin K – Coenzym Vitamin KH 2 Die Bedeutung der gezeigten ?-Carboxylierung von Glutamatresten liegt vor allem in der Aktivierung von Blutgerinnungsfaktoren (Carboxylierung einer Reihe von Nterminalen Glutamatresten), deren Bindungsfähigkeit von Calciumionen durch die zwei benachbarten Carboxylatgruppen deutlich gesteigert wird (ladungsneutraler Chelat- Komplex). Die chemisch dem Vitamin K nahe stehenden, künstlich hergestellten Verbindungen Warfarin und Dicoumarol binden kompetitiv an die gleiche Bindungsstelle der Carboxylase wie das Vitamin KH2 selbst, können aber selbst keine katalytische Funktion übernehmen (Pseudosubstrate). Die so verhinderte Blutgerinnung macht diese Verbindungen als Blutgerinnungshemmer pharmakologisch für die Humanmedizin interessant. Der Name „Warfarin“ leitet sich vom Englischen „warfare“ (Kriegsführung) ab, da diese Substanz ursprünglich als Rattengift mit Langzeitwirkung entwickelt wurde (langsamer Tod durch Hemmung der Blutgerinnung und inneres verbluten). Beide Substanzen hemmen direkt das Enzym ?-Glutamyl-Carboxylase, durch erhöhte Zufuhr von Vitamin K lässt sich deren Wirkung wieder aufheben (kompetitive Hemmung). 3D-Modelle von Phyllochinon: Dicoumarol Warfarin Seite 20-20 Vitamin C Vitamin C – L-(+)-Ascorbinsäure Das Vitamin C ist vielleicht das bekannteste aller Vitamine. Als wasserlösliches Vitamin (neben den Vitaminen der B- Gruppe) ist es das einzige dieser Art, das im Organismus nur in wenigen Fällen als Cofaktor benötigt wird (vgl. die fettlöslichen Vitamine A, D und E). Vitamin C ist hauptsächlich ein Radikalfänger im wässrigen Medium (in apolaren Membranen kommt diese Aufgabe dem Vitamin E zu), es wirkt als Reduktionsmittel bei der Hydroxylierungsreaktion und steuert damit die körpereigene Herstellung von Collagen, außerdem spielt es eine Rolle bei der Synthese von Aminosäuren. Vitamin C kommt in der Nahrung vor allem in Obst, Gemüse und Grüntee vor, sein Anteil in gekochten, getrockneten oder eingeweichten Lebensmitteln ist jedoch deutlich geringer. Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen und Grapefruits enthalten viel Vitamin C, Grünkohl enthält den höchsten Vitamin C-Gehalt aller Kohlarten (105 mg/100 g verzehrbare Substanz). Auch Rotkraut, Weißkraut/Sauerkraut sind gute Vitamin C-Lieferanten (50 mg, 45 mg beziehungsweise 20 mg/100 g), sehr Vitamin C reich sind Sanddorn und Hagebutten (bis ca. 1 % Vitamin C!). Die höchsten natürlichen Vitamin C-Konzentrationen hat man in Camu-Camu und in der Acerolakirsche gefunden. In weiten Teilen der Welt ist die Versorgung mit Vitamin C allgemein gut, der Tagesbedarf eines Erwachsenen beträgt laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 75 mg. Aber auch weitaus höhere Mengen (bis zu 5 g) gelten als unbedenklich, da überschüssiges Vitamin C vom Körper über den Urin ausgeschieden wird. Nur wenige Wirbeltiere, darunter Primaten (einschließlich Homo sapiens), Meerschweinchen und einige Vögel sind nicht zur Biosynthese von Ascorbinsäure befähigt, ihnen fehlt die L-Gulonolacton-Oxidase im wirklich letzten (!) Schritt der Biosynthese,* Mangelerkrankungen sind Skorbut und die Möller-Barlow-Krankheit (infantiler Skorbut). Reiche Vitamin C Quelle (Sanddorn) Synthetisch, aber naturidentisch Vitamin C in Kosmetika: Marketing! Mangelkrankheit Skorbut * Auch wenn einige ernährungsphysiologische Angaben hier aus „Wikipedia“ stammen so sind diese Texte gefiltert: NEIN, es ist NICHT die L-Gluconolacton-Oxidase die uns zur Biosynthese von fehlt! Seite 20-21 Vitamin C – Acidität, Oxidation und Reduktion Monoanion HO O O Biologische Aktivität besitzt nur die L-(+)-Ascorbinsäure (= Vitamin C), deren Name sich von der Mangelkrankheit Skorbut ableitet (siehe den oben beschriebenen kurzen Abriss der Historie der Vitaminentdeckungen: Ascorbinsäure war das dritte entdeckte Vitamin, d.h. die Nr. “C”, und es wirkte gegen Skorbut, engl.: „anti-scurvy“ oder „a-scorbutic“), die durch Vitamin C verhindert oder (nach Ausbruch) geheilt werden kann. Durch Hydrolyse des Lactonrings geht die biologische Funktion ebenfalls verloren.* Der stark saure Charakter ist durch die Hydroxygruppe am C-3-Atom (pK s = 4.2) bedingt, deren Anion Mesomerie-stabilisiert ist (vinyloge Carbonsäure), die C-2-OH-Gruppe hat deutlich schwächer saure Eigenschaften (pK s = 11.5); Bei physiologischen pH-Werten (pH ˜ 7) liegt Ascorbinsäure fast ausschließlich als das Monoanion (Ascorbat) vor. Durch seine antioxidative Wirkung schützt Vitamin C (= Reduktionsmittel) andere Moleküle vor Oxidation, und dient in einigen Stoffwechselprozessen als Cosubstrat (Wasserstoff-Übertrager). Vitamin C wird bemerkenswert gut vertragen. Überschüssige Ascorbinsäure wird direkt mit dem Urin ausgeschieden, hohe Einzeldosen (5-10 g) können vorübergehend Durchfall oder Magenbeschwerden (Acidosen) auslösen. Vorbeugend wird Vitamin C vor allem bei Erkältungen eingesetzt, es stärkt sowohl die zelluläre Immunabwehr indem es die Lymphozyten und die Makrophagen aktiviert, als auch die hormonelle Abwehr, weil es die Serumkonzentrationen der Immunglobuline erhöht. Ascorbinsäure wird vielen Lebensmittelprodukten als Antioxidans (E300) zugesetzt. oxidierte Form Vitamin C + 2 [ H ] - 2 [ H ] L-Ascorbat- Oxidase ½ O 2 reduzierte Form pK S,1 = +4.2 pK S,2 = +11.5 Dianion * Der größte Anteil von Vitamin C geht beim Kochen allerdings nicht durch thermische Zersetzung, sondern durch wegschütten des wasserlöslichen Vitamins mit dem Kochwasser verloren. 20-22 Vitamin C – Radikalfänger und Reduktionsmittel (oxidierte Form) Glutathion-Dehydrogenase GSH (Glutathion) L-Ascorbat- Peroxidase GS-SG (Glutathiondisulfid) Wasserstoffperoxid HO L-Ascorbinsäure (reduzierte Form) HO HO Monodehydroascorbat-Reduktase Radikalfänger (spontan) freie Radikale NADH H spontane Disproportionierung GSH = Glutathion (Tripeptid) GS-SG = Glutathiondisulfid O SH GSH Die Hauptfunktion von Vitamin C liegt in der „Entschärfung“ von sehr reaktiven, freien Radikalen in wässriger Lösung durch einfachen, nicht enzymatisch-katalysierten (spontanen) H-Atom-Transfer. Das zurückbleibende, weniger reaktive (Mesomerie-stabilisierte) Vitamin C-Radikal (Monodehydroascorbat) kann entweder spontan mit einem zweiten Radikal disproportionieren, oder aber enzymatisch durch eine NADH-abhängige Reduktase zum Vitamin C regeneriert werden. Eine andere wichtige Aufgabe ist die „Entgiftung“ und enzymatische Reduktion von Wasserstoffperoxid (Oxidationsmittel und Radikalbildner), wobei Vitamin C als Reduktionsequivalent zwei H-Atome zur Verfügung stellt: Die Regeneration von Vitamin C kann – zumindest in menschlichen Erythrocyten* – über die Glutathion Dehydrogenase erfolgen (GSH / GS-SG Redoxsystem); die Regeneration von Glutathion erfolgt über das Dihydroliponsäure / Liponsäure System. NH 3 Glutaminsäure Cystein Glycin Monodehydroascorbinsäure (radikalische Form) - 2 [ H ] + 2 [ H ] GS-SG G S S G * Ascorbate Recycling in Human Erythrocytes: Role of GSH in Reducing Dehydroascorbate. J. M. May, Z.-C. Qu, R. R. Whitesell, C. E. Cobb, Free Radical Biology & Medicine 1996, 20, 543-551. Seite 20-23 Vitamin C – Biochemische Redoxaktivität HO NH 2 Dopaminß-Monooxygenase HO Dopamin H2O (R)-Noradrenalin L-Ascorbinsäure O 2 Dehydroascorbinsäure OH HO NH 2 Glycin L-AscorbinDehydro- Hydroxyglycin säure ascorbinsäure In der KEGG Datenbank* sind noch einige andere, z.T. sehr unterschiedliche Reaktionen aufgeführt, in deren Verlauf Vitamin C als direktes Reduktionsmittel (H-Donor) fungiert. Bemerkenswert sind die Oxidation von Dopamin zu Noradrenalin mit molekularen Sauerstoff, bei denen ein O-Atom in das Produkt eingebaut wird, während Vitamin C das andere zu H 2 O reduziert (? Triebkraft der enzymatischen Reaktion). Analog verläuft die enzymatische Hydroxylierung von bestimmten Glycin-, Prolin- und Lysinresten in verschiedenen Peptidketten (Peptidylglycin- Monooxygenase, ohne Detailmechanismen), die u.a. wichtige Bestandteile von Collagen sind. Aminocyclopropancarbonsäure Peptidylglycin- Monooxygenase L-Ascorbinsäure 2 H2O CO2 CN Dehydroascorbinsäure H Ethylen L-Ascorbinsäure Dehydroascorbinsäure - 2 [ H ] + 2 [ H ] Folgereaktionen Bemerkenswert ist auch die Beteiligung von Ascorbinsäure an der pflanzlichen Biosynthese von Ethylen aus der Vorstufe Aminocyclopropancarbonsäure (manchmal ist es bewundernswert, welche Umwege** die Natur geht, um ein scheinbar so einfaches Molekül zu biochemisch bilden!). * Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes; ** The Catalytic Mechanism of 1-Aminocyclopropane-1-Carboxylic Acid Oxidase. Arch. Biochem. Biophys. 2001, 385, 179-185. Seite 20-24 Vitamin C – Biochemische Redoxaktivität "low-light-conditions" NAD(P)H H NAD(P) NAD(P)H H NAD(P) Zeaxanthin (3,3'-Diydroxy-ß,ß-carotin) Antheraxanthin Violaxanthin In Pflanzen findet sich eine weitere Funktion von Vitamin C im Xanthophyll-Cyclus –einer Art Lichtschutz der Pflanzen gegen Schäden durch zu intensive Sonnenbestrahlung unter Beteiligung von Carotinoiden (tetraterpenoide Pflanzenfarbstoffe = Xanthophylle, siehe Kapitel 16 und 17): Die Epoxidierung von Zeaxanthin bzw. Antheraxanthin erfolgt unter „low-light-conditions“ durch die Zeaxanthin-Epoxidase (einem FAD-abhängigen Flavoprotein, das bei geringer Sonneneinstrahlung aktiv ist). Der umgekehrte Prozess, die Deepoxidierung von Violaxanthin bzw. Antheraxanthin findet unter „high-light-conditions“ bei starker Sonneneinstrahlung statt und wird von der Violaxanthin- Deepoxidase katalysiert (aktiviert durch einen niedrigen pH-Wert bei Bestrahlung), die das Epoxid-Sauerstoffatom mittels Ascorbinsäure als ein Wassermolekül entfernt.* Unter starker Sonneneinwirkung „verteilt“ der Pflanzenfarbstoff Zeaxanthin die Anregungsenergie des Lichts im Chlorophyll aus dem „Lichtsammler-Proteinkomplex“ des Photosystems II, und sorgt damit für einen Schutz der Pflanzenzelle vor zu hoher Lichtbelastung (der Xanthophyll- Cyclus wirkt quasi als Sonnenschutzfaktor der Pflanzen): Xanthophyll-Cyclus: Dehydroascorbinsäure Ascorbinsäure Dehydroascorbinsäure Ascorbinsäure * In der Summe reguliert dieser reversible, lichtgesteuerte Prozess (Xanthophyll-Cyclus) Violaxanthin ? Antheraxanthin ? Zeaxanthin die Zeaxanthin-Konzentration in den Chloroplasten. "high-light-conditions" Seite 20-25 Vitamin C HO HO D-Glucose Oxidation an C-6 Ascorbat- Dioxygenase D-Glucuronsäure Reduktase L-Gulono-1,4lacton-Oxidase HO In den oben vorgestellten Reaktionen fungiert Vitamin C entweder als unspezifischer Radikalfänger, oder aber in den enzymatischen Reaktionen eher als ein „Cosubstrat“ (Reduktionsmittel) als ein „Coenzym“ – wobei die Trennung hier nur schwer nachvollziehbar ist. Im Vergleich zu den „echten“ Coenzymen, die sich von den Vitaminen der B-Gruppe ableiten (siehe unten), scheinen die spezifischen Reaktionen an denen Vitamin C direkt beteiligt ist seltener zu sein. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass Ascorbinsäure selbst biochemisch aus D-Glucose durch Oxidation zur D-Glucuronsäure, Reduktion zum L-Gulonono-1,4-lacton und Dehydrierung zur L-Ascorbinsäure dargestellt wird,* wobei es genau dieser letzte Schritt der Biosynthese ist, dessen zugehöriges Enzym L-Gulonolacton-Oxidase uns (und einigen anderen Wirbeltieren) fehlt, so dass wir die Fähigkeit zur Biosynthese verloren haben. Weiterhin kann Ascorbinsäure direkt als Substrat für andere Stoffwechselprozesse zur Verfügung stehen (siehe z.B. den Abbau zu Oxalat und L-Threonat): Biosynthese von L-Ascorbinsäure: L-Ascorbinsäure - biochemischer Abbau: HO OH L-Ascorbinsäure Hydrolyse des Halbacetals Änderung der Nummerierung: C-1 ? C-6 C-6 ? C-1 L-Gulono-1,4-lacton L-Ascorbinsäure L-Threonsäure Bildung eines ?-Lactons Oxalsäure COOH L-Threonsäure * Nicht zum auswendig lernen gedacht – aber sehr gute Übungen in Stereochemie: Bauen Sie am Modell von D-Glucose die biochemischen Reaktionen bis hin zur L-Ascorbinsäure nach! Seite 20-26 Vitamin B 1 – Thiamin Vitamin B 1 –Thiamin Bei den wasserlöslichen Vitaminen der B-Gruppe handelt es sich um eine Sammelbezeichnung. Außer den eigentlichen B-Vitaminen, wie B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B6 (Pyridoxin) und B12 (Cobalamin) rechnet man noch Nicotinsäure (B3 ), Pantothensäure (B5 ), Biotin (B7 ) und Folsäure (B9 ) hinzu, bei den letztgenannten sind die Bezeichnungen als B-Vitamine weniger gebräuchlich als deren chemische Namen. Die Gruppe der B-Vitamine kommt in allen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor. Ohne die Faktoren der B-Gruppe laufen fast keine biochemischen Prozesse im Körper ab, sie sind aber chemisch und pharmakologisch völlig verschiedene Substanzen. Einzelne B-Vitamine kommen in der Natur nicht isoliert vor, aus diesem Grund wirken sie in der Regel auch im Verbund. Vitamin B1 – der chemische Name ist Thiamin – war das erste der B-Vitamine das identifiziert wurde (siehe die oben beschriebene Historie der Entdeckung der Vitamine). Als „Nervenvitamin“ ist Thiamin eine direkte Vorstufe zur Bildung eines Coenzyms (Thiaminpyrophosphat, TPP), das im Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel eine wichtige Rolle spielt (Erhaltung von Nervengewebe und des Herzmuskels Vermittlung der Nervenleitung, Coenzym von Decarboxylasen und Transketolasen). Vitamin B1 kommt vor allem in Vollkornprodukten, Weizenkeimen, Haferflocken, Sojabohnen, Schweinefleisch, Erbsen und auch Kartoffeln vor. Mangelerscheinungen (Hypovitaminose) sind u.a. die Krankheit Beriberi („Schafsgang“), Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels und Nervensystems, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Konzentrationsschwäche, Muskelatrophie, Blutarmut (Anämie), etc. Folgen einer Überdosierung (Hypervitaminose) können Überempfindlichkeit der Nerven und in einigen Fällen (intravenöse Verabreichungen) schwere allergische Reaktionen sein. Vollkornprodukte Haferflocken Sojakeimlinge Erbsen Seite 20-27 Vitamin B 1 – Thiaminpyrophosphat (TPP) Thiamin- Kinase Pyrophosphat Thiazolium-Ring Das Vitamin B 1 (Thiamin) wird im Organismus in zwei Stufen zum Diphosphat (Thiaminpyrophosphat, TPP) phosphoryliert, der eigentlich aktiven Form des Coenzyms. Als Cofaktor der oxidativen Decarboxylierung von a- Carbonylcarbonsäuren wurden die Eigenschaften von TPP bereits ausführlich in Kapitel 13 diskutiert. Als Coenzym ist TPP weiterhin an vielen enzymatischen Prozessen beteiligt, bei denen C 2 -Fragmente zwischen unterschiedlichen Substraten übertragen werden (z.B. die Transketolase-Reaktionen im Pentosephosphat-Weg). Thiamin (Vitamin B 1) Thiaminphosphat- Kinase Thiaminpyrophosphat (TPP) Zentrales, katalytisch aktives Strukturelement von TPP ist der Thiazolium-Ring (am N-Atom substituierte Form des Thiazols). Thiazolium-Ring Zwitterion (Ylid) Durch die Nachbarschaft des Stickstoffs und vor allem des Schwefels wird das Ringproton relativ acide (pKs ˜ 12.7), so dass der Fünf-Ring- Heteroaromat an dieser Stelle mit Basen deprotoniert werden kann. H3C N R2 - H H3C N R2 Hierbei bildet sich ein heterocyclisches Zwitterion (Ylid), das am Kohlenstoffatom eine (nicht Mesomerie-stabilisierte) negative Ladung R1 S H + H R1 S trägt (Carbanion) und dadurch als starkes Nucleophil reagieren kann. pKS ˜ 12.7 nucleophiles Carbanion! In der Folge kann das Thiazolium-Carbanion z.B. die a-C=O-Gruppe einer a-Carbonylcarbonsäure nucleophil angreifen und damit im Anschluss deren oxidative Decarboxylierung ermöglichen (Details wurden in Kapitel 13 diskutiert). Auf der nächsten Seite ist nochmals der Mechanismus der oxidativen Decarboxylierung* von Pyruvat zu Acetyl-S-CoA beschrieben, beachten Sie die Übertragung eines C2-Fragments von Pyruvat auf das Coenzym A. * Der Ausdruck „oxidative Decarboxylierung“ entstammt der Beobachtung, dass im Verlauf dieser Reaktion das a-Carbonyl-C-Atom von der Keton-Stufe (im Pyruvat) zum Thioester oxidiert wird. Seite 20-28 Vitamin B 1 – TPP-katalysierte Oxidative Decarboxylierung oxidative Decarboxylierung von a-Carbonylcarbonsäuren am Beispiel der Pyruvat-Dehydrogenase: Pyruvat - CO 2 ? Decarboxylierung SH SH S SH Hier der vollständige Reaktionscyclus der oxidativen Decarboxylierung am Beispiel der Pyruvat-Dehydrogenase (Multienzym-Komplex aus drei katalytisch aktiven Einheiten (hier als PDH 1-3 bezeichnet), der die Reaktion Pyruvat ? Acetyl-S-CoA katalysiert); eine vollständig analoge Reaktion findet im Citrat-Cyclus (2-Ketoglutarat ? Succinyl-S- CoA) statt:* TPP-Ylid Thiaminpyrophosphat (TPP) TPP-Ylid Nucleophil irreversibel PDH 1 zu übertragendes C 2-Fragment Liponsäure NAD NADH + H FADH 2 PDH 2 PDH 3 Dihydroliponsäure FAD S CoA Acetyl-S-CoA Umesterung von Thioestern S CoA Coenzym A * Das C 2 -Fragment von Pyruvat wir hier auf Liponsäure und anschließend auf CoA-SH übertragen; die Liponsäure wird im gleichen Multienzymkomplex über FAD/FADH 2 und NAD + /NADH regeneriert. Seite 20-29 Vitamin B 1 – Nichtoxidative Decarboxylierung nichtoxidative Decarboxylierung von a-Carbonylcarbonsäuren am Beispiel der Pyruvat-Decarboxylase: TPP-Ylid Pyruvat Thiaminpyrophosphat (TPP) - CO 2 ? Decarboxylierung Nucleophil irreversibel zu übertragendes C 2-Fragment Acetaldehyd Wird – nach einem ganz analogen Mechanismus – das C 2 -Fragment (z.B. von Pyruvat) nicht auf Liponsäure (oben als S-Elektrophil), sondern auf ein Proton (als einfachstes Elektrophil) übertragen, so entspricht dies dem Mechanismus der nichtoxidativen Decarboxylierung durch das Enzym Pyruvat-Decarboxylase, das die Reaktion Pyruvat ? Acetaldehyd katalysiert:* TPP-Ylid zum Vergleich: oxidative Decarboxylierung der Pyruvat-Dehydrogenase: Alkohol- Dehydrogenase NADH H zu übertragendes C 2-Fragment Liponsäure Ethanol * Die oxidative Decarboxylierung läuft unter aeroben Bedingungen ab, die nichtoxidative Decarboxylierung dagegen unter anaeroben Bedingungen der alkoholischen Gärung (? Ethanol). Seite 20-30 Vitamin B 1 – TPP-katalysierte Stoffwechselprozesse Das auf der nächsten Seite angegebene Reaktionsschema gibt einen kleinen Überblick über verschiedene TPPkatalysierte Reaktionen.* Die Bedeutung der Thiamin katalysierten Reaktionen wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, welch zentrale Stellung die Bausteine Pyruvat und Acetyl-S-CoA im Stoffwechsel zwischen den Kohlenhydraten, den Fetten und dem Citrat-Cyclus einnehmen (siehe Kapitel 13). Die Variation des oben gezeigten Reaktionsprinzips zwischen der Pyruvat-Dehydrogenase und der Pyruvat-Decarboxylase beruht nur auf der Übertragung des C2-Fragments auf jeweils ein anderes Elektrophil. Analog kann der Übertrag auf ein anderes Molekül Pyruvat oder a-Ketobutyrat erfolgen, beide Reaktionen werden durch die Acetolactat-Synthase katalysiert, und stellen die ersten Schritte zur Biosynthese der Aminosäuren Valin und Leucin bzw. Isoleucin dar. Erfolgt die Übertragung auf D-Glycerinaldehyd-3-phosphat so wird 1-Desoxy-D-Xylulose-5-phosphat gebildet, dem entscheidenden Intermediat des Mevalonat-unabhängigen Desoxyxylulosephosphat-Wegs zur Synthese von photosynthetischen Pigmenten und Isoprenoiden in den Chloroplasten der Pflanzen (siehe Kapitel 17). Beachten Sie in allen Fällen den prinzipiell gleichen Reaktionsmechanismus – der nur durch Austausch des Elektrophils –die Variation ein und des selben Themas darstellt. Offenbar war dieses Konzept so erfolgreich, dass die Evolution den Einsatz von Thiaminpyrophosphat an vielen sehr zentralen Stellen des Stoffwechsels immer wieder kopiert hat. Aus dieser Sicht wird offensichtlich, dass ein Mangel an Vitamin B1 und Thiamin zum Ausfall vieler Reaktionskaskaden führen muss, und zwangsläufig eine Reihe schwerster Krankheitsbilder nach sich ziehen muss. Anmerkung: Aus der Sicht eines Organikers ist auffällig, dass TPP die Reaktivität von Pyruvat „umpolt“: Während im Pyruvat das a-Carbonyl-Kohlenstoffatom selbst ein Elektrophil ist und von Nucleophilen angegriffen werden kann, so wird nach der Decarboxylierung (die nur mit TPP möglich ist, weil TPP die zwei Elektronen des Carboxylats aufnimmt) exakt dieses Kohlenstoffatom selbst zum Nucleophil und kann umgekehrt nun von Elektrophilen angegriffen werden. Dieser aus synthetischer Sicht sehr wertvolle Trick wird mit dem Verlust eines Kohlenstoffatoms als CO 2 „erkauft“: Pyruvat elektrophiles C-Atom - CO 2 ? nucleophiles C-Atom * In allen hier beschriebenen Fällen wird TPP in der Enzym-Bindungstasche wieder regeneriert und der katalytische Kreislauf schließt sich, TPP stellt also ein „echtes“ Coenzym oder Cofaktor dar. Seite H 3C TPP-Ylid 20-31 El = Vitamin B 1 – TPP-katalysierte Stoffwechselprozesse* Pyruvat- Decarboxylase - CO 2 ? Decarboxylierung zu übertragendes C 2-Fragment POH 2C POH 2C Acetaldehyd Acetyl-S-CoA (S)-Acetolactat (S)-a-Aceto-a-hydroxybutyrat 1-Desoxy-D-xylulose-5P alkoholische Gärung Pyruvat- Dehydrogenase Proton Liponsäure ? CoA-SH Energie- Haushalt Acetolactat- Synthase Aminosäure- Stoffwechsel Acetolactat- Synthase Pyruvat a-Ketobutyrat Aminosäure- Stoffwechsel D-Glycerinaldehyd- 3-phosphat Ethanol Citrat-Cyclus Valin, Leucin Isoleucin Terpene, Terpenoide * TPP-katalysierte Reaktionen als Drehscheibe des Stoffwechsels durch jeweilige Variation des Elektrophils als C 2 -Akzeptor. 1-Desoxy-xylulose- Synthase Lipid- Stoffwechsel Seite 20-32 Vitamin B 1 – Pentosephosphat-Weg Vitamin B 1 – Thiaminpyrophosphat-katalysierte Reaktionen im Pentosephosphat-Weg D-Glucose-6P (G6P) D-Ribulose-5P (Ru5P) D-Fructose-6P (F6P) Neben der Glycolyse spielt vor allem in Fett- und Steroid-aufbauenden Geweben oder sich teilenden Zellen ein zweiter Glucosestoffwechselweg eine wichtige Rolle, der sogenannte Pentosephosphat-Weg. Dieser ist in zwei entscheidenden Schritten einer Transketolase-Reaktion auf das Coenzym TPP angewiesen. Eine sehr ernst zu nehmende Krankheit, die auf Vitamin B1 Mangel zurückzuführen ist, ist das Wernicke-Korsakoff Syndrom, von dem vor allem Alkoholiker mit erhöhtem Vitamin B1 Bedarf betroffen sind. Das Wernicke-Korsakoff Syndrom verursacht Schädigungen in den Augennerven und im Gehirn, wodurch es zu einem irreparablen Verlust des Kurzzeitgedächtnisses kommen kann. Eine wichtige Rolle bei der Pathogenese dieser Krankheit scheint genau das TPP-abhängige Enzym Transketolase des Pentosephosphat-Wegs zu spielen. Neben der Generierung von NADPH ermöglicht der Pentosephosphat-Weg die Metabolisierung von C5-Zuckern sowie die Bereitstellung der Zwischenprodukte D-Ribose-5-phosphat (R5P ? Ribonucleotide) und (in Pflanzen und Mikroorganismen) D-Erythrose-4-phosphat (E4P ? Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan-Biosynthese). Die Gesamtreaktion des Pentosephosphat-Wegs stellt sich wie folgt dar:* Gesamtreaktion des Pentosephosphat-Wegs: + 6 NADP + 3 H 2O oxidativer Abschnitt - 6 NADPH/H - 3 CO 2 nichtoxidativer Abschnitt 3 3 2 + * Gesamtreaktion: 3 × C 6 ? 3 CO 2 + 3 × C 5 ? 2 × C 6 + C 3 . -OP = D-Glycerinaldehyd-3P (GAP) Seite 20-33 Vitamin B 1 – Pentosephosphat-Weg D-Glucose-6P (G6P) Der Pentosephosphat-Weg lässt sich in zwei Abschnitte unterteilen, den ersten oxidativen Abschnitt und einen zweiten, nichtoxidativen Abschnitt. Im ersten, oxidativen Abschnitt, wird D-Glucose-6-phosphat (G6P) oxidativ zu D-Ribulose-5-phosphat (Ru5P) abgebaut (Oxidation an C-1 und C-3 von G6P zur ß-Ketocarbonsäure, die anschließend direkt durch die Phosphogluconat-Dehydrogenase decarboxyliert wird; siehe Formelschema unten, Details der Decarboxylierung von ß-Ketocarbonsäuren wurden in Kapitel 13 behandelt): oxidativer Abschnitt des Pentosephosphat-Wegs: Glucose-6P- Dehydrogenase + NADP + H 2O - NADPH/H COOH 1 D-Gluconolacton-6P Phosphogluconat- Dehydrogenase + NADP - NADPH/H COOH 1 ß-Ketocarbonsäure Decarboxylierung - CO 2 D-Ribulose-5P (Ru5P) Im zweiten, nichtoxidativen Abschnitt, unterliegt D-Ribulose-5-phosphat (Ru5P) zunächst zwei unterschiedlichen Isomerisierungen, die beide jeweils über Keto-Enol-Tautomerisierungen und die Zwischenstufen unterschiedlicher Endiole zu D-Xylulose-5-phosphat (Xu5P) und D-Ribose-5-phosphat (R5P) führen (siehe Formelschema auf der nächsten Seite; Mechanistisch verlaufen diese Isomerisierungen ganz analog zu der in Kapitel 15 und den Ergänzungen hierzu beschriebenen Lobry de Bruyn – van Ekenstein-Umlagerung von D-Fructose in D-Glucose bzw. D-Mannose).* Aus drei Equivalenten Ru5P werden Xu5P und R5P im Verhältnis 2:1 gebildet, diese drei C 5 -Saccharid-Bausteine werden in den nachfolgenden – hier in diesem Zusammenhang interessanten Reaktionen – weiter umgewandelt. * Katalysiert werden diese Reaktionen durch die Enzyme Ribulose-5-phosphat-Isomerase und Ribulose-5-phosphat-Epimerase; Isomerisierung und Epimerisierung sind beide reversibel. Seite 20-34 Vitamin B 1 – Pentosephosphat-Weg Pentosephosphat Isomerisierungen: D-Xylulose-5P (Xu5P) Keto-Enol- Tautomerie Ribulose-5P- Epimerase Keto-Enol- Tautomerie D-Ribulose-5P (Ru5P) Keto-Enol- Tautomerie Ribulose-5P- Isomerase Keto-Enol- Tautomerie D-Ribose-5P (R5P) Zwei Equivalente Xu5P und ein Equivalent R5P (insgesamt 3 × C5-Saccharide = 15 C-Atome; im Formelschema auf der nächsten Seite durch orange Kugeln markiert) werden in drei nachfolgenden Stufen einer Transketolase-, Transaldolase- und nochmals einer Transketolase-Reaktion in zwei Moleküle D-Fructose-6-phosphat (F6P) und ein D-Glycerinaldehyd-3-phosphat (GAP) umgewandelt (insgesamt 2 × C6-Saccharide + C3-Baustein = 15 C-Atome; graue Kugeln im nachfolgenden Reaktionsschema). Die erste Transketolase-Reaktion überträgt ein C2-Fragment von D-Xylulose-5-phosphat (Xu5P) auf D-Ribose-5phosphat (R5P) unter Bildung von D-Glycerinaldehyd-3-phosphat (GAP) und D-Sedoheptulose-7-phosphat (S7P) nach dem Schema C5 + C5 ? C3 + C7 . Diese TPP-katalysierte Reaktion folgt exakt dem oben beschriebenen Mechanismus für den TPP-vermittelten C2-Transfer (Formelschema auf der übernächsten Seite). Die folgende Transaldolase-Reaktion übertragt einen C3-Rest von S7P auf GAP (? F6P + GAP; C7 + C3 ? C4 + C6 ; Formelschema hinten), die Reaktion wurde auch bereits in Kapitel 11 erklärt. Erneute Transketolase-Reaktion (durch das gleiche Enzym wie oben) resultiert wiederum in einem TPP-katalysierten C2-Transfer (Xu5P + E4P ? F6P + GAP; C5 + C4 ? C3 + C6 ).* Alle Transketolase- und Transaldolase-Reaktionen sind vollständig reversibel, in der Summe resultiert die oben beschriebene Gesamtreaktion 3 × C5 ? 2 × C6 + C3 , womit sich im Stoffwechsel die Lücke zwischen Pentosen und Hexosen schließt. * In beiden Transketolase-Reaktion fungiert Xu5P (eine Ketose) als C 2 -Donor, als C 2 -Akzeptor dient im ersten Schritt R5P, im zweiten E4P (zwei homologe D-Aldosen!). Seite Schema der Reaktionen des Pentosephosphat-Wegs: 20-35 D-Xylulose-5P (Xu5P) Pentosephosphat-Weg: Vitamin B 1 – Pentosephosphat-Weg (Gesamtreaktion*) = Edukte = Intermediate = Produkte Ribonucleotid- Synthese D-Ribose-5P (R5P) -OP = D-Glycerinaldehyd-3P (GAP) TPP-abhängige Transketolase- Reaktion D-Sedoheptulose-7P (S7P) Transaldolase- Reaktion Aminosäure- Synthese D-Fructose-6P (F6P) D-Erythrose-4P (E4P) Glycolyse D-Xylulose-5P (Xu5P) D-Fructose-6P (F6P) TPP-abhängige Transketolase- Reaktion D-Glycerinaldehyd-3P (GAP) * Dargestellt ist die Gesamtreaktion des nichtoxidativen Abschnitts des Pentosephosphat-Wegs: Die Gesamtreaktion isomerisiert drei C 5 -Saccharide in zwei C 6 - und einen C 3 -Baustein. Seite 20-36 Vitamin B 1 – Transketolase-Reaktion Mechanismus der Transketolase-Reaktion im Pentosephosphat-Cyclus: (reversible Umwandlung von C 5 bzw. C 4-Kohlenhydraten in C 7 bzw. C 6-Zucker) TPP-Ylid D-Xylulose-5P (Xu5P) Thiaminpyrophosphat (TPP) TPP-Ylid Nucleophil D-Glycerinaldehyd-3P (GAP) zu übertragendes C 2-Fragment D-Ribose-5P (R5P) D-Sedoheptulose-7P (S7P) oder -OP = D-Erythrose-4P (E4P) D-Fructose-6P (F6P) Analog zu den oben beschriebenen Decarboxylierungen von Pyruvat wird auch im Rahmen des Pentosephosphat- Wegs in zwei Reaktionen jeweils ein C 2 -Fragment durch das Coenzym TPP von einem Molekül auf ein anderes übertragen. Seite 20-37 Vitamin B 1 – Transaldolase-Reaktion* Mechanismus der Transaldolase-Reaktion im Pentosephosphat-Cyclus: (reversible Umwandlung von C 7 + C 3-Kohlenhydraten in C 4 + C 6-Zucker) -OP = Schiff'sche Base (Imin) - H 2O Lysin D-Sedoheptulose-7P (S7P) Lysin Lysin Retro-Aldol- Spaltung D-Erythrose-4P (E4P) Aldol- Addition D-Glycerinaldehyd-3P (GAP) Lysin + H 2O Hydrolyse D-Fructose-6P (F6P) * Die Transaldolase-Reaktion ist hier in diesem Zusammenhang nur der Vollständigkeit halber dargestellt – die Reaktion benötigt kein Thiaminpyrophosphat (TPP) als Cofaktor. Die Aldol-Addition und Retro-Aldol-Spaltung wurden ausführlich in Kapitel 11 behandelt. Hier soll der enzymatische Mechanismus der Transaldolase nur nochmals kurz verdeutlichen, wie es im Rahmen dieser Reaktion zu einer reversiblen Umwandlung der C 7 - und C 3 -Saccharide in C 4 - und C 6 -Bausteine kommt. Details zur Aldol-Reaktion, zur Bildung von Iminen zwischen Carbonylgruppen der Edukte und Amino-Seitenketten des Enzyms und deren Hydrolyse entnehmen Sie bitte den entsprechenden Passagen in Kapitel 11 – Carbonylverbindungen. Seite 20-38 Vitamin B 2 – Riboflavin Vitamin B 2 – Riboflavin Das wasserlösliche Vitamin B2 – auch Riboflavin genannt – dient im Organismus als Coenzym und spielt vor allem bei Wachstumsprozessen eine Rolle. Riboflavin (lat.: flavus, „blond, gelb“) ist selbst gelb gefärbt (Lebensmittelfarbstoff E101) und wird durch intensive Lichteinwirkung leicht zerstört, ist auf der anderen Seite aber auch sehr hitzestabil. Es kommt unter anderem in Milch und Milchprodukten, aber auch in Gemüse wie Broccoli, Spargel oder Spinat vor. Der tägliche Bedarf beträgt ca. 1-2 mg und wird üblicherweise durch die normale Nahrungsaufnahme gedeckt, so dass bei normaler Ernährung keine Mangelerscheinungen auftreten. Allerdings kann es bei Schwangeren und Alkoholkranken zu Mangelerscheinungen kommen, die sich in Exanthemen (griech.: exantheo „ich blühe auf“; akut auftretende Hautausschläge), Hautrissen und Lichtüberempfindlichkeit äußern. Überdosierungen sind beim Menschen scheinbar nicht bekannt, die Toxizität von Vitamin B2 ist sehr gering. Chemisch gesehen handelt es sich bei Riboflavin um ein Ribitol (von der Ribose abgeleiteter Zuckeralkohol) substituiertes Isoalloxazin-Derivat (= Flavin), dem wiederum der Heterocyclus Pteridin zugrunde liegt. Vitamin B 2 (Riboflavin) Milch und Milchprodukte Broccoli Spinat Spargel Ribitol Isoalloxazin Seite 20-39 Vitamin B 2 – Flavin-Nucleotide FAD und FMN Vitamin B 2 (Riboflavin) Riboflavin (Vitamin B2) Diphosphat Adenosin Ribose Flavinadenindinucleotid (FAD) P P O O O O O In der Zelle (auch beim Menschen) wird aus Vitamin B 2 durch Phosphorylierung zunächst Flavinmononucleotid (FMN) gebildet, das dann unter Verbrauch eines weiteren Equivalents ATP zum Flavinadenindinucleotid (FAD) umgesetzt wird: * Aktives Strukturelement von FAD: Riboflavin- Kinase Riboflavin (Vitamin B 2) Ribose Flavinmononucleotid (FMN) P O O O PP i P P P O O O O O O O FMN Adenylyl- Transferase NH 2 NH 2 Adenin (Ade) * Die hier in verkürzter Form dargestellten Phosphorylierungen verlaufen über die Zwischenstufe eines pentakoordinierten Phosphors (Mechanismus der nucleophilen Acylsubstitution, Kap. 12). Seite 20-40 Vitamin B 2 – Flavin-Redoxeigenschaften oxidierte Form H3C N N O Reduktion H3C H 3C FAD oder FMN chinoide Struktur + 2 [ H ] Oxidation - 2 [ H ] FADH 2 oder FMNH 2 Flavoproteine enthalten als prosthetische Gruppe entweder ein Equivalent FAD oder FMN, in beiden Fällen ist das aktive Strukturelement des Cofaktors das gleiche. Herausragende Eigenschaft des Isoalloxazin-Ringsystems ist seine Reduzierbarkeit zum Dihydroisoalloxazin, und die damit verbundene Ausbildung eines Redoxsystems von FAD / FADH 2 bzw. FMN / FMNH 2 : reduzierte Form Damit übernimmt FAD bzw. FMN in biologischen Reaktionen die Rolle eines Oxidationsmittels, während FADH2 bzw. FMNH2 die entsprechenden Reduktionsmittel darstellen. Diese Eigenschaften entsprechen prinzipiell denen des Redoxsystems NAD(P) + / NAD(P)H + H + , mit kleinen Unterschieden: Im Fall der Flavoproteine können Ein-Elektronen- Reduktions- und Oxidationsschritte erfolgen (bei NAD(P)H nur Zwei-Elektronen-Übertragungen), und damit reagiert FAD in verschiedenen Reaktionen nach leicht unterschiedlichen Mechanismen (siehe unten den abgebildeten Mechanismus der Oxidation von Dihydroliponsäure zu Liponsäure, bei dem der primäre Angriff des zu oxidierenden Substrates als Nucleophil an der elektrophilen Position C-4a erfolgt), so dass das Flavin-System das flexiblere Redoxpaar darstellt. Bei biochemischen Reaktionen ist nicht leicht zu beurteilen, welches Enzym welches Redoxpaar als Cofaktor verwendet, obwohl eine „Faustregel“ besagt, dass bei Redoxreaktionen unter Beteiligung von Carbonylgruppen (Alkohol ? Aldehyd/Keton ? Carbonsäure) in der Regel NAD(P) + bzw. NAD(P)H + H + verwendet wird, während bei anderen Redoxreaktionen (in dem unten beschriebenen Beispiel RSH ? RSSR) häufig FAD / FADH2 bzw. FMN / FMNH2 eine direkte Rolle spielen. Ausnahmen von dieser Faustregel sind jedoch in beiden Fällen zu finden, so dass nur die genaue Kenntnis der Enzyme eine genaue Beurteilung möglich macht. Seite Mechanismus der FAD-abhängigen Oxidation von Dihydroliponsäure zu Liponsäure: H3C N N O Dihydrolipoyl- H3C N N H3C N H H3C N H H3C N 20-41 Y bzw. YH: basische bzw. saure-Gruppen des Enzyms Dehydrogenase weitere Beispiele für FAD als Oxidationsmittel: Vitamin B 2 – Flavin-Redoxmechanismen FADH 2 Das folgende Beispiel zeigt den Oxidationsmechanismus von Dihydroliponsäure (? Liponsäure) am Beispiel des Cofaktors FAD, wobei der primäre Angriff des Reduktionsmittels an der C-4a Position des Isoalloxazin-Ringsystems deutlich wird:* NH 3 D/L-Aminosäure- Oxidase Dihydroliponsäure Liponsäure FADH 2 a-Aminosäure a-Iminocarbonsäure Succinat Dihydrolipoyl- Dehydrogenase Succinat- Dehydrogenase FADH 2 (Reaktion aus dem Citrat-Cyclus) Fumarat * Der gezeigte Mechanismus ist ein Teilschritt der oben beschriebenen TPP-katalysierten (Vit. B 1 ) oxidativen Decarboxylierung von Pyruvat ? Acetyl-S-CoA durch die Pyruvat-Dehydrogenase. Seite 20-42 Vitamin B 2 – Flavin-Redoxmechanismen Um den Katalysecyclus zu schließen, muss im Anschluss an eine Oxidationsreaktion das FADH 2 wieder zum FAD regeneriert werden. Dies kann entweder direkt durch Reoxidation mit molekularem Sauerstoff (O 2 ), oder aber auch mittels NAD(P) + erfolgen, so dass ein Enzym, das als Oxidations-Cofaktor zwar FAD verwendet, indirekt dennoch auch auf NAD + angewiesen sein kann. Als „universelle chemische Währung“ der Zelle kann das Reduktionsprodukt NADH in einer Vielzahl anderer Prozesse regeneriert werden:* Regeneration von FAD als Cofaktor: NAD NADH + H z.B. oder FADH 2 In vielen Flavoenzymen ist FAD kovalent als prosthetische, nicht-dissoziable Gruppe direkt an das Enzym gebunden, das Formelschema zeigt einen möglichen und häufig beobachteten Bindungsmechanismus (die an das Enzym gekuppelte FADH 2 -Einheit muss anschließend durch Oxidation noch aktiviert werden): kovalente Bindung von FAD als prosthetische Gruppe an Enzyme: Y bzw. YH: basische bzw. saure-Gruppen des Enzyms H2C N N O H2C FAD FADH 2 Enzym Enzym Y H Y H Y Y H Y Aktivierung durch Oxidation zu Enzym-FAD * Auch diese Regeneration von FAD ist ein Teilschritt der oben beschriebenen TPP-katalysierten oxidativen Decarboxylierung von Pyruvat ? Acetyl-S-CoA durch die Pyruvat-Dehydrogenase. ½ O 2 Enzym FADH 2 Seite 20-43 Vitamin B 3 – Niacin Vitamin B 3 – Niacin Bei Niacin (= Nicotinsäure,* Pyridin-3-carbonsäure) handelt es sich ebenfalls um ein wasserlösliches Vitamin der B-Gruppe, das 1936 entdeckt wurde, die synonymen Bezeichnungen Vitamin B3 oder PP-Faktor („Pellagra preventing factor“) gelten heute als weitgehend veraltet. Niacin ist Bestandteil aller lebenden Zellen und ist in Form des Coenzyms NADH oder NADPH (Nicotinamidadenindinucleotid oder -phosphat) als Redoxequivalent an allen wichtigen Stoffwechselprozessen von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen beteiligt. Gegenüber Hitze, Licht und Luftsauerstoff ist Niacin weniger empfindlich als andere B-Vitamine, natürliche Lieferanten von Nicotinsäure sind hochwertige Eiweißnahrungsmittel, wie Geflügel, Wild, Fisch, Pilze, Milchprodukte und Eier. Auch Leber, Kaffee, Vollkornprodukte, verschiedene Gemüse- und Obstsorten enthalten Nicotinsäure, wobei es aus tierischen Produkten grundsätzlich besser vom Organismus verwertet wird. Vegetarier decken ihren Bedarf beispielsweise mit Erdnüssen, Weizenkleie, Datteln, Champignons, Bierhefe, getrockneten Aprikosen und Hülsenfrüchten. Vitamin B 3 (Niacin, Nicotinsäure) NAD X = -H (Nicotinamidadenindinucleotid) NADP X = -PO 2 3 (NAD-phosphat) Getreideprodukte und Backwaren Mein Niacin No-Flush Niacin Pellagra Diphosphat Nicotinsäure N (Pyridin-3-carbonsäure) NH 2 NH 2 Nicotinamid Adenin (Ade) * Der Name von Nicotinsäure entstammt der Entstehung aus Nicotin (ein Alkaloid, siehe Kap. 10) durch oxidativen Abbau, und wurde später aus Marketingründen (? Brotzusatz) in Niacin geändert. 20-44 Vitamin B 3 – NAD(P) + und NAD(P)H NAD X = -H (Nicotinamidadenindinucleotid) NADP X = -PO 2 3 (NAD-phosphat) oxidierte Form (Oxidationsmittel) NH 2 NH 2 Reduktion + 2 [ H ] Oxidation - 2 [ H ] NADH bzw. NADPH X = -H X = -PO 2 3 reduzierte Form (Reduktionsmittel) NH 2 NH 2 Mangelsymptome von Vitamin B3 treten relativ selten auf, da der Körper Nicotinsäure aus der – für Menschen ebenfalls essentiellen – Aminosäure Tryptophan bilden kann. Durch eine Not-bedingte eiweißarme Ernährung (einseitige Ernährung aus Tryptophan-armen Mais) oder durch Resorptionsstörungen kann es zu unspezifischen Störungen, Dermatitis, Durchfall, Depressionen, Entzündung der Mund- und Magen-Darmschleimhäute und schließlich zu der Krankheit Pellagra (= „raue Haut“) und Tod kommen. Bei Überdosierung (> 500 mg/d) kann es zum Hautgefäßerweiternden Flush-Effekt, Blutdruckabfall und Schwindelgefühlen kommen. Die hervorstechende Eigenschaft von NAD + bzw. NADP + ist, dass es die im Organismus am häufigsten verwendeten Oxidationsmittel sind, die dabei unter Hydrid-Transfer selbst zu NADH bzw. NADPH (unter Freisetzung eines Protons H + ) reduziert werden, letztere Formen entsprechen dann den korrespondierenden Reduktionsmitteln:* Kurzform: entspricht formal "2 [ H ]" NH 2 NAD(P) (oxidierte Form) Reduktion + 2 [ H ] Oxidation - 2 [ H ] NH 2 NAD(P)H + H (reduzierte Form) * Bei diesen Reaktionen treten zwei H-Atome formal als ein Hydrid (H - ) und ein Proton (H + ) auf, NAD + ist damit ein Hydridakzeptor (Oxidationsmittel), NADH ein Hydriddonor (Reduktionsmittel). Seite 20-45 Vitamin B 3 – NAD(P) + und NAD(P)H NAD + und NADP + reagieren exakt analog, das Vorliegen von zwei chemisch unterschiedlichen – strukturell aber sehr ähnlichen und mechanistisch sogar identischen – Redoxsystemen gestattet der Natur die Anwendung unterschiedlicher Regulationsmechanismen, so dass NAD + / NADH in der Regel die Coenzyme im Katabolismus (abbauender Stoffwechsel) und NADP + / NADPH die Coenzyme des Anabolismus (aufbauender Stoffwechsel) sind. Ausnahmen sind auch hier zu finden, und bei Reaktionen von Enzymen die beide Coenzyme akzeptieren wird dies durch die Schreibweise NAD(P) + / NAD(P)H verdeutlicht. Als Oxidations- bzw. Reduktionsmittel kommen dabei NAD(P) + / NAD(P)H prinzipiell ähnliche Aufgaben wie dem oben beschriebenen FAD / FADH2 System (oder anderen, weiter hinten noch genannten Redoxpaaren) zu, mit dem Unterschied, dass die Nicotinamide vor allem bei Reaktionen der Carbonylgruppen anzutreffen sind. Weiterhin ist die Konzentration von FAD / FADH2 in der Zelle deutlich niedriger, und in der Regel sind die Flavinnucleotide als prosthetische Gruppen kovalent und fest an die Enzyme gebunden, während die Nictotinnucleotide nicht gebunden sind: Um den katalytischen Cyclus des Enzymmechanismus zu schließen, muss daher FADH2 direkt am Enzym regeneriert werden (siehe oben), während NAD(P)H vom Enzym abdissozieren, und NAD(P) + in völlig anderen Reaktionen regeneriert werden kann. In diesem engen Sinne ist FAD als echter enzymatischer Cofaktor (Coenzym) zu sehen, der unverändert aus dem Katalysecyclus hervorgeht, während NAD(P) + streng genommen eher ein Cosubstrat darstellt, das chemisch verändert wird und in anderen Prozessen erst wieder regeneriert werden muss. Die „freie Beweglichkeit“ von NAD(P) + / NADPH in der Zelle macht dieses System zu einer universellen „Redoxwährung“ der Biochemie, mit der Reduktionsequivalente über verschiedene Stoffwechselcyclen hinweg ausgetauscht werden können. In beiden Fällen (FAD und NAD(P) + ) umfassen die „wichtigen“, katalytisch aktiven Strukturelemente nur ein kleines Molekülfragment, der größte Teil dieser essentiellen Strukturen dient „lediglich“ der korrekten Erkennung und Positionierung der Substrate durch die Enzyme in ihrer katalytisch aktiven Bindungsstelle. Die universelle Verbreitung beider Systeme über alle Lebensformen hinweg zeigt, dass diese Entwicklung der Evolution bereits zu einem frühen Zeitpunkt „festgeschrieben“ worden sein muss, und sich alle Abweichungen hiervon in der Folgezeit als „letal“ herausgestellt haben. In Kapitel 11 wurde auf NAD(P)H als das biologische NaBH4- oder LiAlH4-Equivalent schon eingegangen, mit dem Unterschied, dass Enzyme als chirale Katalysatoren sehr stereospezifische Reaktionen eingehen können, bei denen (auch enantiotope) H-Atome als Hydrid nur von einer bestimmten Position des Substrats auf eine bestimmte (diastereotope) Seite von NAD(P) + übertragen werden; zur Prochiralität siehe ebenfalls die Erklärungen in Kapitel 11. Seite NADH 20-46 Vitamin B 3 – NAD(P) + und NAD(P)H stereospezifische Oxidation von Ethanol: pro-R pro-S H H Ethanol pro-R NH 2 pro-R H H3C H pro-S NH 2 Angriff nur von der Re-Seite Acetaldehyd NADH Ein Beispiel für eine stereospezifische enzymatische Reaktion von NAD + bietet die in Kapitel 11 bereits diskutierte Hefe- Alkohol-Dehydrogenase, die ausschließlich das pro-R-Wasserstoffatom von Ethanol stereospezifisch auf die Re- Seite von NAD + übertragt, welches dabei zu NADH reduziert wird. Unterstützend bei der Enzymkatalyse wirkt eine basische Gruppe einer Seitenkette, die das OH-Proton übernimmt und den Hydrid-Transfer damit erheblich erleichtert: Umgekehrt vermögen reduzierende Enzyme (Reduktasen), die NADH oder NADPH als Coenzym verwenden, zwischen den diastereotopen Protonen des Pyrimidinrings zu unterscheiden, wobei es unter den bekannten Enzymen eine näherungsweise Gleichverteilung der jeweiligen Präferenz gibt (so dass es aus Sicht der Evolution scheinbar keinen Unterschied gemacht hat, welches der beiden H-Atome übertragen wird), in jeden einzelnen Fall wird aber für die individuellen Enzyme immer eine sehr hohe Stereoselektivität gefunden. Ähnlich wie oben, wird durch saure Seitenkettengruppen des Enzyms die Carbonylgruppe durch Protonierung für den Hydrid-Transfer aktiviert:* NH 2 oder NADH H2N O R H pro-S H2N H pro-R * Die unten gezeigte Reaktion einer Reduktase entspricht der Rückreaktion der oben beschriebenen Dehydrogenase, und viele der Reaktionen unter Beteiligung von NAD(P) + / NAD(P)H sind reversibel. NH 2 pro-S Seite -OP = 20-47 Vitamin B 3 – NAD(P) + und NAD(P)H Cys S S O OH P O O OH Cys S NADH 2 HPO4 Cys Ein weiteres Beispiel ist die D-Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase, ein Enzym das unter Verwendung von NAD + als Oxidationsmittel D-Glycerinaldehyd-3-phosphat zum D-1,3-Diphosphoglycerat oxidiert. Hier wird der Hydrid- Transfer (die Oxidation) vom Aldehyd durch den primären Angriff eines Thiolats (Cystein-Seitenkette des Enzyms im aktiven Zentrum) auf die Carbonylgruppe erleichtert, so dass als primäres Reaktionsprodukt ein Thioester entsteht, der an das Enzym gebunden ist. Die Spaltung des energiereichen Thioesters zur Regeneration des Enzyms erfolgt nicht durch Hydrolyse mittels Wasser, sondern durch Angriff von Phosphat, wodurch das (ebenfalls energiereiche) gemischte Anhydrid (Anhydrid aus einer Carbonsäure mit Phosphorsäure) in Form des Produktes D-1,3-Diphosphoglycerat entsteht:* P O O O OH OP D-1,3-Diphosphoglycerat Katalysecyclus der D-Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase * Neben dem Energiegewinn dieser – im Rahmen der Glycolyse sehr wichtigen – Reaktion in Form des Reduktionsequivalents NADH wird ein Teil der Reaktionsenergie in diesem Anhydrid konserviert. NADH HO HO 20-48 HO O a-D-Glucopyranose Vitamin B 3 – NAD(P) + und NAD(P)H UDP-Glucose Diphosphat Uridin Uracil HO HO HO UDP UDP-Glucose HO UDP (4-Ketoglucose) Auch Isomerasen und Epimerasen können auf NAD + als Cofaktor angewiesen sein: Die reversible Umwandlung von UDP-Glucose in UDP-Galactose (UDP = Uridindiphosphat) erfolgt durch die UDP-Glucose-4-Epimerase (in Kapitel 15 wurde gezeigt, dass es sich bei D-Glucose und D-Galactose um C-4-epimere Aldohexosen handelt). Die Abhängigkeit des Enzyms von NAD + in katalytisch aktiven Mengen zeigt, dass es sich bei dem Mechanismus um eine Oxidations- Reduktions-Sequenz handelt, in deren Verlauf die Konfiguration der 4-OH-Gruppe über die Stufe des Ketons invertiert wird (equatoriale C(H)(OH) ? C=O ? axiale C(OH)(H) Hydroxygruppe). In diesem Fall ist die Reaktion vollständig reversibel und NAD + fungiert als echtes Coenzym, da es aus der Gesamtreaktion unverändert hervorgeht und nicht regeneriert werden muss:* UDP-Glucose- 4-Epimerase NADH H UDP-Glucose- 4-Epimerase NADH H HO UDP UDP-Galactose * Im Gegensatz zu vielen anderen Isomerisierungen und Epimerisierungen der Kohlenhydrate kann diese Reaktion nicht über Keto-Enol-Tautomerien, sondern nur über Oxidation ? Reduktion ablaufen. Seite 20-49 Vitamin B 5 – Pantothensäure Vitamin B 5 – Pantothensäure Vitamin B 5 (Pantothensäure) Pantothensäure (die alte Bezeichnung ist Vitamin B 5 ) wird für den Aufbau von Coenzym A (CoA-SH)* benötigt, welches eine wichtige Rolle im gesamten Stoffwechselgeschehen spielt. Es ist am Auf- und Abbau von Kohlenhydraten, Fetten, Aminosäuren und an der Synthese von Cholesterol und der Bildung von Steroidhormonen beteiligt. Reich an Pantothensäure sind Innereien, Vollkornprodukte, Eier, Nüsse, Reis, Obst, Gemüse, Milch und Bierhefe. Der Bedarf von 8-10 mg/Tag wird für gewöhnlich über die normale Ernährung gedeckt, eine Unterversorgung tritt nur im Zusammenhang mit Darmerkrankungen oder Alkoholabhängigkeit auf. Bei monatelanger Einnahme von deutlich über 10 g/d (durch Präparate) kann es zu leichten Darmstörungen kommen, ansonsten sind scheinbar keine Nebenwirkungen bekannt. ß-Alanin Pantothensäure Pantoinsäure Coenzym A (HS-CoA) Cysteamin ß-Alanin Pantethein ß P a P O O O O O O H3C CH3 Pantothensäure Pantoinsäure Diphosphat NH 2 Adenosyl-Rest (Ad) Geflügelinnereien Obst und Gemüse Nüsse Bier und Bierhefe Adenin (Ade) * Coenzym A wird meist einfach als „CoA“ abgekürzt, hier soll die Bezeichnung CoA-SH verwendet werden, um seine Funktion als Thiol zu verdeutlichen (analog: Acetyl-CoA, hier als Acetyl-S-CoA). Seite 20-50 Vitamin B 5 – Pantothensäure Carboxylat - PP i P O O Acyladenylat - AMP Acyl-Rest Acyl-S-CoA mit R = CH 3 : Acetyl-S-CoA HS-CoA Cholin Acetylcholin In Kapitel 12 (Carbonsäuren und Carbonsäure-Derivate) wurde bereits ausführlich auf die biochemische Aktivierung von Carbonsäuren mittels ATP hingewiesen, wobei gemischte Anhydride der Carbonsäuren mit Phosphorsäure gebildet werden, die im wässrigen Medium der Zelle Hydrolyse-stabil sind (RCOOH + ATP ? Acylphosphate, Acylpyrophosphate oder Acyladenylate). Eine analoge Funktion kommt dem Coenzym A zu, das zur „Aktivierung“ und Übertragung von Carbonsäuren in Form energiereicher, aber ausreichend Hydrolyse-beständger Thioester von Carbonsäuren dient und wesentlich am Energiestoffwechsel beteiligt ist.* NH2 H H OH O O N N ATP-Aktivierung von Carbonsäuren H N N ß P a P O und Übertragung von Acyl-Resten S O O CH2 N O O N O durch Coenzym A: O O H3C CH3 Coenzym A (HS-CoA) OH OH Am häufigsten ist Acetyl-S-CoA (Isolierung 1951 aus Hefezellen durch den Biochemiker und späteren Nobelpreisträger Feodor Lynen) als Überträger eines C2-Bausteins (Acetat, Thioester der Essigsäure), das bereits in vielen Reaktionen vorgestellt wurde (siehe Kapitel 13: biochemische Claisen- bzw. Retro-Claisen-Reaktion der Fettsäure-Synthese bzw. des Fettsäure-Abbaus). In vielen Reaktionen werden Carbonsäuren als aktivierte CoA-S-Derivate (Thioester) direkt vom Enzym freigesetzt (siehe oben die oxidative Decarboxylierung von Pyruvat ? Acetyl-S-CoA in der Glycolyse oder die analoge Reaktion 2-Ketoglutarat ? Succinyl-S-CoA im Citrat-Cyclus). * Eine ähnliche ATP-Aktivierung und Übertragung von Kohlensäure wird durch das unten behandelte Vitamin B 7 (Biotin) ermöglicht. Seite 20-51 Vitamin B 6 – Pyridoxin Vitamin B 6 – Pyridoxin Pyridoxal Pyridoxin Pyridoxamin Vitamin B6 oder Pyridoxin ist ein Sammelbegriff für Derivate des 3-Hydroxy-5-hydroxymethyl-2-methyl-pyridins, die sich durch verschiedene C1-Reste in der 4-Position unterscheiden: Pyridoxal (Aldehyd), Pyridoxin (Alkohol), Pyridoxamin (Amin) und deren phosphorylierte Formen (Sammelbegriff Pyridoxine) erfüllen wichtige Aufgaben als Coenzyme in Reaktionen die überwiegend den Aminosäurestoffwechsel betreffen. Die einzelnen Pyridoxine unterscheiden sich nur durch den Substituenten in 4-Position, biochemisch können (auch im menschlichen Organismus) alle Derivate ineinander überführt werden und zeigen daher die gleiche biologische Aktivität. Vitamin B 6 kommt in geringen Dosen in allen Lebensmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft vor. Leber, Hühner- und Schweinefleisch, Fisch, Kohl, grüne Bohnen, Linsen, Feldsalat, Vollkorngetreide, Weizenkeime, Nüsse, Hefe und Bananen sind sehr gute Quellen. Da Vitamin B 6 im Aminosäurestoffwechsel seine Wirkungen entfaltet, ist der Bedarf von Art und Menge des mit der Nahrung zugeführten Proteins abhängig. Ein Mangel an Vitamin B 6 ist selten, da dieses Vitamin in fast allen Lebensmitteln vorkommt, führt aber vor allem zu Blutarmut (Anämie), in schweren Fällen auch zu Schlaganfall und Tod.* R = CHO R = CH 2OH R = CH 2NH 2 Vitamin B 6 (Pyridoxine) R O R Fisch Vollkornprodukte Feldsalat Bananen P O O * Hypervitaminose kann praktisch nicht durch natürliche Ernährung erfolgen, sondern ausschließlich durch Supplemente, die Toxizität von Vitamin B 6 ist gering. Pyridoxalphosphat (PLP) Pyridoxinphosphat Pyridoxaminphosphat Seite 20-52 Vitamin B 6 – Pyridoxin im Aminosäurestoffwechsel PLP-abhängige Transaminasen NH 3 PLP-abhängige Decarboxylasen - CO 2 R NH 2 Zu den wichtigsten Reaktionen des Aminosäurestoffwechsels, die von dem Coenzym Pyridoxalphosphat (PLP)* abhängig sind, gehören die Transaminierung, Decarboxylierung, Racemisierung und Epimerisierung von Aminosäuren, sowie deren Ca-Cß-Bindungsspaltung und a,ß-Eliminierung, die nach den folgenden Schemata ablaufen (für die individuellen a-Aminosäuren gibt es jeweils spezifische Enzyme, die aber nur in der Erkennung der Substrate, nicht aber in den prinzipiell zugrunde liegenden Reaktionsmechanismen differieren): Transaminierung: Decarboxylierung von Aminosäuren: NH 3 Racemisierung und Epimerisierung: NH 3 PLP-abhängige Epimerasen NH 3 NH 3 a,ß-Eliminierung: NH 3 + H2O - NH4 X All diesen Transformationen – deren Mechanismen im folgenden näher untersucht werden sollen – ist gemeinsam, dass in einem Schritt der Enzymkatalyse eine Bindung zum a-Kohlenstoffatom der a-Aminosäure gebrochen wird. Anmerkung: Die Mechanismen zur Bildung und Hydrolyse von Iminen (= Schiff‘sche Basen) aus Aminen und Carbonylverbindungen aus Kapitel 11 werden hier als Grundlage jeder Diskussion vorausgesetzt. * Die anderen Formen des Coenzyms (Pyridoxin und Pyridoxamin, siehe oben), können durch eine Oxidase bzw. Transaminase und Phosphorylierung (Kinase) in PLP übergeführt werden. (PLP) (PLP) NH 3 Seite 20-53 Vitamin B 6 – Transiminierung (CH 2) 4 NH 2 Pyridoxalphosphat (PLP) selbst ist bei PLP-abhängigen Enzymen an eine Lysin-Seitenkette der Protein- Peptidkette gebunden (ähnlich wie eine prosthetische Gruppe, die Bindung erfolgt als vollständig reversible Imin- Bildung, siehe hierzu auch Kapitel 11), und wird in allen Fällen PLP-abhängiger Reaktionen im ersten Schritt durch eine Transiminierung (nicht zu verwechseln mit der unten beschriebenen Transaminierung) auf die umzusetzende Aminosäure übertragen. Nach erfolgter Reaktion wird PLP wieder freigesetzt, und bindet zunächst wiederum reversibel an diese Lysin-Seitenkette, so dass der Katalysecyclus erneut starten kann.* Offensichtlich ist dieser Mechanismus Bestandteil der Substratspezifität der PLP-Enzyme, da jeweils nur Aminosäuren umgesetzt werden können, auf die im ersten Schritt das PLP übertragen werden kann, ist dies nicht möglich, so können die Folgereaktionen der nächsten Schritte ebenfalls nicht stattfinden: Imin-Bildung Folgeprodukte (CH 2) 4 NH 2 Imin-Hydrolyse + H 2O - H 2O Imin Imin (CH 2) 4 NH 2 Pyridoximinphosphat Amin Amin a-Aminosäure Transiminierung (CH 2) 4 (CH 2) 4 Aminal Protonen- Transfer * Die Transiminierung Amin + Imin ? Imin + Amin über die Stufe des Aminals ist vollständig reversibel, die Folgereaktionen können den Katalysecyclus in eine Richtung irreversibel machen. Seite 20-54 Vitamin B 6 –Transaminierung Anmerkung: Die Struktur des Pyridoximin-Intermediates wird häufig auch als zwitterionische Struktur angegeben, bedingt durch das parallele Vorliegen einer relativ basischen (Imin) und sauren (Phenol) Funktion in direkter Nachbarschaft, zumal zwischen den Gruppen eine direkte Wasserstoff-Brückenbindung möglich ist (Chelateffekt). Welche der Strukturen relevanter ist sei dahin gestellt (sogar die Diskussion, ob es sich um ein Gleichgewicht oder eine Mesomerie handelt dürfte sehr grenzwertig sein), hier wird in der Regel die neutrale Schreibweise verwendet. Imin Pyridoximinphosphat PO Deutlich wird aber in jedem Fall, dass die phenolische 3-OH-Gruppe von Pyridoxalphosphat (PLP) einen drastischen Einfluss auf dessen katalytische Aktivität besitzt, so dass 3-Desoxyderivate nicht annähernd die gleiche biologische Aktivität zeigen. Vielleicht die wichtigste, von PLP katalysierte Reaktion ist die Transaminierung,* in derem Verlauf Aminogruppen von einem Molekül auf eine andere Carbonylverbindung übertragen werden und umgekehrt. Im aktiven Zentrum der Transaminasen kommt es – wie bei allen PLP-abhängigen Prozessen – zunächst zur oben beschriebenen Transiminierung von Lysin-gebundenem PLP mit einer Aminosäure. Der im Verlauf der Reaktion freigesetzte stark basische Lysin-Rest tautomerisiert anschließend das Pyridoximin (siehe Formelschema auf der nächsten Seite). In der Summe entspricht diese Tautomerie einer Wanderung eines Protons von dem a-Kohlenstoffatom der ursprünglichen Aminosäure auf das vormals Aldehyd-C-Atom von PLP. Neben der bereits angesprochenen katalytischen Rolle der phenolischen OH-Gruppe wird nun auch die Rolle des heterocyclischen, Pyridin-artigen Stickstoffatoms deutlich: Durch den starken Elektronenzug und die damit verbundene Mesomerie-Stabilisierung der Zwischenstufe ermöglicht er die Deprotonierung des a-C-Atoms durch den Lysin-Rest. Dieser gibt im Anschluss ein Proton an eine andere Position des Intermediates wieder zurück. Auch auf die Aldehydgruppe von Pyridoxal selbst wirkt der Pyridiniumring aktivierend: Durch die positive Ladung wird der nucleophile Angriff der Amine auf die CHO-Gruppe im Verlauf der Transiminierung erleichtert (siehe oben). Es erscheint, dass Vitamin B6 durch ein entsprechendes Substitutionsmuster eine sehr fein ausbalancierte Reaktivität zeigt, und damit ein weiteres Wunderwerk der frühen Evolution darstellt. * Die Transaminierung ist die Reaktion Amin + Keton ? Keton + Amin und nicht zu verwechseln mit der zuvor beschriebenen Transiminierung (Amin + Imin ? Imin + Amin). 20-55 Vitamin B 6 – Transaminierung Imin aus einer a-Aminosäure und Pyridoxalphosphat R (CH 2) 4 Pyridoximinphosphat Protonen- Transfer (CH 2) 4 NH 3 Protonen- Transfer Imin H N H H Imin (CH 2) 4 NH 2 Pyridoxaminphosphat Imin aus einer a-Ketosäure und Pyridoxaminphosphat Damit ist die Transaminierung allerdings noch (lange) nicht abgeschlossen: Es müssen noch die Hydrolyse des neu gebildeten Imins und die Regeneration von Pyridoxalphosphat (PLP) folgen.* Die Hydrolyse des Imins folgt dem Standard-Mechanismus für Imine (siehe Formelschema auf der nächsten Seite und Details in Kapitel 11). * Beachten Sie, wie diese einfache Tautomerie aus einem Imin einer a-Aminosäure mit Pyridoxal (R 2 HC–N=CR 2 ) ein Imin aus einer a-Ketocarbonsäure mit Pyridoxamin (R 2 C=N–CHR 2 ) generiert! Seite 20-56 Vitamin B 6 – Transaminierung (CH 2) 4 NH 2 Pyridoxaminphosphat Damit das das Enzym-gebundene Pyridoxalphosphat (PLP) zum Schluss des Katalysecyclus wieder regeneriert wird, muss in exakt der umgekehrten Reihenfolge die Aminogruppe von Pyridoxaminphosphat (PMP) wieder auf eine (andere) a-Ketocarbonsäure zurück übertragen werden – alle Reaktionsschritte der Transaminierung sind vollständig reversibel. Damit gestaltet sich der vollständige Cyclus der Transaminierung in der Gesamtreaktion wie auf der nächsten Seite abgebildet: Durch die Reaktionsfolge der Transiminierung, Tautomerisierung und Imin-Hydrolyse wird aus einer a- Aminosäure unter Desaminierung eine a-Ketocarbonsäure gebildet, wobei gleichzeitig PLP zu PMP aminiert wird (erster Halbcyclus). Die umgekehrte Reihenfolge einer Imin-Bildung, Tautomerisierung und Transiminierung überträgt die Aminogruppe auf eine andere a-Ketocarbonsäure unter Aminierung und Bildung einer anderen a- Aminosäure und gleichzeitiger desaminierender Regeneration von PMP zu Enzym-gebundenem PLP (zweiter Halbcyclus). Beachten Sie, dass im zweiten Halbcyclus alle Teilschritte exakt rückwärts ablaufen, inklusive aller Protonierungs- und Deprotonierungsschritte. Im letzten Schritt erfolgt die zweite Transiminierung durch den Lysin-Rest des Transaminase- Enzyms. Seite 20-57 Vitamin B 6 – Reaktionscyclus der Transaminierung (Enzymgebundenes) Pyridoxalphosphat (PLP) (CH 2) 4 NH 3 a-Aminosäure Transiminierung Transiminierung NH 3 a-Aminosäure Desaminierung Aminierung (CH 2) 4 NH 2 (CH 2) 4 NH 2 a-Ketocarbonsäure Imin-Bildung und Tautomerisierung - H2O O + H 2O Tautomerisierung und Imin-Hydrolyse a-Ketocarbonsäure NH 2 (CH 2) 4 NH 2 Pyridoxaminphosphat (PMP) Seite 20-58 Vitamin B 6 – Bedeutung der Transaminierung Die Transaminierung gehört zu den wirklich komplexen Mechanismen der Biochemie, da nur die Kombination sehr vieler Teilschritte einen vollständigen Katalysecyclus ergibt. In der Summe gestaltet sich die Transaminierung aber sehr übersichtlich: Zwischen einer a-Aminosäure und einer a-Ketocarbonsäure werden die a-Aminogruppe und die a-Carbonylgruppe gerade ausgetauscht. Die Transaminierung ist die erste Reaktion im Abbau aller Aminosäuren (Katabolismus, Enzyme: Transaminasen oder Aminotransferasen). Zuerst wird in allen Fällen die Aminogruppe auf 2- Ketoglutarat unter Bildung von Glutamat übertragen, so dass Glutamat als Sammelpunkt aller Aminogruppen zu sehen ist. Damit hat der Organismus die Möglichkeit, in einer einzigen Reaktion (oxidative Decarboxylierung von Glutamat ? 2-Ketoglutarat + + NH4 ? Harnstoff-Cyclus) überschüssigen Stickstoff zu „entsorgen“. Die verbleibenden a-Ketocarbonsäuren der abzubauenden Aminosäuren werden dann durch weitere Oxidationsschritte in Bausteine umgewandelt, die in den Citrat-Cyclus als zentrale „Verbrennungsanlage“ eintreten können. NH 3 a-Aminosäure (alle a-Aminosäuren) a-Ketocarbonsäure Desaminierung R' R' O häufig 2-Ketoglutarat, Oxalacetat, Pyruvat: Transaminierung PLP-abhängiger Transaminase-Cyclus Aminierung a-Ketocarbonsäure NH 3 a-Aminosäure OOC COO OOC COO 2-Ketoglutarat O L-Glutamat (Glu) NH3 OOC COO OOC COO Oxalacetat O L-Aspartat (Asp) NH3 H3C COO H3C COO Pyruvat O L-Alanin (Ala) Anmerkung: Die Biochemie der Aminosäuren ist komplexer und vielfältiger als die Organische Chemie der Kohlenhydrate, Lipide, Terpene, Steroide oder anderer Naturstoffklassen, da die proteinogenen Aminosäuren auf z.T. sehr eigenen und speziellen Wegen aufgebaut und abgebaut werden müssen. NH 3 Seite 20-59 Vitamin B 6 – Reaktionen im Aminosäurestoffwechsel Vitamin B 6 – Decarboxylierung, Racemisierung und C a -C ß -Eliminierung von Aminosäuren Neben der hier sehr ausführlich beschriebenen PLP-katalysierten Transaminierung spielen vor allem die Decarboxylierung, Racemisierung und Epimerisierung oder C a -C ß -Bindungsspaltung von Aminosäuren eine wichtige Rolle. In allen Fällen ist der Reaktionsmechanismus in Teilschritten ähnlich zu entsprechenden Schritten der Transaminierung. Insbesondere kommt es im ersten Schritt immer zur Transiminierung: Das über einen Lysin-Rest an das Enzym gebundene Pyridoxalphosphat (PLP) reagiert mit der umzusetzenden Aminosäure zu einem Imin. Dieses gebildete Pyridoximin wird dann Enzym-spezifisch weiter umgesetzt (siehe Formelschema auf der nächsten Seite, dort ist die Transiminierung nicht nochmals explizit aufgeführt). Die Reaktionsprodukte werden dann in allen Fällen durch eine zweite Transiminierung unter Beteiligung des Enzym-Lysin-Rests wieder freigesetzt. Bei der Decarboxylierung kommt unter irreversiblem CO2-Verlust zur Bildung der sogenannten „biogenen“ Amine. Hierbei spielen insbesondere die aromatischen Aminosäuren eine besondere Rolle, da die entsprechenden Decarboxylierungsprodukte wichtige Neurotransmitter im Organismus darstellen (Phenylalanin ? Phenylethylamin; Tyrosin ? Dopamin; Tryptophan ? Tryptamin, Serotonin, Melatonin). Bei Racemisierung und Epimerisierung kommt es zur Deprotonierung des a-C-Atoms der a-L-Aminosäure. Das resultierende Imin ist nun sp2-hybridisiert, und die Reprotonierung kann jetzt zu einer L- oder einer D-Aminosäure führen, je nachdem von welcher Seite der Protonen-Transfer erfolgt. Analog können so „unnatürliche“ D-Aminosäure in die „natürlichen“ L-Formen umgewandelt werden. Die Reaktion kann, muss aber nicht zum Racemat führen, es kann auch gezielt in die L- oder D-Form epimerisiert werden. Interessant ist, dass die Zwischenstufe der Racemisierung exakt der Zwischenstufe der Transaminierung vor der Tautomerisierung entspricht: Der Unterschied liegt in der Position der Reprotonierung, die über die räumliche Anordnung und Ausrichtung der Seitenketten des Enzyms gesteuert wird. Die Ca-Cß-Bindungsspaltung von Aminosäuren erfordert die Gegenwart einer ß-OH-Gruppe, deren Deprotonierung die Fragmentierung (eine Retro-Aldol-Reaktion) wie auf der nächsten Seite gezeigt auslöst. Substrate für diese Reaktion sind daher nur Serin und Threonin, die zur Bildung von Glycin und einem Aldehyd (Serin ? Formaldehyd; Threonin ? Acetaldehyd) führen, im Fall von Serin wird der gebildete hochreaktive Formaldehyd noch in der Bindungstasche des Enzyms auf Tetrahydrofolat übertragen (siehe unten, Vitamin B9 – Folsäure). Alle den hier beschriebenen Reaktionen ist gemeinsam, dass jeweils eine Bindung zum a-C-Atoms der Substrat- Aminosäure gespalten wird: Die Enzym-Spezifität bestimmt bei diesen sehr ähnlichen Mechanismen welche diese ist.* * Das Coenzym führt die Reaktion aus und bestimmt den Mechanismus, das Enzym aber führt die Regie und steuert den Mechanismus in die gewünschte Richtung sollten Verzweigungen auftauchen. 20-60 Vitamin B 6 – Reaktionen im Aminosäurestoffwechsel* NH 3 a-L-Aminosäure nur: Serin Threonin Transiminierung Transiminierung R' = H R' = CH 3 PO Transiminierung Deprotonierung Decarboxylierung - CO 2 Kohlendioxid (irreversibel) Racemisierung / Epimerisierung Protonierung * Beachten Sie die praktisch identischen Zwischenstufen nach der ersten Transiminierung, anschließend erfolgt der Bindungsbruch zu einem der drei verschiedenen a-C-Substituenten. Tautomerisierung + Transaminierung R' H R' = H R' = CH 3 Serin Threonin ? Formaldehyd ? Acetaldehyd Transiminierung mit Lysin-NH 2 Transiminierung mit Lysin-NH 2 Transiminierung mit Lysin-NH 2 NH 3 primäres Amin NH 3 a-D-Aminosäure NH 3 Glycin Seite 20-61 Vitamin B 6 – Reaktionen im Aminosäurestoffwechsel Die oben kurz erwähnte PLP-abhängige a,ß-Eliminierung an Aminosäuren läuft insofern ein wenig anders ab, als dass es hier primär zu einer Eliminierung von Wasser in der Aminosäure-Seitenkette kommt, wobei ein Enamin von Pyridoxamin gebildet wird, und nicht ein Imin wie in den anderen ausführlich beschrieben Fällen. Transiminierung, Tautomerisierung des Enamins zum Imin und dessen nachfolgende Hydrolyse ergibt a-Ketocarbonsäuren (Serin ? Pyruvat und Threonin ? a-Ketobutyrat), die entscheidende Zwischenstufen in einem der möglichen biologischen Abbauwege der Aminosäuren Serin und Threonin darstellen:* nur: Serin R' = H Threonin R' = CH3 H a,ß-H2O- Eliminierung a,ß-H 2O Eliminierung - H 2O Transiminierung mit Lysin-NH 2 Enzymgebundenes-PLP * Ein möglicher Alternativweg ist z.B die auf der vorherigen Seite abgebildete Retro-Aldol-Reaktion (Serin ? Formaldehyd + Glycin bzw. Threonin ? Acetaldehyd + Glycin). Enamin R' = H R' = CH 3 NH 2 nur: Serin Threonin Enamin-Imin- Tautomerie ? Pyruvat ? a-Ketobutyrat Imin a-Ketocarbonsäure Anmerkungen: Für Serin und Threonin gibt es damit zwei unterschiedliche PLP-abhängige Abbauwege im Stoffwechsel, für Threonin gibt es sogar noch eine dritte (NAD + -abhängige) oxidative Alternative (Threonin ? 2-Amino- 3-ketobutyrat ? Glycin ? Acetyl-S-CoA), auf die hier nicht eingegangen werden soll, da hier kein PLP-Cofaktor benötigt wird. Eine weitere, PLP-katalysierte Reaktion stellt eine Retro-Claisen-Reaktion im Abbauweg von Tryptophan dar, auf die hier ebenfalls nicht näher eingegangen werden soll. Hydrolyse - NH3 COO Seite 20-62 Vitamin B 6 – Reaktionen im Aminosäurestoffwechsel Die CPK- und Kugel-Stab-Modelle unten zeigen das Imin-Intermediat, das aus Pyridoxalphosphat und L-Alanin gebildet wird. Welche der möglichen Folgereaktionen letztendlich eintritt, hängt wesentlich davon ab welches Enzym die Katalyse ausführt, und wie dieses Enzym in der Lage ist, die frei-drehbare L-Alanin-Gruppe im Raum zu orientieren. Damit z.B. ein Proton von dem a-Kohlenstoffatom der Aminosäure abstrahiert werden kann (? Transaminierung oder Racemisierung) muss sich diese C-H-Bindung parallel zu den p-Orbitalen des benachbarten Imins und des Aromaten ausrichten, da das p-System des Pyridiniumrings nur dann als Elektronenakzeptor für die zwei Bindungselektronen aus der C-H-Bindung fungieren kann.* Im Fall des Bindungsbruchs zur Carboxylgruppe (? Decarboxylierung) oder zum ß-C-Atom (? Ca- Cß-Bindungsspaltung) muss sich jeweils ein anderer Substituent (Enzym-kontrolliert) parallel zu den p-Orbitalen ausrichten, damit der Bindungsbruch eintreten kann). Weiterhin wird aus den Modellen klar, warum Enzyme zwischen D- und L-Aminosäuren differenzieren können: Im Vergleich zum abgebildeten L-Alanin wären bei D-Alanin z.B. die Carboxyl- und Methylgruppe vertauscht, dies würde dann zu einer anderen Erkennung des Substrats durch das Enzym führen („matched“ und „mismatched“ Substrat-Enzym-Komplex). Deprotonierung - H OOC CH 3 * Gezeigt sind nur schematisch die p-Orbitale im p-System, sowie das Kohlenstoff-sp 3 -Orbital der C-H-Bindung, das Wasserstoff 1s-Orbital wurde der Übersichtlichkeit halber weggelassen. Seite 20-63 Vitamin B 7 –Biotin Vitamin B 7 –Biotin Biotin (= Vitamin B7 oder Vitamin H) ist in der Biochemie weit verbreitet und spielt eine sehr wichtige Rolle im Fett- und Zuckerstoffwechsel. Biotinmangel ist selten da es u.a. von den Darmbakterien produziert und im Darm resorbiert wird (der Tagesbedarf kann nur grob abgeschätzt werden), kann aber bei Aufnahme von großen Mengen von rohen Eiern eintreten, da das Eiklar das Protein Avidin enthält, das an Biotin bindet und seine Aufnahme im Darm blockiert. Mangelerscheinungen (Hypovitaminose) sind Hautstörungen, Haarausfall, spröde Nägel, Blutarmut, Depressionen, Müdigkeit, Ohnmacht, Appetitlosigkeit, Muskelschmerzen, erhöhte Cholesterolwerte, Unterzuckerung (Hypoglykämie) und Entzündung der Zunge (Glossitis); als Folgen einer Überdosierung (Hypervitaminose) werden verzögerte oder verringerte Insulinausschüttung, erhöhter Bedarf an Vitamin C und B6 , sowie erhöhte Blutzuckerwerte genannt. Die Struktur von Biotin (Formel nächste Seite) ist gekennzeichnet durch die zwei cis-verknüpften Fünf-Ringe (Imidazolidin-2-on und Tetrahydrothiophen), und den damit verbundenen „Knick“ in dem 3D-Modell. Kalbsleber Lachs Weizenkeimlinge Biotin (= Vitamin B 7 , H) 20-64 Vitamin B 7 –Biotin Vitamin B 7 (Biotin oder Biotinat) P P P O O O O O O O Enzym Ligase NH 2 HN H NH H P O O O Biotin wird über seine Carboxylgruppe in der Seitenkette als prosthetische Gruppe kovalent an die Biotin-abhängigen Enzyme gebunden. Nach der Aktivierung von Biotin mit Hilfe von ATP als Acyladenylat (siehe Kapitel 12 – Biochemische Aktivierung von Carbonsäuren) wird Biotin als Säureamid an die e-Aminogruppe der Seitenkette eines Lysin-Rests gebunden (das nach dem Abbau der Biotinenzyme gebildete Biotinyllysin, das Biocytin, wird durch eine Biotinidase wieder gespalten, auf diese Weise wird das Biotin für den Stoffwechsel erneut verfügbar):* aktives Strukturelement von Biotin HN H NH H Prosthetische Gruppe Biotin (Vitamin B7) Lysin Enzym PP i Biotin (Vitamin B7) Phosphat Adenosin Biotinyl-5'-AMP NH 2 Adenin (Ade) Das katalytisch aktive Strukturelement von Biotin ist die Harnstoff-analoge Carbamoyl-Gruppe (RNH-CO-NHR) an der „Spitze“ der zwei cis-anellierten Fünf-Ringe. Es dient in Carboxylasen zur Bindung von Hydrogencarbonat (HCO 3 - = C 1 -Baustein) und dessen Übertragung als Carboxylgruppe auf Substrate (? R-COO - ), und führt damit letztendlich zur Assimilation von Kohlendioxid (CO 2 ) auch im tierischen Organismus. * Die hier in verkürzter Form dargestellten Phosphorylierungen verlaufen über die Zwischenstufe eines pentakoordinierten Phosphors (Mechanismus der nucleophilen Acylsubstitution, Kap. 12). Seite CoAS 20-65 Vitamin B 7 –Biotin Alle Biotin-abhängigen Carboxylasen sind gleichzeitig neben Hydrogencarbonat noch auf ATP und zweiwertige Magnesiumionen (Mg2+ ) angewiesen (siehe Mechanismus auf der nächsten Seite). Zunächst kommt zu einer ATP und Mg2+ -abhängigen Aktivierung von einem Equivalent Hydrogencarbonat als Carboxyphosphat ( - 2- OOC-OPO3 ). Anschließend wird die Carboxylgruppe in einer weiteren nucleophilen Acylsubstitution auf ein deprotoniertes Biotin (prosthetische Gruppe der Carboxylase) übertragen, das Mg2+ -Ion dient jeweils zur Ladungskompensation in diesen Reaktionen. In einer dritten Acylsubstitution wird die Carboxylgruppe dann in einer der Claisen-Kondensation (Kapitel 13) analogen Reaktion auf ein Thioesterenolat-Anion übertragen. Im gezeigten Beispiel ist dies das Enolat des Acetyl-S-CoA, das nach dessen a-Deprotonierung entsteht. Durch diese Biotin-vermittelte Reaktion wird Acetyl-S- CoA zum Malonyl-S-CoA carboxyliert, wobei die Carboxylgruppe letztendlich aus Hydrogencarbonat stammt. Biotin ist das Coenzym für vier Carboxylasen des Menschen. In allen Fällen wird wie beschrieben ATP-abhängig eine - Carboxylgruppe in Form von HCO3 aktiviert und auf die zu carboxylierenden Substrate übertragen. Zu diesen Carboxylasen zählen die Acetyl-CoA-Carboxylase (siehe Mechanismus* auf der nächsten Seite), sowie die Pyruvat- Carboxylase, die Propionyl-CoA-Carboxylase und die Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase: Acetyl-S-CoA Pyruvat Acetyl-CoA- Carboxylase + ATP - ADP + HCO3 - Pi Pyruvat- Carboxylase + ATP - ADP + HCO3 - Pi CoAS Malonyl-S-CoA Oxalacetat CoAS Propionyl-S-CoA CoAS Methylcrotonyl-S-CoA Propionyl-CoA- Carboxylase + ATP - ADP + HCO3 - Pi CoAS (S)-Methylmalonyl-S-CoA CoAS * Der Mechanismus ist auch formulierbar unter Fragmentierung der gezeigten Spezies, so dass jeweils CO 2 freigesetzt wird, welches sofort im Anschluss nucleophil angegriffen werden kann. Methylcrotonyl-CoA- Carboxylase + ATP - ADP + HCO3 - Pi O 3-Methylglutaconyl-S-CoA Seite 20-66 Vitamin B 7 – Mechanismus der Acetyl-CoA-Carboxylase* Hydrogencarbonat HCO 3 Enzym gebundenes Biotin P P P O O O O O O O Mg 2 CoA S H H Acetyl-S-CoA H NH 2 Base H-Base Thioester-Enolat - PO 4 3 Acetyl-CoA- Carboxylase * Alle nucleophilen Acylsubstitutionen an C=O und P=O sind hier verkürzt dargestellt, die jeweils höher koordinierten Zwischenstufen sind nicht abgebildet. Malonyl-S-CoA Seite 20-67 Vitamin B 7 –Biotin Von den humanen Carboxylasen (Acetyl-CoA-Carboxylase, Pyruvat-Carboxylase, Propionyl-CoA-Carboxylase und Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase) besitzen bei allen Warmblütern quantitativ die größte Bedeutung die Acetyl-CoA- Carboxylase und die Pyruvat-Carboxylase. Erstere führt die Startreaktion zur Fettsäure-Biosynthese aus (siehe Kapitel 13), letztere gehört zu den sogenannten anaplerotischen Reaktionen (griech., „auffüllende Reaktion“) des Citrat- Cyclus (Pyruvat ? Oxalacetat, vgl. Kapitel 13). Die Pyruvat-Carboxylase-Reaktion steht weiterhin in Beziehung mit der Gluconeogenese, die Propionyl-CoA-Carboxylase wird beim Abbau ungeradzahliger Fettsäuren und verzweigtkettiger Aminosäuren benötigt, die Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase beim Leucin-Abbau. Molekülmodelle von Biotin Das Reaktions-Schema der Fettsäure-Synthese (Acetyl-S-CoA ? Malonyl-S-CoA und weitere Claisen- Kondensationen) in lebenden Zellen ist eng verwandt mit dem Schema des Fettsäure-Abbaus (? ß-Oxidation und Retro-Claisen-Kondensation), stellt aber nicht die direkte Umkehrung dar. Die Unterschiede im Detail dienen zum einen der Möglichkeit zur Kontrolle durch unterschiedliche regulatorische Mechanismen, zum anderen muss die bei der Synthese notwendige Claisen-Kondensation und ihre ungünstige Gleichgewichtslage an einen irreversiblen Schritt gekoppelt werden, damit sie exergonisch ablaufen kann. Genau dies wird durch die Biotin-abhängige Carboxylase unter ATP-Verbrauch gewährleistet: Das hier gebundene Equivalent CO 2 wird nur zwei Schritte später in einer Claisen-Kondensation irreversibel wieder abgespalten. Nur die Kopplung einer ansonsten thermodynamisch ungünstigen Reaktion an die ATP-abhängige Carboxylierung macht die Fettsäure-Synthese erst möglich. Seite 20-68 Vitamin B 9 – Folsäure Vitamin B 9 –Folsäure Folsäure (Vitamin B9 , Folinsäure oder Pteroylglutaminsäure) ist ein hitze- und lichtempfindliches, wasserlösliches Vitamin aus dem B-Komplex. Folsäure ist enthalten in Leber, Vollkornprodukten, dunkelgrünem Blattgemüse (lat.: folium, „Blatt“), Bohnen, Spargel, Eigelb und Nüssen, aber auch in Obst, Fisch und Fleisch finden sich geringe Mengen davon. Ein Fehlen der Folsäure im Körper wirkt sich besonders auf das Blutbild und in der Schwangerschaft durch Fehlbildungen des Embryo und Frühgeburt aus. Intensive Sonnenbestrahlung kann – insbesondere bei hellhäutigen Menschen – Folsäure auch im Körper zersetzen. Bakterien vermögen Folsäure zu synthetisieren, Säugetiere haben diese Fähigkeit verloren. Chemisch betrachtet handelt es sich bei Folsäure um ein Pterin-Derivat (vgl. auch Vitamin B2 – Riboflavin – und dessen Struktur), das mit p- Aminobenzoesäure und Glutaminsäureresten (Glutamate) substituiert ist. In der Nahrung kommen unterschiedliche Formen vor, die sich lediglich in der Anzahl der Glutamylreste, die an die Pteroinsäure gebunden sind, unterscheiden. Die biologische Funktion von Folsäure als Coenzym ist die eines Übertragers für diverse Ein-Kohlenstoff-Fragmente (C1-Bausteine -CH3 , -CH2OH, -CHO und -COOH).* Vitamin B 9 (Folsäure) Vollkornprodukte Broccoli und Spinat Bohnen Orangen Pterin Pteroinsäure p-Aminobenzoesäure Pteroylglutaminsäure = Folsäure COOH COOH L-Glutaminsäure * Damit unterscheidet sich Folsäure eindeutig von Thiaminpyrophosphat (TPP, Vitamin B 1 ), dem biologischen Überträger für C 2 -Fragmente: unterschiedliche Aufgaben, unterschiedliche Strukturen. Seite Folsäure 20-69 Vitamin B 9 – Folsäure – C 1-Überträger COOH Folat-Reduktase + NADPH/H - NADP Die biologisch aktive Form der Folsäure ist die Tetrahydrofolsäure (THF oder FH4 ), die durch Reduktion der Folsäure zu Dihydrofolsäure und anschließend zu Tetrahydrofolsäure mit Hilfe der NADPH/H COOH + -abhängigen Folat-Reduktase bzw. Dihydrofolat-Reduktase entsteht: Momentan kennt man sechs Tetrahydrofolsäure-Derivate* mit Coenzym-Funktion, von denen das sogenannte N 5 -Methyl-THF Überträger für Methylgruppen (-CH 3 ), N 5 ,N 10 -Methylen-THF Überträger für Methylengruppen (-CH 2 -), und die restlichen Überträger für Formylgruppen (-CHO) sind: + NADPH/H - NADP H2N N N H N5 ,N10-Methylen-THF H 2N HN O H2N N N H N5 ,N10-Methenyl-THF N H2N N N H N5-Formimino-THF * Die Nummerierung der Verbindungen leitet sich von der Nomenklatur der Heterocyclen ab: „N 5 “ bzw. „N 10 “ bezeichnen die Stickstoffatome in den Positionen 5 bzw. 10 (Superskripte). Seite 20-70 Vitamin B 9 – Coenzyme der Tetrahydrofolsäure Vitamin B 9 – Biochemische Funktion der Tetrahydrofolsäure-Coenzyme* Die Coenzyme der Folsäuregruppe sind Überträger von C1-Gruppen unterschiedlicher Oxidationsstufen (Methyl-, Hydroxymethyl-, Formyl-, Formiatreste), Träger der C1-Bausteine sind die N-Atome in Position 5 bzw. 10 des Pteroylrests (siehe oben). Die höchste Oxidationsstufe hat Formiat, das als N5-Formyl-, N10-Formyl-, N5-Formimino oder N5 ,N10-Methenyl-Rest an die Tetrahydrofolsäure gebunden ist. Die nächst niedrigere Oxidationsstufe ist die des Formaldehyds in N5 ,N10-Methylen-THF, die niedrigste die des Methanols in N5-Methyl-THF. Durch Dehydrogenasebzw. Isomerase-Reaktionen können die C1-Reste ineinander überführt werden. Das Reaktionsschema auf der nächsten Seite zeigt gleichzeitig, aus welchen Quellen die C1-Reste stammen und welche weiteren Reaktionen im Intermediärstoffwechsel zur Verfügung stehen. Herkunft der C1-Gruppen: Formiat kann ATP-abhängig über die Formyl-THF-Synthase direkt an Tetrahydrofolsäure angelagert werden. Wichtiger ist die Bildung von N5 ,N10-Methylen-THF durch Übertragung des ß-Kohlenstoffs des Serins (siehe oben: Serin ? H2CO). Sehr wahrscheinlich erfolgt zunächst eine Reaktion von Formaldehyd mit N5 gefolgt von einer intramolekularen Wasserabspaltung, so dass die N5 ,N10-Methylenkonfiguration entsteht. In ähnlicher Weise werden die Methylgruppen von Methionin, Cholin und Thymin nach Oxidation zur Hydroxymethylgruppe in die Tetrahydrofolsäure eingebaut. Die beim Histidin-Abbau entstehende Formiminogruppe von Formiminoglutamat wird als N5-Formimino-THF eingebaut, zum N5-Formyl-THF desaminiert und danach in N5 ,N10-Methylen-THF umgewandelt. Schicksal der C1-Gruppen: N10-Formyl-THF ist Kohlenstofflieferant für die C-Atome 2 und 8 des Purinkerns. Außerdem stellt es die Formylgruppe der N-Formylmethionin-tRNA, die bei Prokaryonten die Biosynthese von Proteinen startet. N5 ,N10-Methylen-THF liefert den Kohlenstoff für die Methylgruppen von Thymin und Hydroxymethylcytosin, sowie den ß-Kohlenstoff des Serins bei der Umwandlung von Glycin in Serin.. In einer NAD + -abhängigen Reaktion wird N5 ,N10-Methylen-THF irreversibel durch die N5 ,N10-Methylen-THF-Reduktase zu N5-Methyl-THF reduziert. Die Methylgruppe von N5-Methyl-THF wird für die Cholin-Biosynthese benötigt und bei der Methionin-Biosynthese Vitamin B12 abhängig auf Homocystein übertragen. Methionin wird in S-Adenosylmethionin (SAM) eingebaut, als welches es wie THF als Methylgruppendonor fungiert. Bei Vitamin B12 Mangel kann zwar N5-Methyl-THF produziert werden, gleichzeitig aber nicht mehr nicht zu THF demethyliert und weiter verstoffwechselt werden. So kann es trotz Folsäurezufuhr bei Vitamin B12-Mangel zu einem funktionellen Folsäuremangel kommen. Das Phänomen der Anhäufung von N5-Methyl- THF nennt man auch „Methylfalle“. * Angepasst aus: G. Löffler, P. E. Petrides, P. C. Heinrich (Hrsg.), Biochemie und Pathobiochemie, 8. Aufl., Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2007, S. 707-709. Seite 20-71 Vitamin B 9 – Folsäure – Drehscheibe der C 1-Fragmente R HN10 H2N N N H Tetrahydrofolsäure (THF) HN 10 Vitamin B 12 Methionin Homocystein SH Methionin-Synthase Serin PLP-abhängige Eliminierung Serin-Hydroxymethyl- Transferase NADH/H HN 10 Cholin- Biosynthese Reduktase (irreversibel) Dehydrogenase HN H O H HN HN10 N 5 NH 3 Cyclodeaminase Hydrolase N5 ,N10-Methylen-THF N10 N -Formyl-THF 5 ,N10-Methenyl-THF ADP Thymidin- Biosynthese NH 3 Formiat- THF-Ligase N-Formylglutamat Purin- Biosynthese Anmerkung: vgl. oben zur Pyridoxalphosphat (PLP, B 6 ) abhängigen C a -C ß -Bindungsspaltung von Serin, der freiwerdende Formaldehyd (Zellgift!) verlässt das Enzym nicht (direkter Übertrag auf THF). Seite 20-72 Vitamin B 9 – Folsäure – Drehscheibe der C 1-Fragmente Als Beispeil für eine THF-abhängige Reaktion in allen Organismen ist auf der nächsten Seite der Enzymmechanismus der Thymidylat-Synthase (dTMP- Synthase) skizziert – das Enzym, das den genetischen Buchstaben „U“ in ein „T“ umschreibt: N 5 ,N 10 -Methylen-THF liefert den Kohlenstoff für die Methylgruppe von Thymin, die in einer Substitution unter Ringöffnung und einer nachfolgenden, Baseninduzierten a,ß-Eliminierung erzeugt wird. Im letzten Schritt überträgt das Coenzym ein Hydrid auf die Methylengruppe (=CH2), die dabei zur Methylgruppe reduziert wird. Gleichzeitig wird das Coenzym – das hier sowohl als C 1 -Überträger wie auch als Reduktionsmittel fungiert – zur Dihydrofolsäure oxidiert. Zur Regeneration von N 5 ,N 10 -Methylen-THF muss diese Dihydrofolsäure zunächst wieder zur Tetrahydrofolsäure reduziert werden (siehe oben, Dihydrofolat-Reduktase), dann wird von der Serin-Hydroxymethyl-Transferase nach dem oben beschriebenen Mechanismus der Pyridoxalphosphat-katalysierten C a ,C ß -Bindungsspaltung wieder eine C 1 -Einheit auf Tetrahydrofolsäure übertragen (Serin ? Glycin + Formaldehyd ? Rückbildung des Coenzyms). In der Summe stammt damit das C-Atom der Methylgruppe von Thymidin letztendlich aus der ß-Position der Aminosäure Serin. Krebszellen haben die Eigenschaft, durch unkontrollierte Zellteilungen Gewebewucherungen zu verursachen. Ein Ansatzpunkt zur Behandlung stellen die Chemotherapeutika dar, die spezifische Enzyme hemmen, die für die Zellteilung essentiell sind, hierzu gehören u.a. die Thymidylat-Synthase oder die Dihydrofolat- Reduktase. Ein Medikament zur Behandlung bösartiger Tumore und bestimmter Virusinfektionen ist das 5-Fluoruracil, das die beschriebene dTMP-Synthase irreversibel hemmt. 5-Fluoruracil und Uracil reagieren mit dem Enzym in analoger Weise, bis zu dem Punkt der Basen-induzierten Eliminierung: Fluor besitzt zwar einen ähnlichen Atomradius wie ein H-Atom, kann aber aufgrund seiner sehr hohen Elektronegativität nicht wie ein Proton (H + ) als F + abgespalten werden, so dass der entsprechende Enzymschritt ausfällt: Das Enzym wird durch das kovalent gebundene Substrat-Analogon permanent inaktiviert („zerstört“). ß CH2 O P O O O keine a,ß- Eliminierung Desoxyuridin- 5'-phosphat (dUMP) Serin (Ser) Desoxythymidin- 5'-phosphat (dTMP) Seite P O O O R' = Desoxyribose-5P 20-73 Vitamin B 9 – Folsäure – Thymidin-Biosynthese Desoxyuridin- 5'-phosphat (dUMP) Desoxythymidin- 5'-phosphat (dTMP) Dihydrofolsäure Ringöffnung 10 Coenzym- Regeneration - NADP + NADPH/H Serin- Hydroxymethyl- Transferase Glycin Dihydrofolatreduktase Serin a,ß- Eliminierung dTMP- Synthase Hydrid- Transfer Seite 20-74 Vitamin B 9 – Inhibition der Thymidin-Biosynthese 5-Fluoruracil (5-FU) stellt einen mechanistischen Enzyminhibitor („Suizidhemmstoff“, siehe Mechanismus oben) dar, der zu einem permanenten Ausfall der Thymidylat-Synthase und damit zu einer Störung der DNA-Replikation führt. Die Nebenwirkungen für normale Zellen (insbesondere die teilungsaktiven Zellen des blutbildenden Knochenmarks) sind erheblich, sich rasch-teilende Krebszellen sind aber stärker betroffen, was in diesem Fall den therapeutischen Einsatz von 5-FU als Chemotherapeutikum rechtfertigt.* Ein Inhibierung der Dihydrofolat-Reduktase hat indirekt ebenfalls einen ähnichen Effekt auf die Thymidin- Biosynthese, da das nur begrenzt vorhandene Coenzym THF nicht ausreichend regeneriert werden kann. Kompetitive Hemmstoffe, die zwar reversibel, aber stärker an die Dihydrofolat-Reduktase binden sind die Chemotherapeutika Aminopterin und Methotrexat, die strukturell mit der Tetrahydrofolsäure verwandt sind. Trimethoprim findet Einsatz als Antibiotikum, da es an die bakterielle Dihydrofolat-Reduktase stärker bindet als an die Reduktase von Säugern. 5-Fluoruracil Molekülmodelle der Folsäure: NH 2 R = H R = CH 3 Aminopterin Methotrexat N-Glutamat Trimethoprim * Die Ausführungen zeigen, dass eine genaue Kenntnis der grundlegenden Enzymmechanismen eine sehr hohe Bedeutung für die Entwicklung neuer Pharmaka besitzt. NH 2 OCH 3 OCH 3 OCH 3 Seite 20-75 Vitamin B 12 – Cobalamin Vitamin B 12 – Adenosylcobalamin Bei dem Vitamin B12 (Adenosylcobalamin) handelt sich um eine metallorganische Verbindung mit einem dreiwertigen Cobalt-Ion, das von einem Corrin-Ringsystem komplexiert wird, seine chemische Struktur wurde erstmalig von D. C. Hodgkin bestimmt.* Vitamin B12 hat zwei Hauptaufgaben im Körper: Es wird im Knochenmark zur Bildung der roten Blutkörperchen und im Nervensystem benötigt, zudem ist es an der Synthese der RNA und DNA beteiligt. Vitamin B12 wird meistens im terminalen Ileum resorbiert. Für die Aufnahme ist ein Transportprotein, der so genannte „Intrinsic Factor“, notwendig. Dieser Faktor wird in der Magenschleimhaut produziert und ist bei der so genannten A-Gastritis vermindert, so dass sich als Folge ein Vitamin B12-Mangel ausbilden kann. Bei Darmerkrankungen (Morbus Crohn) oder nach Resektionen des terminalen Ileum oder des Magens kann die Supplementierung von Vitamin B12 notwendig sein. Nur Mikroorganismen, zu denen auch die Bakterien der Darmflora gehören, können dieses Vitamin synthetisieren. Der Mensch kann das Vitamin bei einer 100%ig intakten Darmflora mit Hilfe von Milchsäurebakterien (Laktobazillen) aus Cobalt im Dünndarm synthetisieren. Zudem wird es im Dickdarm hergestellt, geht dann aber meist mit dem Stuhl verloren. Der tägliche Mindestbedarf beträgt ca. 3 Mikrogramm. Ein Mangel an Vitamin B12 entwickelt sich sehr langsam, bei völligem Stopp der Zufuhr in der Regel erst nach zwei bis drei Jahren, da der Körper das Vitamin in erheblichen Mengen und über längere Zeit in der Leber speichern kann. Bei einem Mangel an Vitamin B12 kann es zur Perniziösen Anämie (Perniziosa), einer Erkrankung des Blutbildes und zur funikulären Myelose (Entmarkungskrankheit mit neurologischen Ausfällen) kommen. Folgen einer Überdosierung (Hypervitaminose) sind bisher offenbar nicht bekannt. Leber Hering Forelle Milchprodukte und Käse * Dorothy Crowfoot Hodgkin (1910-1994), Nobelpreis 1964, "for her determinations by X-ray techniques of the structures of important biochemical substances“. R = CH 3 R = OH R = CN 20-76 Vitamin B 12 – Cobalamin H2N O Vitamin B 12 (Adenosylcobalamin) Methylcobalamin Hydroxycobalamin Cyanocobalamin Im mitochondrialen 5‘-Desoxyadenosylcobalmin ist der 5‘-Desoxyadenosylrest (Ado) covalent über das C5‘-Atom der Desoxyribose an das Cobalt gebunden, im Cytosol hingegen überwiegt Methylcobalamin. Therapeutisch wird meist Cyanocobalamin oder Hydroxycobalamin eingesetzt, deren Liganden (OH - bzw. CN - ) biochemisch entsprechend ausgetauscht werden. (D) (C) * Angepasst aus: G. Löffler, P. E. Petrides, P. C. Heinrich (Hrsg.), Biochemie und Pathobiochemie, 8. Aufl., Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2007, S. 709-711. NH 2 Seite 20-77 Vitamin B 12 – Cobalamin Biochemisch wird Vitamin B 12 (Cobalamin) für intramolekulare Umlagerungen von Alkylresten (Mutase-Reaktionen), sowie für die Methylierung von Homocystein (? Methionin) und Uridin (? Thymidin) benötigt, wobei bemerkenswert ist, dass diese Reaktionen zu den relativ seltenen, biologisch relevanten Radikalreaktionen gehören, während die Mehrzahl aller Enzym-katalysierten Reaktionen über ionische Zwischenstufen verlaufen (Protonierung, Deprotonierung, etc.). Essentiell für diese Funktionalität ist der relativ schwach über ein Kohlenstoff-Atom gebundene sechste Ligand am Cobalt-Ion: Die Co-C-Bindung kann leicht homolytisch unter Bildung von Radikalen gespalten werden. Molekülmodelle von Adenosylcobalamin: 20-78 Vitamin B 12 – Adenosylcobalamin Hydroxycobalamin NAD NADH + H FADH 2 formal: (+ 2 H , + 2 e ) Mutase- Reaktion - H 2O (Vitamin B 12) H R R H z.B.: P P P O O O O O O O Methylmalonyl-S-CoA NH 2 Methylmalonyl-CoA- Mutase (Vitamin B 12) OOC H Die Biosynthese des 5‘-Desoxyadenosylcobalamins erfolgt in einer zweistufigen Reaktion: Zuerst wird Cobalt (Co 3+ ) FAD und NAD + abhängig in die einwertige Form reduziert und danach die aus ATP stammende 5‘-Desoxyadenosylgruppe gebunden, wobei die drei Phosphatgruppen des ATP in Form von anorganischem Triphosphat freigesetzt werden: P P P O O O O O O O Succinyl-S-CoA 5‘-Desoxyadenosylcobalamin (Vitamin B 12) Eine katalytische Funktion des 5‘-Desoxyadenosylcobalamins ist die intramolekulare Umlagerung (Mutation) von Alkylresten (formaler Austausch und Platzwechsel von zwei Substituenten –H und –R in einem Molekül). Eine solche Isomerisierung ist z.B. beim Abbau ungeradzahliger Fettsäuren notwendig, und führt von Methylmalonyl-S-CoA zu Succinyl-S-CoA (siehe Mechanismus auf den nächsten Seiten): Seite 20-79 Vitamin B 12 – Adenosylcobalamin (Fettsäuren ? ) Acyl-S-CoA wiederholte ß-Oxidation und Retro-Claisen-Reaktion Spirale des Fettsäure- Abbaus Acetyl-S-CoA (C 2) geradzahlige Fettsäuren (alle Schritte) Propionyl-S-CoA (C 3) Der Abbau linearer Fettsäure-Ketten erfolgt normalerweise immer in C 2 -Einheiten, wobei Fettsäuren mit einer geraden Anzahl von C-Atomen restlos zu dem C 2 -Baustein Acetyl-S-CoA (? Citrat-Cyclus; zu weiteren Details des Fettsäure-Abbaus siehe auch Kapitel 13) abgebaut werden können. Beim Abbau ungeradzahliger Fettsäuren bleibt im letzten Schritt ein C 3 -Rest (Propionyl-S-CoA) zurück, der auf eine andere Art und Weise verstoffwechselt werden muss: Die C 3 -Einheit wird zunächst zum Methylmalonyl-S-CoA carboxyliert (? C 4 -Einheit, siehe oben zum Mechanismus der (Vitamin B 7 ) Biotin-abhängigen Propionyl-CoA-Carboxylase), das verzweigte Kohlenstoff- Grundgerüst dieser Verbindung muss anschließend in einer Vitamin B 12 -katalysierten Reaktion in das lineare C-Gerüst von Succinyl-S-CoA umgelagert werden (Methylmalonyl-CoA-Mutase), damit dieser Baustein letztendlich auch über den Citrat-Cyclus „entsorgt“ werden kann: Verkürzung der Fettsäurekette jeweils um eine C 2-Einheit ungeradzahlige Fettsäuren (letzter Schritt) Vitamin B 7 abhängige Carboxylierung Citrat-Cyclus Succinyl-S-CoA (C 4) Vitamin B 12 abhängige Mutase-Reaktion OOC Me-Malonyl-S-CoA (C4) Seite O H H H 20-80 Methylmalonyl-S-CoA Vitamin B 12 – Adenosylcobalamin Methylmalonyl-CoA- Mutase (Vitamin B 12) 1,2-Propandiol Diol- Dehydratase (Vitamin B 12) Diese Reaktion der Methylmalonyl-CoA-Mutase erfolgt über einen Mechanismus, der die Bildung freier Radikale einschließt (Formelschema auf der nächsten Seite). Die Reaktion beginnt mit einer homolytischen Spaltung der Co- C-Bindung und Ablösung des 5‘-Desoxyadenosylrests vom Co 3+ . Es entsteht Co 2+ und ein 5-Desoxyadenosyl-Radikal (Ado-Radikal), welches ein H-Atom von der Methylgruppe von Methylmalonyl-S-CoA abstrahiert. Das entstehende hochreaktive primäre Radikal greift das C-Atom der Thioestergruppe an, es entsteht ein intermediäres Radikal am Sauerstoff der Thioestergruppe, das spontan unter Spaltung der C a -C ß -Bindung zu einem stabileren Radikal (? Mesomerie-stabilisiert durch die Nachbarschaft zu einer COO-Gruppe) umlagert (? Succinyl-Gerüst). Anschließend wird von 5-Desoxyadenosin ein H-Atom auf das Radikal zurückübertragen und die Co-C-Bindung wiederhergestellt (? Regeneration des Cofaktors Vitamin B 12 ). Die Rolle von Cobalamin und insbesondere die des 5‘-Desoxyadenosylliganden ist damit die eines Radikal-Initiators, der die Mutase-Reaktion ermöglicht. Bei Vitamin B 12 -Mangel wird Methylmalonyl-S-CoA zu Methylmalonsäure hydrolysiert und mit dem Urin ausgeschieden (? empfindlicher klinischer Test auf Vorliegen eines Cobalaminmangels). Weitere Beispiele, die nach einem gleichen Vitamin B 12 -abhängigen Mechanismus (Netto-Positionsaustausch eines H- Atoms mit einer funktionellen Gruppe durch H-Abstraktion ? Radikal-Umlagerung ? H-Übertragung) ablaufen, zeigen die folgenden Reaktionen: NH 3 ß-Methylaspartat Glutamat- Mutase (Vitamin B 12) OOC H Succinyl-S-CoA NH 3 OOC H H Glutamat HO H geminales Diol Propanal - H 2O (spontan) Seite H 2N 20-81 5‘-Desoxyadenosylcobalamin (Vitamin B 12) Vitamin B 12 – Adenosylcobalamin Mechanismus der 5‘-Desoxyadenosylcobalamin abhängigen Methylmalonyl-CoA-Mutase: homolytischer Co-C-Bindungsbruch 5' CH2 N Rekombination Vitamin B 12 abhängige Methylmalonyl-CoA- Mutase Anmerkung: Wie oben beschrieben, entspricht die Gesamtreaktion einem Positionsaustausch von einer Carboxylgruppe mit einem Wasserstoffatom.* CoA H S OOC Me-Malonyl-S-CoA H-Abstraktion H-Abstraktion Succinyl-S-CoA spontane Radikal- Umlagerungen im Enzym Umlagerung Umlagerung * Die Kugeln markieren das Co-Atom und die 5‘-Position von Cobalamin, sowie das C-Atom der Methylgruppe von Methylmalonyl-S-CoA; orange Kugeln zeigen organische Radikale an. S CoA Seite Reaktionen des Methionin-Cyclus: 20-82 HN 10 NADH/H Vitamin B 12 – Adenosylcobalamin Reduktase (irreversibel) NH 3 L-Methionin NH 3 L-Homocystein S CH 3 P P P O O O O O O O P i + PP i 3 P i Methionin-Adenosyl- Transferase Adenosin Adenosyl-Homocystein- Hydrolase NH 2 NH 3 S-Adenosylmethionin (SAM) NH 3 S-Adenosylhomocystein S CH 3 verschiedene Methyl-Transferasen Im Kontext der Tetrahydrofolat-Coenzyme und deren Reaktionen wurde auf die essentiell notwendige Demethylierung von N 5 -Methyltetrahydrofolat hingewiesen (siehe oben). Methylakzeptor ist L-Homocystein, das bei Transmethylierungs- Reaktionen von S-Adenosylmethionin (SAM) entsteht (siehe Kapitel 4 zur Bedeutung von biochemischen S N - Reaktionen und Methylierungen durch SAM). Durch die Vitamin B 12 -abhängige Methionin-Synthase kann sowohl Tetrahydrofolsäure (Vitamin B 9 ) regeneriert, wie auch Methionin wieder hergestellt werden (B 12 -abhängiger Methyltransfer im Methionin-Cyclus). Die Methionin-Synthase ist neben der bereits diskutierten Methylmalonyl- CoA-Mutase das einzige Vitamin B 12 -abhängige Enzym im tierischen Stoffwechsel:* Tetrahydrofolsäure (THF) Methionin- Synthase (Vitamin B 12) oder: Dimethylglycin Transmethylase Betain S N2 S N2 Methylakzeptor z.B. Noradrenalin ? Adrenalin oder Guanidinoessigsäure ? Kreatin * Für Details siehe: G. Löffler, P. E. Petrides, P. C. Heinrich (Hrsg.), Biochemie und Pathobiochemie, 8. Aufl., Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2007, S. 464; hier nur ohne Mechanismus dargestellt. Seite 20-83 Vitaminähnliche Substanzen Vitamin und Vitaminähnliche Substanzen Mit Ausnahme von Ascorbinsäure werden alle wasserlöslichen Vitamine nach Überführung in die jeweils biologisch aktive Form als Gruppen-übertragende Coenzyme verwendet: Niacin und Riboflavin (H2 ), Biotin (CO2 ), Pantothensäure (Acyl-Reste), Folsäure und Vitamin B12 (C1-Fragmente) bzw. Thiamin (C2- Fragmente und oxidative Decarboxylierung von a-Ketocarbonsäuren); Ascorbinsäure ist vor allem ein effizientes Reduktionsmittel und hält Eisen- bzw. Kupferionen in Enzymen in der für die Katalyse notwendigen reduzierten Form. Außer den eigentlichen Vitaminen gibt es noch einige vitaminähnliche Wirkstoffe, über deren Vitamincharakter, d.h. den Biosyntheseweg bzw. die Fähigkeit der menschlichen Zelle zur Biosynthese des betreffenden Stoffes, noch nicht endgültige Klarheit besteht. Dazu zählt man Inositol, Cholin, Carnitin, Ubichinone, Flavonoide und die Liponsäure. Auf die Metall-haltigen (z.B. Fe, Cu, etc.) Coenzyme und prosthetischen Gruppen der Metalloenzyme (Häm, Cytochrom, etc.) soll hier in diesem Kapitel nicht näher eingegangen werden. Im folgenden werden noch in Kürze die Coenzyme Ubichinon und Liponsäure, bzw. die Cosubstrate ATP, CTP, und UTP erwähnt (Wiederholung aus vorausgegangen Kapiteln), bevor eine Zusammenstellung (KEGG Datenbank) verschiedener Biosynthesewege gegeben wird. Tabelle nach: G. Löffler, P. E. Petrides, P. C. Heinrich (Hrsg.), Biochemie und Pathobiochemie, 8. Aufl., Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2007, S. 464; hier nur ohne Mechanismus dargestellt. Seite H 3CO 20-84 Vitaminähnliche Substanzen, Coenzyme und Cosubstrate Ubichinon ? Oxidation Im Verlauf der Atmungskette (oxidative Phosphorylierung) werden von NADH stammende Elektronen auf Ubichinon (Coenzym Q) übertragen. Das mit Vitamin E und K (siehe oben) strukturell verwandte, sehr hydrophobe Isoprenoid Ubichinon diffundiert frei in der Mitochondrienmembran und stellt dort einen essentiellen Elektronen- und Protonen- Überträger dar. Ubichinon kann durch spezifische Dehydrogenasen (Oxidoreduktasen) reduziert werden (z.B. NADH:Ubichinon-Oxidoreduktase, Succinat:Ubichinon-Oxidoreduktase im Citrat-Cyclus, ETF (electron transferring flavoprotein):Ubichinon-Oxidoreduktase, Glycerophosphat:Ubichinon-Oxidoreduktase), die Reduktion kann stufenweise (Chinon ? Semichinon ? Hydrochinon) erfolgen: Ubichinon (Coenzym Q 10) Isopren- Einheiten ? Reduktion ? Oxidation Liponsäure und Dihydroliponsäure (Semichinon) Auf die Bedeutung des Redox-Systems der Liponsäure und ihrer reduzierten Form (Dihydroliponsäure) wurde auch schon in Kapitel 9 hingewiesen, hier wurde weiterhin schon ihre spezielle Rolle beim Acyltransfer der Thiamin (Vitamin B 1 ) abhängigen Decarboxylasen (2-Ketoglutarat- bzw. Pyruvat-Dehydrogenase, siehe oben), bzw. bei der Vitamin K-abhängigen ?-Carboxylierung von Glutamat diskutiert. ? Reduktion H3CO CH3 e 2 H Liponsäure Ubichinol (Coenzym QH 2) COOH SH SH COOH Dihydroliponsäure Seite 20-85 Vitaminähnliche Substanzen, Coenzyme und Cosubstrate Adenosin-5'-triphosphat (ATP) Die Aufgaben von ATP im Organismus sind vielfältig, es stellt eine universelle Quelle freier Enthalpie im Stoffwechsel dar und dient vor allem als Cosubstrat für phosphorylierende Enzyme (nicht Coenzym, da ATP „verbraucht“ wird und auf anderen Wegen wieder regeneriert werden muss). Die Bedeutung von ATP wurde in vielen Fällen bereits diskutiert (siehe z.B. Kapitel 12 zur biochemischen Aktivierung von Carbonsäuren oder oben zur Aktivierung von Methionin als Methylgruppenüberträger).* Beispiele zur Biochemischen Aktivierung von Carbonsäuren: Carboxylat ? P ß P a P O O O O O O Triphosphat Adenosintriphosphat (ATP) NH 2 Adenosyl-Rest (Ad) Adenin (Ade) Acyl-Rest Für den Stoffwechsel der Lipide wird das dem ATP strukturell verwandte CTP benötigt, das bei der Biosynthese der Phosphoglyceride eine ähnlich entscheidende Rolle spielt, wie das UTP bei der Biosynthese von Polysacchariden. - PP i (Pyrophosphat) - AMP (Adenosinmonophosphat) - ADP (Adenosindiphosphat) gemischtes Anhydrid gemischtes Anhydrid gemischtes Anhydrid P O O Adenylat P O O Pyrophosphat P O O Phosphat P O O * ATP, CTP und UTP sind selbstverständlich keine Vitamine, da diese Verbindungen von allen Zellen selbstständig biosynthetisiert werden können. Acyladenylat Acylpyrophosphat Acylphosphat Seite 20-86 Vitamin-Präparate Vitamine bleiben unter Verdacht* Für "wenig seriös" hält ein Ernährungswissenschaftler der Universität Hohenheim die Studie über die nachteilige Wirkung einiger Vitamine. Andere Experten können diese Kritik jedoch nicht nachvollziehen. Von Werner Bartens Mit Unverständnis reagieren Experten auf Kritik an einer umfassenden Studie über die Wirkung von Vitaminen. Wissenschaftler aus Kopenhagen hatten in der vergangenen Woche im Fachmagazin Journal of the American Medical Association berichtet, dass die regelmäßige Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel Vitamin A, E und Beta-Karotin das Leben verkürzen kann (sueddeutsche.de berichtete). "Statistisch und methodisch ist die Arbeit auf hohem Niveau", sagt Gerd Antes, Leiter des unabhängigen Cochrane-Zentrums in Freiburg, das systematisch die Qualität medizinischer Untersuchungen bewertet. Für Vitamin C und Selen fällt die Bilanz neutral aus: Als Zusatz haben sie demnach zwar keinen Nutzen, dass sie das Leben verkürzen, konnte aber auch nicht festgestellt werden. Konrad Biesalski, Ernährungswissenschaftler an der Universität Hohenheim, hat die dänische Studie am gestrigen Mittwoch als "methodisch wenig seriös" kritisiert. Der Presseagentur AFP sagte der Mediziner, dass ein Überschuss an Vitaminpräparaten bei gesunden Menschen zwar nichts nutze, andererseits "schadet er aber auch nicht". "Eine solche Aussage ist angesichts der vorliegenden Daten kühn", widerspricht der Methodikexperte Antes. Es sei erstaunlich, "wie man eine viele Jahre umfassende, systematische Untersuchung so missverstehen kann." Die Kritiker stellten Behauptungen auf, die sich unsystematisch und intransparent auf Ergebnisse berufen, die nur im Reagenzglas gewonnen wurden oder in der Literatur nicht zu finden seien und damit nur begrenzte Aussagekraft über die Wirkung am Menschen hätten, sagt Antes. Es gebe verheerende Beispiele dafür, dass Menschen zu Schaden kamen, wenn Labordaten ungeprüft auf Menschen übertragen wurden. "Dass übermäßiger Vitaminkonsum schädlich sein kann, ist seit langem bekannt", sagt auch Holger Schünemann, Epidemiologe an der McMaster-Universität in Kanada und Mitarbeiter des Nationalen Krebs-Forschungszentrums Italiens. "Die dänische Studie ist gut gemacht und unterstreicht dies." Die Forscher aus Dänemark hatten mehrere Tausend Untersuchungen weltweit über zusätzliche Vitamingabe zusammengetragen, die 68 methodisch besten identifiziert und daraus eine systematische Auswertung erstellt. Die 68 Studien unterteilten sie in methodisch gute und besonders gute, was Biesalski als "statistisch unsauber" kritisiert. "Diese Unterscheidung ist methodisch aufwendig und das Beste, was man heute machen kann", sagt Gerd Antes, "die weniger hochwertigen Studien sind fehleranfälliger und führen öfter zu verzerrten Ergebnissen." Zehn bis 20 Prozent der Erwachsenen in Industrienationen nehmen Vitaminzusätze. Allein in Deutschland wird damit ein jährlicher Umsatz von fast 60 Millionen Euro erzielt. Ihre Hersteller geben viele Studien in Auftrag. "Wenn der Nutzen der Vitaminzusätze so eindeutig wäre, wie immer behauptet wird, müssten die vielen Studien längst klare Belege dafür liefern", sagt Antes. "Die fehlen allerdings bisher." * Süddeutsche Zeitung vom 08.03.2007: http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/artikel/829/104725/ Seite 20-87 Metabolismus der Coenzyme und Vitamine Stoffwechselwege Die folgenden Seiten zeigen Übersichten von Stoffwechselwegen und Auszüge aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes.* Grüne Markierungen: Gesicherte Stoffwechselwege in Homo Sapiens; Orange Markierungen: mehr oder weniger willkürlich gewählte „Points of Interest“ (Intermediate und Stoffwechselpfade, die im Skript diskutiert wurden; ohne Gewähr auf Vollständigkeit und tatsächliche biologische Relevanz). Die Reihenfolge der Übersichten entspricht der Reihenfolge der Diskussionen im Skript (fettlösliche und wasserlösliche Vitamine A, D, C und der B-Gruppe). * KEGG „Pathway Collection“ für den Metabolismus von Cofaktoren und Vitaminen: http://www.genome.jp/kegg/pathway.html#cofactor Seite 20-88 Retinol-Stoffwechsel (Vitamin A)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00830.html Seite 20-89 Biosynthese der Steroide (Vitamin D)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00100.html Seite 20-90 Ascorbinsäure-Stoffwechsel (Vitamin C)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00053.html Seite 20-91 Thiamin-Stoffwechsel (Vitamin B 1)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00730.html Seite 20-92 Der Pentosephosphat-Weg (Vitamin B 1 – Thiamin)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00030.html Seite 20-93 Riboflavin-Stoffwechsel (Vitamin B 2)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00740.html Seite 20-94 Nicotinsäure-Stoffwechsel (Vitamin B 3 –Niacin)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00760.html Seite 20-95 Pantothensäure-Stoffwechsel (Vitamin B 5)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00770.html Seite 20-96 Pyridoxin-Stoffwechsel (Vitamin B 6)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00750.html Seite 20-97 Tryptophan-Stoffwechsel (Vitamin B 6 – Pyridoxin)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00380.html Seite 20-98 Biotin-Stoffwechsel (Vitamin B 7)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00780.html Seite 20-99 Folsäure-Stoffwechsel (Vitamin B 9)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00790.html Seite 20-100 Tetrahydrofolat-Stoffwechsel (Vitamin B 9 – Folsäure)* * Auszug aus der Datenbank KEGG: Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes: http://www.genome.jp/kegg/pathway/map/map00670.html